Was weiß der "Normalkolumbianer" über Deutschland?

Allgemeines zu Land und Leuten und die vielen Fragen, die nichts direkt mit der Reise zu tun haben.

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klassiker
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Was weiß der "Normalkolumbianer" über Deutschland?

Beitrag von klassiker »

Durch meine Internetbekanntschaft mit einem Kolumbianer hat sich mein Interesse für Land und Leute deutlich verstärkt. Obwohl mein Bekannter einen deutschen Vater hatte, fragt er aber nie etwas über Deutschland. Fast schien es mir, dass er erst jetzt durch die Fußball-WM überhaupt bemerkt hat, dass es auch eine deutsche Mannschaft gibt. Meine Fragen dazu: kommt Deutschland überhaupt in der kolumbianischen Wahrnehmung vor, wird in der Schule etwas über Deutschland gelehrt?
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Toska
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Was weiß der "Normalkolumbianer" über Deutschland?

Beitrag von Toska »

Ich sags mal so: Nach der WM hat mich ein hier im Conjunto lebender Kolumbianer gefragt, ob Hitler wirklich nach Argentinien geflüchtet sei. :irr:

Meine Frau ist Lehrerin für Soziales hier in Armenia und Geschichte steht da natürlich auch auf dem Lehrplan. Betreffs Deutschland sind da die prägendsten Kapitel natürlich WWII und ein bischen halt zur deutschen Teilung, Wiedervereinigung und dann schwenkt es (wenn noch was vom Jahr übrig ist) gleich auf das Thema EU um. Der Durchschnitts-Kolumbianer weiß sehr wenig über die Regierungsform in Deutschland und ob wir jetzt Monarchie haben bin ich auch schon gefragt worden. Er kennt vielleicht Merkel aus den Nachrichten, weiß aber nicht, ob sie nun Präsidentin ist, Premieminister oder sonst was. Gauck kennt hier kaum jemanden und mit viel Glück fällt einem ein, dass der Typ im Rollstuhl Finanzminister ist, aber den Namen kennt keiner. Natürlich ist Schweinsteiger bekannter als Steinmeier und auch mit dem Parteien-System in Deutschland kennt sich keiner auch nur ansatzweise aus. Da bin ich dann auch gefragt worden, wieviele Sitze denn die Nazis heute noch im Parlament haben.

Zur kolumbianischen Wahrnehmung Deutschlands: Im Fernsehen kommt Deutschland (in der einen oder anderen Form) erstaunlich oft in dem einen oder anderen Nebensatz vor. Sei es in den Nachrichten oder durch die üblichen Film-Bösewichte Hollywoods. Allerdings bleibt davon meist halt wenig hängen und das was bleibt, ist meist wenig hilfreich und betrifft eher die unschmeichelhaften Dinge aus der Vergangenheit.

Mein Schwiegervater ist politisch und geschichtlich sehr interessiert und fragt mich oft nach Dingen mit Deutschland-Bezug. Neulich überraschte er mich mit der Prognose, dass Deutschland langfristig NATO und USA-Hegemonie verlassen und sich Russland zukehren wird. Von außen betrachtet wäre das sicherlich die cleverste Lösung, aber es zeigt halt auch wie wenig tiefere Einsichten selbst bei den besser informierten Kolumbianern über Deutschland vorhanden ist.
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Grüße, Toska

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Beitrag von klassiker »

Vielen Dank für die Antwort. Wenn ich bedenke, was man in deutschen Schulen über Südamerika lernt, dann geben wir uns da nicht viel. Mich hat es nur sehr gewundert, dass mein Bekannter nie etwas von der Berliner Mauer gehört hat.
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Wanderer
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Beitrag von Wanderer »

In der Lateinamerikanischen Presse stand oft das Hitler sich nach Argentinien abgesetzt hat. Daher kann ich die Frage nachvollziehen. Im allgemeinen kennt man Bayern München, warum auch immer. Wenn ich jemand sage, das ich aus Deutschland komme, dann kommt meist die Frage aus welchem Teil und gleichmit wird nach der Wiedervereinigung gefragt. Deutsche Autos kennt man und auch die Pharmaindustrien wie BASF. In Medellin gehören Siemens und AEG zum Wortschatz. (Metro Medellin). Einige wenige haben schon vom Geheimagenten Maus gehört, das Oktoberfest wird auch erwähnt. Carlos Lehder und die Posada Alemana in Armenia sind nicht unbekannt.

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Beitrag von klassiker »

@Wanderer, danke für das Feedback. Das ist schon erheblich mehr, als ich gedacht habe. Vielleicht liegt es ja am Alter meines Bekannten. Mit knapp über 20 liegen die Interessen woanders.
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Compadre
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Was weiß der "Normalkolumbianer" über Deutschland?

Beitrag von Compadre »

In meinem Umfeld wurde ich nach Martin Luther befragt und die Druckmaschinen Heidelberg genießen einen guten Namen. Dennoch ist es recht wenig was man über Deutschland weiss. Das der ehemalige Polizeigeneral Serano mit einer Deutschen verheiratet ist weiss kaum jemand.
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Nasar
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Beitrag von Nasar »

Vier Jahreszeiten :klat:
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Beitrag von klassiker »

@Conpadre + Nasar, danke für die Antworten. Das Venezuela mal den Welsern gehörte und Bogota von einem Deutschen mitbegründet wurde, einige deutsche Abenteurer - auch aus besten Familien - bei der Suche nach El Dorado, ihr Leben ließen, ist dann wohl auch nur etwas für historisch Interessierte. Argentinien, Brasilien und Chile haben durch die Einwanderung Deutscher mehr Berührungspunkte als eben Kolumbien. Der Vorteil ist aber auch, dass die Deutschen bei soviel Nichtwissen neutraler wahrgenommen werden. Wenn ich die Zeitung "La Nacion" lese, wird viel über Israel, Ukraine und Sarkozy berichtet.
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Toska
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Beitrag von Toska »

@Klassiker: Ja, da ist was dran.

In Deutschland ist man über Südamerika und Kolumbien ja auch nicht gereade toll informiert. Meine Bekannten daheim haben alle halt noch das Kolumbien aus den US-Filmen im Kopf. Über die Konquistadoren weiß man vielleicht ein bisschen was, aber wie es danach aussah? Wenig. Insbesondere zum Thema "Groß-Kolumbien" und wie daraus das heutige Panama, Venezuela und Bolivien entstanden sind wird man in Europa wenige treffen, die damit halbwegs vertraut sind.

Von daher sind die Wissens-Lücken auf beiden Seiten wohl in etwa gleich.
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Grüße, Toska

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Was weiß der "Normalkolumbianer" über Deutschland?

Beitrag von Dolfi »

Kann ich im wesentlichen alles bestätigen. Kolumbianer denken beim Stichwort Deutschland an: 1) Hitler und Zweiter Weltkrieg, 2) Fußball, Beckenbauer, 3) Mercedes Benz und BMW. das ist in den meisten Ländern Südamerikas ziemlich ähnlich.

Hinzufügen könnte man noch, dass man D im allgemeinen positiv gegenüber steht. Ich bin schon mehr als einmal mit einem Hitlergruß erfeut worden, wobei man sich aber offenbar nicht viel dachte.

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Beitrag von klassiker »

Alles in allem also macht Deutschland dort eine gute Figur. Mich wunderte der Hassausbruch in Argentinien, nachdem unsere Fußballer diesen Goucho-Dance zum Besten gaben. Da wurde ja auch Hitler wieder ausgegraben.
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Toska
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Beitrag von Toska »

@Klassiker: Das funktioniert doch auch in Europa noch prima. Die Englische Regenbogenpresse packt ja auch bei jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit die Kriegsrethorik aus. Egal, ob sie beim Fußball versenkt wurden, oder es um andere Themen geht. Oder denk mal an die Bilder von Merkel in SA-Uniform und mit Hilterbärtchen, die vor nicht allzu langer Zeit durch die Griechische Presse geisterten. Das wird sich auch in 100 Jahren nicht ändern. Da sollte sich ein deutsches Blatt mal wagen, irgend einen heutigen britischen Politiker als "zigarrequalmendes A-loch" zu bezeichnen und es wäre die Hölle los. :-)
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Was weiß der "Normalkolumbianer" über Deutschland?

Beitrag von spitfire88 »

Vermutlich weiß der "Normalkolumbianer" über Deutschland genau soviel, wie der "Normaldeutsche" über Kolumbien weiß. Faktisch nichts.

@Heidelberger Druckmaschinen (s.o.): Vermutlich wissen die auch nicht, wie schlecht und miserabel es diesem einst weltbekannten Unternehmen geht.
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Ernesto
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Beitrag von Ernesto »

In Medellín gibt es ein Einkaufszentrum mit dem Namen Heidelberg. Auch gibt es in Kolumbien einige Dörfer und Stadtteile die die Namen Bremen und Berlin tragen. Alles in allen stimme ich meinen Vorrednern zu.
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spitfire88
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Beitrag von spitfire88 »

Interessant und provozierend könnte die Frage sein, was denn der Deutsche, der in Kolumbien lebt, über dieses Land weiß. Kennt dieser wirklich alle Bundesstaaten oder alle Minister oder alle Hauptstädte? ....
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