Bericht vom 26. Februar - Amazonas
Der Amazonas. Das Bild des großen braunen Flusses inmitten eines riesigen grünen Teppichs aus Pfanzen erscheint vor meinem inneren Auge. Der Amazonas ist ein Sehnsuchtsort für mich. Er symbolisiert das Eintauchen in ein großes Abenteuer und in einen echten Naturschatz.
Der Amazonas. Tatsächlich fehlen mir die Worte für die Eindrücke, Erfahrungen und Gefühle, die Roland und mich in der letzten Woche unserer Kolumbienreise bereichert haben. Es ist zum Heulen schön. Und es ist noch schöner als gedacht. Es passt alles. Wir fühlen uns wohl und trotz Dauerschwitzen (bei 36 Grad an den ersten Tagen) genießen wir jeden Augenblick.
Der Amazonas ist ein riesiger Fluss, der sich durch sattes, dichtes, weites Grün schlängelt. Der kleine (eher uncharmante) Ort Leticia ist isoliert ganz im Süden des Landes und das Tor für Besuche dieser Region. Wir wollen weiter eintauchen und fahren mit dem Boot in guten zwei Stunden 75 km stromaufwärts bis nach Puerto Nariño. Einen Landweg gibt es nicht. Es fahren vier Boote pro Tag und bereits diese Fahrt gleicht einem Ausfug mit den schönsten Panoramen. Wir sehen auf der Fahrt den rosa Flussdelfn und ein Pärchen rote Aras.
Bei dem kleinen, autofreien Örtchen Puerto Nariño ist der Amazonas bei (saisonal aktuellem) Hochwasser etwa 3 km breit. In der Mitte ist die Grenze zu Peru. Und in Leticia kann man zu Fuß nach Brasilien gehen. Es ist daher das „3 fronteras“-Gebiet und die Grenzen sind nicht als solche zu erkennen. Sehr unbürokratisch, man geht einfach rüber (Brasilien) oder fährt mit dem Boot ans andere Ufer (Peru).
Angekommen in Puerto Nariño ist die Stimmung friedlich und ruhig. Vom Boot geht es einen erdigen Grashügel hoch und wir sind in der kleinen Amazon Bird Lodge des jungen Pärchens Otto und Colombia. Es ist ein ganz besonderer Ort mit einer privaten und intimen Atmosphäre. Die beiden sind toll und so respektvoll Mensch, Natur und Tier gegenüber, dass wir uns direkt wohlfühlen und die Chance bekommen, so richtig einzutauchen. Wir schalten ab (Internetempfang gibts hier eh nicht wirklich) und lassen uns drauf ein. Ganz wunderbar ist unser Zimmer. Wenn man es denn Zimmer nennen kann. Es ist ein offener Raum mit Holzbalken und Fliegengittern an allen Seiten. Es ist alles offen und unser Bett steht quasi mitten im Dschungel.
Jedes Geräusch vom Wald ist auch im Raum. Wir liegen unter dem Moskitonetz und es zirpt, quakt, trällert und knackt. Wahnsinnig schön!
Wahnsinnig schön ist auch das Geräusch, wenn bei Regen die Tropfen auf die großen Blätter der Tropenfauna fallen. Wir genießen die besonderen und allgegenwärtigen Laute des Oropendolas über unseren Köpfen oder in der Ferne. Sogar das Poltern, wenn eine Frucht vom Baum auf das Wellblechdach über uns plumpst. Dazu die unterschiedlichen Vogelgesänge. Für uns ist es ein Genuss hier im Bett unter dem Moskitonetz zu liegen und zu
lauschen. Disfrutamus mucho esto!
Tagsüber fahren wir mit dem Boot oder lernen über die Kultur der indigenen Stämme wie dem der Tikuna, dem auch Otto angehört. Was wir aber am liebsten tun und uns absolute Glücksgefühle, Freude, Dankbarkeit und auch Schwitzerei beschert ist das Streifen durch den hier so verehrten Selva Amazónica, den Amazonas-Regenwald. Gummistiefel sind hier angebracht (es heißt nicht umsonst Regenwald). Genau so wie Mückenspray, lauern hier doch
einige Gefahren von Tropenkrankheiten durch die unterschiedlichen Moskitos. Der Lohn ist allerdings diese saftig grüne Natur, einfach so unwahrscheinlich prachtvoll! Diese Diversität ist ein Augenschmaus. Es wächst überall etwas, es ist so eine Fülle, das Auge weiß gar nicht, was es zuerst erfassen soll. Jeder Zentimeter ist bewachsen. Viele Blätter sind riesig, alles ist in einem anderen Maßstab… auch manche Insekten sind ein paar Nummern größer.
Wir erfreuen uns auch an den kleinen schwarzen Äffchen, die jeden Tag während unserer Mittagssiesta vor unserem „Zimmer“ im Baum rumspringen. Aufgrund ihres weißen Mundes nennt man sie hier bebeleche (Milch trinken).
Otto weiss mit seiner ruhigen Art von Ritualen, Pfanzenkräften und Besonderheiten der Region zu erzählen und wir hören ihm gerne zu. Damit üben wir auch gleich weiter unser Spanisch. Wir kosten diverse exotische Früchte wie Acai, Zapote, Lulo, Copoazu, Acerola. Entweder pur direkt auf dem Dschungelpfad oder als Saft von Colombia zubereitet. Sie macht für uns vegetarisches Ceviche de chontaduro y mango und da Roland Patacones liebt, gibt es auch die öfters. Vieles hat eine magenberuhigende, stärkende oder temperaturregulierende Wirkung auf den Körper. Wir probieren alles, was uns angeboten wird und das Meiste ist köstlich.
Jedes mal ist es faszinierend auf diesem mächtigen Fluss mit dem Holzboot zu fahren. Eine Tour führt uns zum Lago Tarapoto, einem Naturschutzgebiet in einem Seitenarm des Amazonas. Dort gehen wir mit Otto in der Mitte des Sees schwimmen. Früher gab es hier wohl viele Piranhas. Heute sind sie angeblich nur im tiefen kalten Wasser, oben an der Wasseroberfläche soll es ihnen zu warm sein.
Es ist angenehm im Wasser, mir ist das mit den Piranhas aber nicht geheuer und ich klettere nach einigen Minuten zurück ins Holzboot. Als Otto von dem Mythos der Riesen-Anaconda berichtet, die in den (immer noch unbekannten) Tiefen des Sees leben soll, kommt auch Roland wieder an Bord.

Auch wenn die Wahrscheinlichkeit extremst gering ist, im Wasser irgendeinem Tier zu begegnen, ist der Gedanke an eine Anaconda neben dir im Wasser gruselig. Wir lassen uns auf der Rückfahrt vom Fahrtwind in herrlichster Kulisse trocknen und freuen uns auf Colombia‘s almuerzo a la casa.
Es fällt uns schwer, das Gefühl dieses Ortes mit Worten zu beschreiben. wer es mit dem Lesen bis hierhin geschafft hat, Respekt.
Kolumbien ist ein facettenreiches Land und lässt sich richtig gut auf eigene Faust bereisen, pero un poco de español es necesario.
Wir kommen sehr erfüllt von dieser fabelhaften, eindrucksvollen Reise zurück. Qué chimba!