Ein Reisebericht: 5 Wochen unterwegs in Kolumbien. Gerne wieder!

Hier könnt Ihr Eure Reiseberichte & Erfahrungen veröffentlichen. Wenn einer eine Reise tut, dann kann er viel erzählen.

Themenstarter
jessiw
Kolumbienfan
Kolumbienfan
Offline
Beiträge: 53
Registriert: 31. Jul 2023, 19:54

Ein Reisebericht: 5 Wochen unterwegs in Kolumbien. Gerne wieder!

Beitrag von jessiw »

Mir hat dieses Forum für meine Reisevorbereitungen sehr geholfen. Und da mich Kolumbien sehr zufrieden und begeistert zurückgelassen hat, möchte ich hier nach und nach meine Reiseberichte reinstellen. Vielleicht inspiriert es den ein oder anderen.

Bericht vom 4. Februar - Medellín
Roland y Jessi van a la escuela en Medellín.
Unsere erste Schulwoche ist rum. Wir sind zwei Wochen in der zweitgrößten kolumbianischen Stadt und besuchen hier einen Spanischkurs, bevor wir das Land weiter bereisen.
Schon Jahre rede ich davon, dass ich gerne Spanisch lernen möchte, zumindest ein bisschen. Mehr als nur hola, por favor und gracias verstehen und sprechen. Und der Plan geht auf! In der selbsternannten Stadt des ewigen Frühlings lernen wir jetzt also Spanisch und nehmen an Schulausfügen teil, die auch in Spanisch stattfnden. Das übt - überhaupt spricht hier nahezu niemand auch nur ein bisschen Englisch, auch junge Leute nicht. Es macht also doppelt Sinn für uns und auch gleich doppelt Spaß. Wir wenden das Erlernte direkt an und werden dabei immer unterstützt. Ob im Supermarkt, im Taxi, im Restaurant. Wenn ich „repite, por favor“ sage, wiederholen sie das Gesagte langsam und deutlich und geben Hilfestellungen. Auch dadurch werden wir täglich besser.

Es ist leicht, sich hier wohl zu fühlen. Das Wetter ist perfekt (tagsüber warm und nachts kühlt es sich etwas ab), die reifen Papaya und Bananen liegen jeden Tag auf unseren Tellern. Gerade weht der Duft der reifen Ananas durchs Apartment. Die Avocados (aguacate) wachsen hier nicht nur lokal, sie sind auch extrem lecker. Es gab bisher keinen avocadofreien Tag. :-)

Und auch der Kaffee kommt direkt aus der Region. Me gusto mucho!

Medellín ist eine tropisch grüne Stadt. Bäume, begrünte Beete und wunderschöne Pflanzen säumen nahezu jede Straße (in denen wir waren). Medellín ist aber auch eine volle und laute Stadt. Eine dynamische Stadt voller Energie, mitten in der Transformation und im Aufbruch.
Montag geht unser Kurs in die nächste Runde und wir freuen uns drauf, hier noch weiter einzutauchen.

Bild
Benutzeravatar

Montana
Verified
Kolumbienfan
Kolumbienfan
Offline
Beiträge: 224
Registriert: 28. Mai 2015, 08:10

Ein Reisebericht: 5 Wochen unterwegs in Kolumbien. Gerne wieder!

Beitrag von Montana »

Ich freue mich sehr, dass es dir in Kolumbien gefallen hat. Danke, dass du dein Versprechen, einen Reisebericht zu schreiben, eingehalten hast. Danke für die ersten Eindrücke, ich freue mich schon auf die Fortsetzung.

Themenstarter
jessiw
Kolumbienfan
Kolumbienfan
Offline
Beiträge: 53
Registriert: 31. Jul 2023, 19:54

Ein Reisebericht: 5 Wochen unterwegs in Kolumbien. Gerne wieder!

Beitrag von jessiw »

Bericht vom 13. Februar - Honda

Honda es muy colorida!
Nachdem wir unsere 2 Wochen Spanischschule in Medellín (durchaus erfolgreich) absolviert haben, haben nun unsere Ferien so richtig angefangen. :-)
Wir sind unterwegs. Der Bus bringt uns in knapp 7 Stunden die 280 km von Medellín runter nach Honda. Ein heißes, kleines, überraschend charmantes Städtchen im Tal am Rio Magdalena. Zwischen den zwei Anden-Zügen (links Medellín, rechts Bogotá) liegt Honda auf nur 229 Metern Höhe. Und nahe des Äquators, es ist also ziemlich heiß. Aber auch bunt!

Die Häuser sind hier in allen erdenklichen Farben und Farbkombinationen angestrichen. Anscheinend mischt sich jeder seine eigenen Lieblingsfarbe(n) an. Das belebt das Stadtbild und es ist eine Freude, durch die Straßen und Gassen zu schlendern. Es wimmelt nur so von Fotomotiven.

Der Rio Magdalena ist hier von großer Bedeutung, vor allem in der Vergangenheit war er die entscheidende Route, um sich im Land zu bewegen. Alexander von Humboldt kam vor 223 Jahren auf seiner Forschungsreise zusammen mit seinem Gefährten Aimé Bonpland von der Karibikküste auf dem Fluss den langen Weg bis nach Honda. Er kartograferte mit großem Eifer die Siedlungen und bestimmte Fauna und Flora am Flusslauf. Und ist somit für die Kolumbianer eine bedeutende Person. Wir sind auch ein paar Stunden auf dem Fluss unterwegs und ich frage unseren Guide Mariana, ob sie Alexander von Humboldt kenne und sie sagt: „ja, natürlich, in Kolumbien kennen fast alle Humboldt! Er hat als erstes den Rio Magdalena und Honda kartografert. Ich habe auch ein Buch über ihn gelesen. Ich liebe Humboldt!“ Damit ist sie mir direkt sympathisch. Während wir im Fluss planschen, uns abkühlen und Mangosteen essen, fragen Roland und ich uns, wie das wohl damals hier gewesen sein muss. Hinter jeder Flussbiegung ein unbekanntes Abenteuer zu entdecken und festzuhalten. Und das bei diesen tropischen Bedingungen. Dafür braucht es wohl den erstaunlichen Ehrgeiz Humboldts. Sein Einfuss begegnet uns auch im kleinen aber feinen Museo Rio Magdalena. Dort ist alles nur auf Spanisch. Wir versuchen einige der Texte mit unseren neuen Spanischkenntnissen zu übersetzen und sind dabei gar nicht mal so schlecht. die Übersetzer-App hilft natürlich auch. ;-)

Wenn wir nicht durch die Straßen Hondas schlendern oder mit dem Fluss beschäftigt sind, genießen wir unsere superschöne, grüne Unterkunft. Es fühlt sich an als wären wir beim Tropen-Campen auf einer Dachterrasse. Mit Außendusche! :-) Inklusive Blick über die Stadt bis zu den Bergen der Anden. Der Knaller! Die Dusche kommt mehrmals pro Tag zum Einsatz, Abkühlung ist hier dringend nötig. Ohne den Ventilator würden wir hier nach 10 Minuten weggeschmolzen sein. Selbst mit ist der Schmelzprozess eigentlich immer im Gange, nur etwas verlangsamt. Aber wir genießen es auch. Es ist ein traumhafter Start in die Sommerferien bevor es wieder hoch in die Anden geht.

Bild

Nico
Verified
Kolumbien-Süchtige(r)
Kolumbien-Süchtige(r)
Offline
Beiträge: 639
Registriert: 21. Jul 2014, 20:43

Ein Reisebericht: 5 Wochen unterwegs in Kolumbien. Gerne wieder!

Beitrag von Nico »

Danke für die Berichte und die Fotos, freue mich auch schon auf die Fortsetzung.
Benutzeravatar

Holger78
Verified
Kolumbienfan
Kolumbienfan
Offline
Beiträge: 423
Registriert: 23. Aug 2018, 16:19
Wohnort: Ismaning / Barranquilla
Alter: 46

Ein Reisebericht: 5 Wochen unterwegs in Kolumbien. Gerne wieder!

Beitrag von Holger78 »

Danke für die Berichte und Fotos. Bin gespannt auf deine weiteren Berichte und Fotos.

Themenstarter
jessiw
Kolumbienfan
Kolumbienfan
Offline
Beiträge: 53
Registriert: 31. Jul 2023, 19:54

Ein Reisebericht: 5 Wochen unterwegs in Kolumbien. Gerne wieder!

Beitrag von jessiw »

Ich danke euch.
Mir ist Alexander von Humboldt unterwegs immer wieder begegnet. Also in Gedanken, an Plätzen usw. Habe seine Biografie von Andrea Wulff gelesen und die hat mich sehr gefesselt. Und erstaunlicherweise kannte wirklich jeder, den man in irgendeinem Zusammenhang drauf ansprach, Humboldt.

Am Rio Magdalena spürte ich das das erste mal deutlich. :-)

Bild Bild Bild Bild
Benutzeravatar

Tenere-wue
Verified
Kolumbienfan
Kolumbienfan
Offline
Beiträge: 357
Registriert: 29. Jul 2011, 19:00
Wohnort: Quindio y Valle y Hessen

Ein Reisebericht: 5 Wochen unterwegs in Kolumbien. Gerne wieder!

Beitrag von Tenere-wue »

Schöne Berichte,
jajaja, Honda ist echt heiß. Grüße
-vive tu sueno !

Themenstarter
jessiw
Kolumbienfan
Kolumbienfan
Offline
Beiträge: 53
Registriert: 31. Jul 2023, 19:54

Ein Reisebericht: 5 Wochen unterwegs in Kolumbien. Gerne wieder!

Beitrag von jessiw »

weiter gehts mit dem Bus…

Bericht vom 22. Februar – Páramo Chingaza

Páramo, das einzigartige Moorgebiet im tropischen Hochgebirge. Bei meinen Recherchen zu unserer Kolumbienreise bin ich recht schnell auf ein Bild der bizarrschönen Frailejones gestoßen. So richtig viele Infos über Wanderungen in diesem Gebiet gibt es nicht. Aber eins stand fest: Da müssen wir hin! Bald fand ich heraus, dass es bedeutet, in den Anden in Höhen ab 3300 Metern zu wandern. Páramos brauchen dieses ganz spezielle Klima der Höhenlage am Äquator.

Zugegeben, meine Erwartungen waren hoch. Und ein paar Risiken gab es auch… wie schlägt sich der nordeuropäische Flachland-Körper beim Bergaufwandern in diesen Höhen (für uns bis 3600 Meter) und bei dieser Sonnenintensität? Was soll ich sagen: Er hats mit Bravour gemeistert und wir sind absolut beseelt von diesen Anblicken aus dem Chingaza Nationalpark ins „niedrige“ Bogotá zurückgekehrt!

Frailejones sind endemische Pfanzen in den Páramos des nördlichen Südamerikas (Kolumbien, Venezuela und Ecuador). Sie kommen nur in den Anden in Höhen ab 3400 Meter vor und sind eine echte Augenweide. Die Blätter sind nicht rau oder gar stachelig, sondern puschelweich.
Wir hatten sonniges Wetter, was eher nicht der Regelfall ist. Die Páramos liegen gerne in Nebel und sind im Regen in ihrem Element. Nicht umsonst gelten die Hochmoore der Anden durch ihre Schwammfunktion auch als Wasserspeicher der Region (Bogotá und Cundinamarca). Durch Mooslandschaften und andere feuchtigkeitsspeichernde Pfanzen wird dieses ganz besondere Ökosystem bestimmt.

Fun Fact am Rande: Schon Humboldt war von dieser Vegetation in diesen Höhen fasziniert. :-)

Für die letzten indigenen Gruppen in den Ostkordilleren der kolumbianischen Anden ist dieser Naturschatz mit seinen Lagunen ein heiliger Ort. Zu recht versuchen sie und auch der Staat sie zu schützen, denn viele Páramos gibt es nicht, und der größte Teil liegt in Kolumbien. Wir hatten doppelt Glück, denn während an Wochenenden die Maximalanzahl von 40 Besuchern pro Tag im Nationalpark immer erreicht wird, waren wir an einem Mittwoch mit unserem Guide Suaie die einzigen Besucher.

BildBild
Bild

Themenstarter
jessiw
Kolumbienfan
Kolumbienfan
Offline
Beiträge: 53
Registriert: 31. Jul 2023, 19:54

Ein Reisebericht: 5 Wochen unterwegs in Kolumbien. Gerne wieder!

Beitrag von jessiw »

Unsere Reise beinhaltete noch den Amazonas. Es ist hier ja ein eher untouristisches Forum, das auch deutlich von den Schattenseiten und weniger schönen Realitäten berichtet (was ich gut finde!)… doch ändert das nichts daran, dass unsere Reise durchweg positiv und glücksstiftend war und Kolumbien uns einfach gut empfangen hat. Daher hier eine weitere Ladung Euphorie 😉

Themenstarter
jessiw
Kolumbienfan
Kolumbienfan
Offline
Beiträge: 53
Registriert: 31. Jul 2023, 19:54

Ein Reisebericht: 5 Wochen unterwegs in Kolumbien. Gerne wieder!

Beitrag von jessiw »

Bericht vom 26. Februar - Amazonas

Der Amazonas. Das Bild des großen braunen Flusses inmitten eines riesigen grünen Teppichs aus Pfanzen erscheint vor meinem inneren Auge. Der Amazonas ist ein Sehnsuchtsort für mich. Er symbolisiert das Eintauchen in ein großes Abenteuer und in einen echten Naturschatz.

Der Amazonas. Tatsächlich fehlen mir die Worte für die Eindrücke, Erfahrungen und Gefühle, die Roland und mich in der letzten Woche unserer Kolumbienreise bereichert haben. Es ist zum Heulen schön. Und es ist noch schöner als gedacht. Es passt alles. Wir fühlen uns wohl und trotz Dauerschwitzen (bei 36 Grad an den ersten Tagen) genießen wir jeden Augenblick.

Der Amazonas ist ein riesiger Fluss, der sich durch sattes, dichtes, weites Grün schlängelt. Der kleine (eher uncharmante) Ort Leticia ist isoliert ganz im Süden des Landes und das Tor für Besuche dieser Region. Wir wollen weiter eintauchen und fahren mit dem Boot in guten zwei Stunden 75 km stromaufwärts bis nach Puerto Nariño. Einen Landweg gibt es nicht. Es fahren vier Boote pro Tag und bereits diese Fahrt gleicht einem Ausfug mit den schönsten Panoramen. Wir sehen auf der Fahrt den rosa Flussdelfn und ein Pärchen rote Aras.

Bei dem kleinen, autofreien Örtchen Puerto Nariño ist der Amazonas bei (saisonal aktuellem) Hochwasser etwa 3 km breit. In der Mitte ist die Grenze zu Peru. Und in Leticia kann man zu Fuß nach Brasilien gehen. Es ist daher das „3 fronteras“-Gebiet und die Grenzen sind nicht als solche zu erkennen. Sehr unbürokratisch, man geht einfach rüber (Brasilien) oder fährt mit dem Boot ans andere Ufer (Peru).

Angekommen in Puerto Nariño ist die Stimmung friedlich und ruhig. Vom Boot geht es einen erdigen Grashügel hoch und wir sind in der kleinen Amazon Bird Lodge des jungen Pärchens Otto und Colombia. Es ist ein ganz besonderer Ort mit einer privaten und intimen Atmosphäre. Die beiden sind toll und so respektvoll Mensch, Natur und Tier gegenüber, dass wir uns direkt wohlfühlen und die Chance bekommen, so richtig einzutauchen. Wir schalten ab (Internetempfang gibts hier eh nicht wirklich) und lassen uns drauf ein. Ganz wunderbar ist unser Zimmer. Wenn man es denn Zimmer nennen kann. Es ist ein offener Raum mit Holzbalken und Fliegengittern an allen Seiten. Es ist alles offen und unser Bett steht quasi mitten im Dschungel.

Jedes Geräusch vom Wald ist auch im Raum. Wir liegen unter dem Moskitonetz und es zirpt, quakt, trällert und knackt. Wahnsinnig schön!

Wahnsinnig schön ist auch das Geräusch, wenn bei Regen die Tropfen auf die großen Blätter der Tropenfauna fallen. Wir genießen die besonderen und allgegenwärtigen Laute des Oropendolas über unseren Köpfen oder in der Ferne. Sogar das Poltern, wenn eine Frucht vom Baum auf das Wellblechdach über uns plumpst. Dazu die unterschiedlichen Vogelgesänge. Für uns ist es ein Genuss hier im Bett unter dem Moskitonetz zu liegen und zu
lauschen. Disfrutamus mucho esto!

Tagsüber fahren wir mit dem Boot oder lernen über die Kultur der indigenen Stämme wie dem der Tikuna, dem auch Otto angehört. Was wir aber am liebsten tun und uns absolute Glücksgefühle, Freude, Dankbarkeit und auch Schwitzerei beschert ist das Streifen durch den hier so verehrten Selva Amazónica, den Amazonas-Regenwald. Gummistiefel sind hier angebracht (es heißt nicht umsonst Regenwald). Genau so wie Mückenspray, lauern hier doch
einige Gefahren von Tropenkrankheiten durch die unterschiedlichen Moskitos. Der Lohn ist allerdings diese saftig grüne Natur, einfach so unwahrscheinlich prachtvoll! Diese Diversität ist ein Augenschmaus. Es wächst überall etwas, es ist so eine Fülle, das Auge weiß gar nicht, was es zuerst erfassen soll. Jeder Zentimeter ist bewachsen. Viele Blätter sind riesig, alles ist in einem anderen Maßstab… auch manche Insekten sind ein paar Nummern größer.

Wir erfreuen uns auch an den kleinen schwarzen Äffchen, die jeden Tag während unserer Mittagssiesta vor unserem „Zimmer“ im Baum rumspringen. Aufgrund ihres weißen Mundes nennt man sie hier bebeleche (Milch trinken).

Otto weiss mit seiner ruhigen Art von Ritualen, Pfanzenkräften und Besonderheiten der Region zu erzählen und wir hören ihm gerne zu. Damit üben wir auch gleich weiter unser Spanisch. Wir kosten diverse exotische Früchte wie Acai, Zapote, Lulo, Copoazu, Acerola. Entweder pur direkt auf dem Dschungelpfad oder als Saft von Colombia zubereitet. Sie macht für uns vegetarisches Ceviche de chontaduro y mango und da Roland Patacones liebt, gibt es auch die öfters. Vieles hat eine magenberuhigende, stärkende oder temperaturregulierende Wirkung auf den Körper. Wir probieren alles, was uns angeboten wird und das Meiste ist köstlich.

Jedes mal ist es faszinierend auf diesem mächtigen Fluss mit dem Holzboot zu fahren. Eine Tour führt uns zum Lago Tarapoto, einem Naturschutzgebiet in einem Seitenarm des Amazonas. Dort gehen wir mit Otto in der Mitte des Sees schwimmen. Früher gab es hier wohl viele Piranhas. Heute sind sie angeblich nur im tiefen kalten Wasser, oben an der Wasseroberfläche soll es ihnen zu warm sein.
Es ist angenehm im Wasser, mir ist das mit den Piranhas aber nicht geheuer und ich klettere nach einigen Minuten zurück ins Holzboot. Als Otto von dem Mythos der Riesen-Anaconda berichtet, die in den (immer noch unbekannten) Tiefen des Sees leben soll, kommt auch Roland wieder an Bord. ;-) Auch wenn die Wahrscheinlichkeit extremst gering ist, im Wasser irgendeinem Tier zu begegnen, ist der Gedanke an eine Anaconda neben dir im Wasser gruselig. Wir lassen uns auf der Rückfahrt vom Fahrtwind in herrlichster Kulisse trocknen und freuen uns auf Colombia‘s almuerzo a la casa.

Es fällt uns schwer, das Gefühl dieses Ortes mit Worten zu beschreiben. wer es mit dem Lesen bis hierhin geschafft hat, Respekt. ;-)

Kolumbien ist ein facettenreiches Land und lässt sich richtig gut auf eigene Faust bereisen, pero un poco de español es necesario.

Wir kommen sehr erfüllt von dieser fabelhaften, eindrucksvollen Reise zurück. Qué chimba!

BildBild
BildBild
BildBild
BildBild
Bild

Benjamin
Kolumbienfan
Kolumbienfan
Offline
Beiträge: 137
Registriert: 16. Mär 2023, 20:06

Ein Reisebericht: 5 Wochen unterwegs in Kolumbien. Gerne wieder!

Beitrag von Benjamin »

Sehr schön berichtet, danke auch für die Bilder.

Opolos
Kolumbien-Neuling
Kolumbien-Neuling
Offline
Beiträge: 7
Registriert: 25. Feb 2022, 12:29

Ein Reisebericht: 5 Wochen unterwegs in Kolumbien. Gerne wieder!

Beitrag von Opolos »

Vielen Dank für diesen informativen Reisebericht und die eindrucksvollen Fotos.

Genuasd
Kolumbien-Experte
Kolumbien-Experte
Offline
Beiträge: 1141
Registriert: 27. Dez 2015, 12:46

Ein Reisebericht: 5 Wochen unterwegs in Kolumbien. Gerne wieder!

Beitrag von Genuasd »

sehr schöne Fotos und ein toller Bericht.
Den Nationalpark Chingaza merke ich mir mal, den kenne ich noch nicht.

Themenstarter
jessiw
Kolumbienfan
Kolumbienfan
Offline
Beiträge: 53
Registriert: 31. Jul 2023, 19:54

Ein Reisebericht: 5 Wochen unterwegs in Kolumbien. Gerne wieder!

Beitrag von jessiw »

@genuasd, diese Paramo-Option ist wirklich gut ab Bogotá zu machen.

Ich bin mit meinem Reisebericht ja noch nicht ganz fertig. Im Amazonas haben wir am Huito-Ritual teilgenommen. Ich habe unseren Erlebnissen dazu mal einen eigenen Bericht gegönnt.

Themenstarter
jessiw
Kolumbienfan
Kolumbienfan
Offline
Beiträge: 53
Registriert: 31. Jul 2023, 19:54

Ein Reisebericht: 5 Wochen unterwegs in Kolumbien. Gerne wieder!

Beitrag von jessiw »

Amazonas - Amazon Bird Lodge

Wir treffen uns 17:00 Uhr auf der Terrasse der Amazon Bird Lodge. Otto und Colombia stellen eine Schüssel und eine Raspel auf den Tisch. Das angekündigte Farben-Ritual kann beginnen und wir ahnen noch nicht, was es damit auf sich haben wird.

Für Jeden ist eine Huito-Frucht vorgesehen, die wir jeweils selber bis zur Hälfte raspeln sollen. Das Ritual soll böse Geister fernhalten, reinigend und glücksbringend wirken. Genipa americana, geläufger angeblich als Huito oder Jagua bezeichnet, ist ein Gewächs, dessen eigentlicher heller Fruchtsaft nach Oxidation richtig dunkelblau wird und die Haut temporär Schwarz färbt. Das Ritual des indigenen Stammes Tikuna, in dessen Gebiet wir uns befinden, beinhaltet das Färben der gesamten Hände und Füße.

Wir haben das total unterschätzt. Ich hab mit „temporär“ gedacht, es handele sich um wenige Stunden. Dementsprechend unvorsichtig war ich beim Trocknungsvorgang an den Händen. Und schmierte mir die da noch recht helle Fruchtfeischpaste offensichtlich während des (schweißigen) Abends noch zusätzlich an Knie, Oberarm und Wange. Das allerdings hab ich erst am nächsten Morgen gesehen.

Was wir nicht wussten: Der Huito-Saft wird auch für temporäre Tattoos und Körperbemalungen genutzt. Auch abseits des Amazonas. Es lassen sich damit kurzlebige, in dieser Zeit aber nicht entfernbare, Zeichnungen auf die Haut aufbringen, die echten gestochenen Tattoos sehr ähnlich sehen (können). Wir haben es Otto nachgemacht und unsere Hände und Füße gut damit eingerieben. Von Mustern oder Vorsicht war nicht die Rede, die Indigenen reiben sich manchmal auch die kompletten Arme ein.

Der im oxidierten Saft enthaltene Wirkstoff Genipin geht mit den Eiweißen der obersten Hautschicht eine chemische Reaktion ein, färbt die Haut irreversibel Blauschwarz, was sich mit nichts abbekommen lässt. Bis es im Zuge der Erneuerung der obersten Hautschicht nach ca. 14 Tagen herausgewachsen ist. In braunroter Form kennt mans bei uns von Henna. Das aber lese ich erst, als wir zurück in der Zivilisation mit Internetempfang sind. Wir sind aber vor Ort, schwitzen, die Grillen zirpen. Otto und Colombia sagen, es wird so eine Woche halten. Das sollte doch reichen bis wir wieder zur Arbeit müssen. Vor allem Roland hat etwas Druck, kann er so in seiner weißen Arbeitskleidung kaum Patienten behandeln. ;-)

Nach 1-2 Tagen ist der Höhepunkt der chemischen Reaktion auch bei uns erreicht, unsere weiße Haut ist tief Dunkelblau und uns wird klar: Wir werden mit blauen Resten an den Händen zur Arbeit gehen…

Alle Teile der Pfanze beinhalten wirksame Substanzen, wirken febersenkend und entzündungshemmend und spielen in der indigenen Medizin daher eine große Rolle. Ganz abgesehen von der Verwendung als Schmuck von den verschiedensten indigenen Völkern des tropischen Amerikas.

Um hier noch den Humboldt-Kreis für mich zu schließen... ;-) In seinen Reiseerinnerungen bemerkte er, wieviel Zeit die Indigenen mit dem bemalen als Körperschmuck verbringen.

Spannend, wie sich nun mein eigener Blick darauf ändert, was mir auffällt. Wie oft habe ich in Reportagen über die indigenen Stämme Lateinamerikas genau diese Körperbemalungen gesehen?! So wird's also gemacht. Nur meist viel fligraner und ordentlicher als bei uns.

Noch schwärzer als der Huito-Saft ist die sehr starke, herbe Tabakpaste von Otto, die wir natürlich probieren, die aber nichts für uns ist.

Wir versuchen uns lieber an seinem grünen Koka-Pulver.
Ein Teelöffel voll kommt in die Wangentaschen, zergeht dort ganz langsam und fießt sozusagen den Rachen runter. Das Pulver mit dem Löffel bloß nicht zu weit in den Rachen geben oder zu stark atmen, sonst stäubts grün aus dem Mund. Die Pulverform ist traditionell für Kolumbien, während in Peru und Ecuador eher auf den Koka-Blättern rumgekaut wird. Es soll nicht nur bei Höhenkrankheit helfen (kann man oben in den Anden gut gebrauchen), sondern auch geistige Kraft und gleichzeitig Entspannung bringen. Es hinterlässt für eine Weile ein leicht taubes Gefühl im Mund.

Die Natur hält soviel Großartiges bereit. Es ist bereichernd in Gegenden zu kommen, wo diese Kräfte noch genutzt und immer weitergegeben werden.
Muchas gracias!

BildBild
BildBild
BildBild

Social Media