Erfahrungsaustausch zur Rückwanderung nach Deutschland


Judith
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Erfahrungsaustausch zur Rückwanderung nach Deutschland

Beitrag von Judith »

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Mir ist dieses Thema gerade aufgefallen – ich möchte euch gerne aus Sicht einer Rentnerin mit kleiner Rente in Deutschland berichten:

Ich habe viele Jahre in Duisburg‑Rheinhausen gelebt und bin weiterhin Mitglied einer dort ansässigen Wohnungsgenossenschaft, dem „Bauverein Rheinhausen eG“. Die Genossenschaft verwaltet heute rund 3.300 Wohnungen in Rheinhausen und Umgebung und legt ausdrücklich Wert auf bezahlbaren Wohnraum mit genossenschaftlichen Prinzipien – etwa lebenslanges Wohnrecht und demokratische Mitbestimmung.

In meinem Fall war die Suche nach einem Hausarzt nicht schwierig – in Rheinhausen und Umgebung sind Hausarztpraxen vorhanden, medizinische Notfallversorgung existiert – darunter auch Akutsprechstunden, und vereinzelte Praxen bieten weiterhin Hausbesuche nach Vereinbarung an.

Was ich an Rhein­hausen besonders schätze: Es ist ein sehr multikulturell geprägter Stadtteil, in dem Menschen vieler Herkunftsländer leben. Diese Vielfalt wird von vielen Bewohnern positiv bewertet – sie wird als Bereicherung gesehen, auch wenn es Herausforderungen gibt, insbesondere in Teilen von Marxloh oder Hochfeld.

Auch das Verkehrsnetz in der Region ist gut ausgebaut: Mit dem VRR-Ticket kann man bequem zu Orten wie Moers, Krefeld oder Düsseldorf fahren – was viele Bewohner nutzen.

Einige Beiträge hier im Forum haben Duisburg eher negativ dargestellt. Vielleicht beruhen diese Eindrücke auf älteren Wahrnehmungen – etwa aus der Zeit der „Schimanski“-Tatortfilme – oder sie stammen aus anderen Stadtbezirken mit größeren Problemen. Ich selbst habe als Rentnerin mit kleiner Rente niemals eine Wohnung oder einen Arzttermin vergeblich gesucht – im Gegenteil.

Genuasd
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Erfahrungsaustausch zur Rückwanderung nach Deutschland

Beitrag von Genuasd »

@Judith
ich kenne das Rheinland und das Ruhrgebiet sehr gut und gerade Duisburg ist wirklich nicht gleich Duisburg. Da gibt hässliche Ecken, aber auch sehr schöne.

Rheinhausen wurde später eingemeindet und ist auf der anderen Rheinseite, die Rheinhausener grenzen sich da auch gerne mal bis heute ab ;)
Das hat wenig mit dem zu tun, was Spiegel TV so zeigt - die filmen natürlich nicht dort.
Ebenso wie der Süden. Auch die Gegenden im Umkreis der Universität sind durch die ansässigen Studenten sehr belebt.
Andererseits leidet die Stadt insgesamt unter dem schlechten Image und steht auch sonst kulturell extrem im Schatten von Düsseldorf.
Erst zuletzt machte das über Jahre sehr beliebte Pulp in Hochfeld-Süd (Grenze Wanheimerort) zu.
Es gibt noch viele tolle Ecken, gerade die 6-Seenplatte, das Wedau-Stadion und der Rheinpark.

PS: Auf Youtube kann ich den Kanal Freds Revier empfehlen.
Ein in Wanheim ansässiger Schrottplatz/Autoverwerter, der im Alltag dokumentiert wird. Die sind auch öfter in Rheinhausen.
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Eisbaer
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Erfahrungsaustausch zur Rückwanderung nach Deutschland

Beitrag von Eisbaer »

Kleine Zwischenbilanz nach den ersten Rückmeldungen:
Vielen Dank für die bisherigen Beiträge – sie haben mir wirklich geholfen, die Lage etwas realistischer einzuschätzen.

Ich merke, dass vieles doch sehr vom konkreten Ort und vom eigenen Blickwinkel abhängt. Gerade deshalb sind persönliche Erfahrungen so wertvoll. Mein erster Beitrag war im Rückblick vielleicht etwas zu allgemein und durch alte Eindrücke gefärbt.

Inzwischen sehe ich auch westdeutsche Städte wie Duisburg-Rheinhausen in einem ganz anderen Licht – bezahlbarer Wohnraum, erreichbare Hausärzte und ein funktionierender Nahverkehr sind offenbar dort kein Wunschtraum.

Gerne würde ich das Thema offen halten für weitere Hinweise: Welche Städte – egal ob Ost oder West – bieten eurer Meinung nach eine gute Basis für einen Neuanfang im Ruhestand, wenn man wie ich auf ein kleines Budget angewiesen ist?
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Bogotano
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Erfahrungsaustausch zur Rückwanderung nach Deutschland

Beitrag von Bogotano »

Schön zu sehen, dass dieses für viele doch sehr grundlegende Thema nicht einfach in einer Schublade verschwindet. Es tut gut, wenn hier nicht nur kritisch, sondern auch konstruktiv über eine mögliche Rückkehr nach Deutschland gesprochen wird – ohne Schwarzmalerei, aber auch ohne rosarote Brille.

Besonders bemerkenswert finde ich den offenen Umgang des Themenstarters mit seiner finanziellen Situation. Das erfordert Mut – und verdient Respekt. Viele würden sich da eher zurückhalten, aus Sorge, schief angesehen zu werden. Umso schöner, dass in den bisherigen Antworten niemand mit dem Finger zeigt oder sich über das "kleine Budget" erhebt. In anderen Foren läuft das leider ganz anders, sobald "arm" und "reich" im gleichen Gespräch auftauchen.

Inhaltlich kann ich selbst leider wenig beitragen, aber ich wollte trotzdem ein kurzes Zeichen dalassen – einfach weil ich finde, dass genau solche Diskussionen weiterhelfen. Nicht nur dem Einzelnen, sondern oft auch stillen Mitlesern, die sich ähnliche Fragen stellen.
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Don Maximo
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Erfahrungsaustausch zur Rückwanderung nach Deutschland

Beitrag von Don Maximo »

Ich habe die Diskussion mit Interesse verfolgt, und auch wenn ich persönlich keine Kenntnisse oder Erfahrungen in Bezug auf Deutschland einbringen kann, möchte ich einige Überlegungen und Erfahrungen zu diesem Thema äussern. Ich befinde mich in der gegenteiligen Situation wie Eisbaer, d. h. ich werde als Rentner endgültig nach Kolumbien ziehen (wie Eisbaer habe auch ich diesen Schritt, wenn auch in die entgegengesetzte Richtung, mehrfach aufgeschoben).

Die persönlichen Bedürfnisse und Vorlieben sowie die Kriterien für die Lebensqualität sind zumindest teilweise sehr individuell und subjektiv, ebenso wie die verwendete Messskala.
Ein Kriterium, das sicherlich allen gemeinsam ist, ist die Gesundheitsversorgung. Ein Aspekt, den sowohl ich als auch meine Frau aus unterschiedlicher Insiderperspektive betrachten.
Soziale Integration, Lebenshaltungskosten, öffentliche Ordnung (Kriminalität usw.), Bürokratie, politische Verhältnisse, Infrastruktur verschiedener Art und kulturelle und sportliche Angebote usw. je nach persönlichen Vorlieben usw.
Dann, auch wenn ich es hier zuletzt erwähne, zumindest für mich, ein Element von grundlegender Bedeutung: die emotionale Bindung an einen Ort, eine Region oder ein Land.
Gerade die medizinische Grundversorgung ist ein heikles Thema. Wie in der Schweiz ist auch in Deutschland die Versorgung mit Hausärzten alles andere als rosig. Während der Mangel an Hausärzten in ländlichen Regionen seit Jahren ein bekanntes Problem ist, zeichnet sich langsam aber sicher auch in verschiedenen städtischen Gebieten eine ähnliche Entwicklung ab. In den nächsten Jahren (im nächsten Jahrzehnt) werden viele Hausärzte in den Ruhestand gehen, und es gibt bei weitem nicht genügend Nachfolger. Hinzu kommt das Bevölkerungswachstum, d. h. mehr Patienten pro Arzt.
Ein Freund von mir, der eine gut ausgestattete und moderne Hausarztpraxis in einer ländlichen Gegend (die übrigens auch touristisch gut besucht ist!) betreibt, sucht seit ein paar Jahren vergeblich nach einem Nachfolger, um in den Ruhestand gehen zu können.
Ich möchte keine Panikmache betreiben, aber wir müssen uns in Zukunft daran gewöhnen, dass die medizinische Grundversorgung erstens eingeschränkt und zweitens anders aussehen wird.
Um Ihnen eine Vorstellung zu geben: In einem Gebiet, in dem derzeit beispielsweise 15 Hausärzte mit eigenen Praxen tätig sind, könnte es in zehn Jahren vielleicht nur noch ein oder zwei Hausarztpraxen und zwei oder drei Zentren für medizinische Grundversorgung geben (z. B. Gemeinschaftspraxen, in denen mehrere Ärzte tätig sind, meist Allgemeinmediziner, aber auch Teilzeitfachärzte).
Dies erfordert auch eine Anpassung seitens der Patienten, von denen einige längere Wege zurücklegen müssen, um eine medizinische Grundversorgung zu erhalten.
Der Hausarzt, wie wir ihn noch vor Jahrzehnten kannten, ist mittlerweile eine Figur, die langsam aber sicher immer seltener wird.
Das ist die Entwicklung in diesem Bereich, ohne sie bewerten zu wollen. Ich halte es für wichtig, sich dessen bewusst zu sein, um keine Enttäuschungen aufgrund falscher Erwartungen zu erleben.
Ich denke, das ist in allen Bereichen so. Wer nach Jahrzehnten dorthin zurückkehrt, wo er einmal gelebt hat oder aufgewachsen ist, tut gut daran, keine Erwartungen zu haben oder Bilder aus der Vergangenheit zu projizieren, um dann mit einer stark veränderten Realität konfrontiert zu werden.

Nach vielen Jahren in Kolumbien nach Deutschland zurückzukehren, kann meiner Meinung nach eine nicht unerhebliche soziale und kulturelle "kalte Dusche" bedeuten.

Das Gleiche gilt für mich und für diejenigen, die den umgekehrten Schritt wagen. Auch wenn ich einen gewissen Vorteil und eine gewisse Gewohnheit an Anpassung habe, da ich in einem multikulturellen familiären und sozialen Umfeld zwischen der Schweiz, Italien und Deutschland aufgewachsen bim und gelebt habe.
Doch selbst wenn ich in den letzten Jahren jedes Jahr einige Monate in Kolumbien verbracht habe, mache ich mir keine Illusionen, dass eine endgültige Rückkehr ohne Herausforderungen sein wird.
Einige davon sind bereits absehbar, wie sicherlich auf familiärer Ebene, auch wenn ich mich eigentlich mit der Familie meiner Frau sehr gut verstehe und wir ein gutes Verhältnis haben.

Dann erfordern sicherlich auch die bürokratischen Formalitäten im Zusammenhang mit dem Umzug einen nicht zu unterschätzenden Aufwand, wie ich bereits bei einigen Vorbereitungen feststelle. Aber ich bin lieber optimistisch und hoffe, dass die Formalitäten ohne grössere Probleme über die Bühne gehen.
Ich habe meiner Frau versprochen, diesen Schritt zu wagen. Für sie ist das Leben in Kolumbien viel einfacher und angenehmer, auch im Hinblick auf mögliche Szenarien im Zusammenhang mit ihrer Krankheit.

@Eisbaer, was sind die Gründe für eine Rückkehr und einen Neuanfang in Deutschland nach so vielen Jahren?
Siehst du dich nicht mehr in Kolumbien? Wäre z. B. eine Neuorientierung in einer anderen Region (wie die unsere) nicht auch attraktiv?
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Eisbaer
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Erfahrungsaustausch zur Rückwanderung nach Deutschland

Beitrag von Eisbaer »

@Don Maximo: Vielen Dank für deinen ausführlichen und nachdenklichen Beitrag.

Du sprichst viele Aspekte an, die auch mich beschäftigen – von der medizinischen Versorgung über die emotionale Bindung bis hin zu den Herausforderungen eines solchen Neuanfangs. Man spürt, dass du dich mit dem Thema ebenso ernsthaft und verantwortungsvoll auseinandersetzt.

Deine persönliche Frage am Ende nehme ich nicht auf die leichte Schulter. Ich würde sie gerne in den nächsten Tagen per E-Mail beantworten – ich finde, das passt besser als in einem öffentlichen Forum.

Nochmals danke für deine Offenheit und die wertvollen Gedanken!
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Chriska
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Erfahrungsaustausch zur Rückwanderung nach Deutschland

Beitrag von Chriska »

Lieber Eisbaer,
wahrscheinlich interessieren sich viele Mitglieder für deinen Beitrag...

Genuasd
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Erfahrungsaustausch zur Rückwanderung nach Deutschland

Beitrag von Genuasd »

möchte man vielleicht trotzdem nicht öffentlich so teilen.
Jedenfalls scheint medizinische Versorgung wichtig zu sein.

Fachärzte sind schon lange ein Problem in Deutschland - zumindest wenn man gesetzlich versichert ist.
Es gibt inzwischen Online Plattformen, die das ein wenig abfedern und verfügbare Termine dort zugänglich werden, habe ich auch schon genutzt, als ich dringend einen Orthopäden-Termin benötigte und bekam innerhalb von 2 Tagen einen, aber auch nur möglich, wenn man nicht auf dem platten Land wohnt.
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Eisbaer
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Erfahrungsaustausch zur Rückwanderung nach Deutschland

Beitrag von Eisbaer »

Vielen Dank euch beiden für die Rückmeldungen. Es stimmt – die medizinische Versorgung ist ein Punkt, der mir zunehmend wichtig wird. Die Hinweise zu den Online-Plattformen finde ich hilfreich, vor allem weil ich bisher nicht wusste, wie gut so etwas in der Praxis funktioniert.

Ich überlege weiterhin Schritt für Schritt, was am besten zu mir passt – bin also für jede zusätzliche Erfahrung oder Perspektive sehr dankbar.
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Genuasd
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Erfahrungsaustausch zur Rückwanderung nach Deutschland

Beitrag von Genuasd »

funktioniert sehr gut, wenn man bereit ist auch zu einem unbekannten Arzt zu gehen, oder ein paar km mehr in Kauf zu nehmen.
Die Situation mit Fachärzten ist problematisch und es ist keine Besserung in Sicht, aber es ist auch nicht aussichtslos und so dramatisch, wie oft dargestellt - zumindest in der Stadt.
Auch ist es kein Geheimnis, dass es im deutschen Gesundheitssystem ein Zweiklassensystem gibt und ein Privatpatient solche Probleme weniger hat, dafür andere.
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