Ein Kiosk für kleine Dienste wäre das nicht auch eine Geschäftsidee für Kolumbien?
Tropfender Wasserhahn, kaputte Türklinke oder zerknitterte Hemden: Das Start-up "Lulu dans ma rue" will den Alltag der Pariser erleichtern. Spezielle Kioske dienen als Anlaufstelle. Für einen relativ kleinen Betrag bieten über 800 Helfer, so genannte "Lulus", ihre Dienstleistungen an, Tendenz steigend. Aus der Nachbarschaftshilfe ist ein wachsendes Geschäft geworden.
Themenüberschrift aktualisiert am 07.11.2025 | Eisbaer - Moderator
Ein Freund von mir hatte in der Schweiz ein ähnliches Start-up - ohne Kiosk, nur die Onlineplatform. Die Schweizer sind da aber glaube ich etwas zu zurückhaltend und misstrauisch, das dauert noch ein paar Jahrzehnte, oder muss sich zuerst als Modell woanders bewähren, bis wir dem trauen.. Wurde dann an die Swisscom verkauft und wird von denen jetzt als "swisscom friends" weiterbetrieben (anstatt, dass man tagelang auf nen mechaniker wartet, kommt jemand aus der Nachbarschaft vorbei und installiert für Oma das wlan). Könnte mir aber vorstellen, dass die Kolumbianer so einem Arrangement offener begegnet und vor allem gefällt mir die Idee, dass es Möglichkeiten bietet für Menschen ohne Arbeit. Weiss nicht, wie es ist mit den ganzen Versicherungen/Abgaben/Steuern etc.. In den USA und vor allem Asien gibts unzählige solcher Geschäftsmodelle, weiss nicht, obs in Kolumbien nicht auch schon ähnliches gibt..
Die gefährlichste Weltanschauung ist die Weltanschauung derer, die die Welt nie angeschaut haben.
A.v.Humboldt
In Kolumbien dürfte das nicht gut laufen da das Misstrauen der Leute zu groß ist. Bedarf dafür schätze ich zwar gut ein, aber wen es vor-Ort beim Kunden erledigt werden soll dann ist es doch recht Zeitaufwendig hinsichtlich der Fahrzeit, von der Zahlungsmoral mal abgesehen.
Auf der anderen Seite haben die meisten "Dienstleister" kaum passendes Werkzeug, geschweige denn passende Ersatzteile dabei und fragen oft erst mal nach etwas Vorkasse um Ersatzteile zu kaufen und müssen dann mehrmals anreisen.
Kann natürlich auch sein dass das mit der Zahlungsmoral der Kunden zusammenhängt die nach der Dienstleisung plötzlich gerade kein Geld haben...
Kleine Dienstleistungen...
Nun ja, wir haben eine Versicherung, Mapfre, sehr preiswert, und wenn Kleinigkeiten im Haus Anfallen dann kommt von der Versicherung ein Monteur und repariert, von der verstopften Toilette bis zum defekten Wasserhahn oder Sonstiges... Gratis...
Servus John, ich wusste nicht das es so eine Versicherung gibt. Da werde ich gleich mal bei Mapfre recherchieren. Danke für die Infos.
Grüße Tenere-wue
Für Reparaturen am Haus ist normalerweise der Hausbesitzer verantwortlich. Er ist sehr umgänglich und erledigt auch immer alles. Vieles versucht er selbst zu reparieren, aber das hält meistens nicht lange. Deshalb habe ich beschlossen, kleinere Reparaturen selbst in Auftrag zu geben.
In meiner Nachbarschaft lebt ein ehemaliger Fleischer, der sich durch Gelegenheitsarbeiten etwas dazuverdient. Er kennt im Barrio Gott und die Welt. Seit längerem ist er meine Anlaufstelle für kleinere Reparaturen. Vieles kann er nicht selbst machen, aber er kennt immer qualifizierte Leute, die er anrufen kann. Er ist immer erreichbar und jemand, der nie nein sagt.
Gestern Abend löste sich ein Scharnier des schmiedeeisernen Eingangstores. Heute ist Sonntag. Ich habe ihn gestern Abend noch angerufen, und heute Morgen um 9 Uhr war er mit einem Spezialisten vor Ort, der gut verpackt in einem Koffer ein Elektro-Schweißgerät mitbrachte. Der Preis war schnell ausgehandelt. Er verlangte 35.000 Pesos und machte die Arbeit dann für 25.000 Pesos. Da der Preis ausgehandelt war, gab es kein Trinkgeld. Dieses bekam der "Nachbar", der den Arbeiter besorgt hatte.
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Heute habe ich in der Küche einen Wasserhahn auswechseln lassen, der schon ewig tropfte. Eine Armatur für warmes und kaltes Wasser. Das hat der ehemalige Metzger aus der Nachbarschaft für 10.000 Pesos gemacht. Die einfache Armatur hat 45.000 Pesos gekostet.
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Nun war es an der Zeit, drei mittelgroße, leicht angegammelte Palmen in großen Blumentöpfen auf der Terrasse zu pflegen, umzutopfen und die Blumentöpfe neu zu streichen. Mein guter Nachbar, ein ehemaliger Metzger, machte gerade diese Arbeiten, brachte den Dünger mit, die Farbe hatte ich noch. Es hat mich 10.000 Pesos gekostet.
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In meinem Umfeld funktioniert die ‚Nachbarschaftshilfe‘ bei kleineren Arbeiten ausgezeichnet. Das liegt sicher auch daran, dass wir alle im selben Viertel wohnen, uns kennen und deshalb die Preise für beide Seiten fair sind. Und vor allem: Niemand fühlt sich ausgenutzt, und niemand nutzt den anderen aus.
Heute hat der ehemalige Fleischer, der, wie ich schon erwähnte, nur eine Mini-Rente bekommt und sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hält, im Patio einen riesigen Strauch entfernt. Der wucherte seit Monaten zwischen zwei Mauern und war schon über zwei Meter hoch. Die Arbeit mit der Machete machte ihm sogar Spaß – es war im Nu erledigt. Den Abtransport mit seinem Handkarren hat er gleich mit übernommen. Dafür habe ich ihm, wie schon öfter, 10.000 Pesos bezahlt.
Jetzt warte ich noch auf einen Maurer, den er für mich organisieren wird. An der Außenwand haben sich nämlich ein paar Sockelplatten gelockert, die ich reparieren lassen will, bevor sie kaputtgehen.
Eigentlich sind das alles Aufgaben des Vermieters, da mir das Haus nicht gehört. Aber da er mir gegenüber mit der Miete sehr fair ist, erledige ich solche Kleinigkeiten auf meine eigene Rechnung.
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Das wären für mich ein weiterer, nicht zu unterschätzender, Grund für den Standort Kolumbien. Aber vielleicht wird es auch im kalten Europa tatsächlich so kommen: die Millionäre von morgen werden Handwerker sein. Ein echtes revival of das Handwerk hat goldenen Boden.
Bei Kleinigkeiten hilft man sich gegenseitig auch hier im Barrio und in der Familie sowieso. Für Gefälligkeiten geben wir gerne ein paar Pesos in der überschaubaren Größenordnung um 10.000 COP, das sind 2,30 Euro, damit man nicht in den Ruf kommt, geizig zu sein. Man braucht immer mal jemanden....
Wenn wir ein Auto brauchen, leiht uns Abel seinen neuen SUV. Natürlich lasse ich dann 100.000 COP (23 Euro) bei der Rückgabe im Wagen liegen. Dafür kriege ich keinen Leihwagen.
Für größere Aktionen am Haus lässt sich meine Frau ein Angebot eines Mitgliedes ihrer Kirche geben. Wir legen Wert darauf, daß beide Seiten an der Nummer Spaß haben, also keine Seite übervorteilt wird. Bisher hat das auch immer gut gekappt, denn der Löwenanteil ist immer das Material.
Alles in Allem: hier hilft man sich. Und wenn jemand was nicht kann, kennt er zumindest jemanden, der das kann. Das ist viel Wert, im wahrsten Sinne des Wortes.
Herzliche Grüße aus Cartago/Valle
@gordito54: Danke für Deine Perspektive! Meine Erfahrung ist eine ganz andere. Im Gegensatz zu jemandem mit einer europäischen Rente sind meine Einkünfte hier vor Ort verdient und begrenzt.
Für mich sind 10.000 Pesos keine 'paar Pesos', die man 'gerne mal gibt', sondern ein bewusster und fairer Ausdruck des Respekts vor der Arbeit des anderen. Diese Summe hat für mich und den ehemaligen Fleischer das gleiche Gewicht. Weil wir uns kennen und in derselben Realität leben, finden wir einen Preis, der für uns beide stimmt – ohne Berechnung in Euro oder dem Gedanken, man 'brauche' den anderen ja vielleicht noch.
So bin ich kein 'gringo', der etwas verschenkt, sondern schlicht ein Nachbar, der unter gleichen Bedingungen lebt und faire Geschäfte macht.
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