@Glboetrotter
Marlon gibt sich wie ein dynamischer Geschäftsmann, aber nachdem ich drei Tage bei denen gewohnt und mitbekommen habe, dass sie scheinbar jede Nacht bis 2 Uhr morgens Serien schauen, dann bis 10-11 Uhr pennen und sich nach dem almuerzo um 16 Uhr nochmal für zwei Stunden ins Bett legen, anstatt endlich mal den Dreck wegzuräumen, der auf dem Foto zu sehen ist, habe ich da so meine Zweifel... wünschen tu ichs ihnen trotzdem. Angeblich wollen sie in etwa einer Woche mit dem Marketing anfangen und die ersten Bestellungen abwickeln... bin gespannt.
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Der Flug von Bogotá nach Leticia dauert etwa zwei Stunden, die sehr schnell vergehen, wenn man am Fensterplatz vor sich hindöst. Ungefähr zehn Minuten vor der Landung sieht man von oben den Regenwald, der einem endlosen Meer aus Bäumen gleicht. Das hat mich beeindruckt. Je weiter es dann in Richtung Leticia geht, desto öfter hat der Wald Lücken, die bewirtschaftet bzw. mit Häusern bebaut sind. In Leticia aus dem Flieger zu steigen kam mir vor, wie gegen eine Wand zu laufen. Das feuchtwarme Tropenklima bildet einen krassen Kontrast zum kühlen Bogotá. Am Flughafen muss man eine Tourismussteuer entrichten, die soweit ich mich erinnere bei 35 mil lag (ca. 8,4€). Am Ausgang wartet eine Horde Einheimischer, die einem Hotelzimmer und Touri-Programme andrehen und einem mit dem Moped nach Leticia transportieren wollen. Da ich wusste, dass Marlon sich bereits um diese Dinge gekümmert hatte bzw. noch kümmern würde, meinte ich nur "Gracias, tengo todo" und habe mich auf dem Weg in Richtung Leticia gemacht, das vom Flughafen aus zu Fuß in 10-15 Minuten erreichbar ist.
Marlon und Gloria waren etwa anderthalb Stunden vor mir angekommen, hatten bereits ein billiges Hotel ausfindig gemacht und warteten in einem Restaurant namens Viejo Tolima auf mich. Die exotische Atmosphäre, die tropische Vegetation und die vielen leichtbekleideten dunkelhäutigen Frauen (typischerweise auf dem Moped hinter ihren Freunden/Ehemännern sitzend) waren mir sofort sympathisch. Auf dem Weg zum Hotel kommt man an einer Kaserne oder einer Art Truppenübungsplatz der kolumbianischen Armee vorbei. Generell sieht man hier relativ viele bewaffnete Soldaten, da Leticia sich in einem Dreiländereck befindet (man nennt die Gegend auch "tres fronteras"). Peru und Brasilien sind von Leticia aus in wenigen Minuten zu erreichen.
Auf dem Weg nach Leticia
Erstmal eine erfrischende Inca Kola (peruanischer Softdrink)
Im Restaurant angekommen bestellte ich einen Hamburger de niño perdido (so nennen wir spaßeshalber Gerichte, die so billig sind, dass man lieber nicht wissen will, wo genau das Fleisch herkommt...) und einen köstlichen Saft aus einer einheimischen Frucht mit nussigem Geschmack, deren Name mir nicht mehr einfällt. In Leticia gibt es extrem viele Straßenhunde, die sich offenbar unkontrolliert fortpflanzen und deren Präsenz auch in Restaurants und Geschäften von den Einheimischen teilnahmslos hingenommen werden. Angeblich gab es hier vor ein paar Jahren ein vermeintliches Tierheim, wo diese Hunde unterkamen, bis sich herausstellte, dass die Hunde als Futter für Raubkatzen in einem Zoo genutzt wurden. Keine Ahnung ob das stimmt oder nur eine lokales Märchen ist, wie die Annahme, man würde schwul werden, wenn man eine Frucht namens Aguaje isst. Ich habs versucht und stehe immer noch auf Frauen
Anschließend haben wir versucht, einen günstigen Tourguide zu finden und mehrere Angebote eingeholt. Dabei hat praktischerweise Marlon das Reden übernommen. Ich habe nicht allzu viel verstanden, aber am Ende hatten wir einen Einheimischen, der uns zu einem Park gebracht hat, wo in der Abenddämmerung extrem viele kleine Papageien herumfliegen und unfassbaren Lärm machen. Die zahlreich anwesenden Locals waren davon logischerweise völlig unbeeindruckt und Touris waren glücklicherweise nicht allzu viele vertreten, da wir uns außerhalb der Touri-Saison befinden. Anschließend sind wir mit einem Tuk-Tuk ziemlich weit in die Peripherie gefahren, um eine Nachtwanderung durch den Regenwald zu machen.
Anfangs begegneten wir im Dschungel ein paar Soldaten, danach kamen wir zu einer großen Holzhütte, wo wir auf Baumstämmen Platz nahmen und ein Indigener uns eine philosophisch wirkende Geschichte erzählt hat, an deren Inhalt ich mich nicht genau erinnere, zum einen, weil mein spanisches Hörverständnis immer noch ziemlich zu wünschen übrig lässt und zum anderen, weil das Ganze mir wie ein Schmierentheater vorkam, das täglich mehrfach vor diversen Tourigruppen aufgeführt wird. Irgendwie ging es auf jeden Fall auch um die rituelle Bedeutung und Nutzung des Kokablattes. Der Kollege hatte einen Beutel mit staubigem Zeug, das scheinbar gemahlenes Kokablatt war und hat sich davon einen gehäuften Esslöffel genehmigt. Wir durften nur den Finger reinstecken und ablecken. Der spirituelle Effekt ist leider ausgeblieben und als er gefragt hat, ob jemand noch was will, habe ich aus Höflichkeit verneint, weil ich scheinbar der einzige war, der der Sache gerne weiter auf den Grund gegangen wäre. Wie auch immer.
Wir verabschiedeten uns und machten uns mit Taschenlampen auf den Weg in den Dschungel. Gesehen hat man dabei in erster Linie schlammigen Boden, ein paar Taranteln, Frösche, Heuschrecken und Pflanzen, die im Dunkeln leuchten. Das war ganz nett, hat mich aber nicht sonderlich beeindruckt, auch weil ich schon recht müde war und dringend aufs Klo musste. Kostenpunkt für dieses Programm waren glaube ich 80 mil oder so (knappe 20 €). Danach aßen wir noch in einem Restaurant den obligatorischen pollo asado, wobei ich einem Straßenhund die Reste auf den Boden geworfen habe, was den Restaurantleuten glaube ich nicht so gefallen hat. Der Hund ist uns dann bis zum Hotel (casa blanca) hinterhergelaufen und saß am nächsten Morgen immer noch vor der Tür. Hätte ihn am liebsten mitgenommen, was aber leider keine Option war.
Unser Hotel war ziemlich 3.-Welt-Style mit ungefähr sechs Betten im Zimmer, von denen wir nur zwei genutzt haben. Bezahlt wurde erst beim Check-out und alles lief extrem formlos. Die Dusche war ein Plastikrohr, das oben aus der Wand stand, auf dem Fensterbrett lag ein toter Gecko und das Internet hat ungefähr 5 Minuten pro Stunde kurz funktioniert, was ein wenig frustrierend war. Stromausfälle gab es hier und da auch, was vor allem dahingehend nervig war, dass die Ventilatoren im Zimmer dann nicht funktioniert haben und man sich morgens beim Aufstehen fühlte wie ein im eigenen Saft schmorender pollo asado.
Fortsetzung folgt.