Entdeckung der größten prähistorischen Felsgravuren der Welt: Bericht über die Forschungen am Orinoco-Fluss

Venezuelas Vielfalt entdecken: Bräuche, Natur und das Leben im Land.
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Eisbaer
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Entdeckung der größten prähistorischen Felsgravuren der Welt: Bericht über die Forschungen am Orinoco-Fluss

Beitrag von Eisbaer »

Ich habe kürzlich einen faszinierenden Artikel in der renommierten Fachzeitschrift Antiquity gelesen und möchte euch einen kurzen, informativen Bericht dazu geben. Es geht um eine bahnbrechende Entdeckung eines internationalen Forscherteams – bestehend aus Wissenschaftlern aus Kolumbien und Großbritannien –, das die weltweit größten bekannten prähistorischen Felsgravuren in Südamerika aufgespürt hat. Besonders spannend ist der Bezug zu Venezuela, wo viele der beeindruckendsten Stätten liegen. Die Studie wurde im Juni 2024 veröffentlicht und wirft neues Licht auf die Kulturen der Vorzeit in der Region. Hier die wichtigsten Infos, strukturiert und spoilerfrei:

Das Forscherteam und der Kontext

Das Projekt wird von Experten der Bournemouth University und der University College London (UCL) in Großbritannien sowie der Universidad de los Andes in Kolumbien geleitet. Zu den Schlüsselfiguren zählen Dr. Philip Riris (Bournemouth University), Dr. José Oliver (UCL Institute of Archaeology) und Dr. Natalia Lozada Mendieta (Universidad de los Andes). Die Finanzierung kam u. a. vom Leverhulme Trust und der British Academy. Die Forscher haben über Jahre hinweg – unter Einsatz von Drohnenfotografie und lokalen Guides – den Ober- und Mittellauf des Orinoco-Flusses erkundet, der sich durch Venezuela und Kolumbien schlängelt. Dieser Flussabschnitt, insbesondere die Atures-Rapids (eine Kette von Stromschnellen), war schon in der Vorzeit eine wichtige Handels- und Reiseroute.

Die Entdeckung: Monumentale Felsgravuren

Die Gravuren sind in Felswände entlang des Flusses eingemeißelt und gelten als die größten prähistorischen Rock Arts der Welt. Das Team hat insgesamt 157 Felsritzstellen kartiert, darunter 14 "monumentale" Stätten, die mehr als vier Meter breit oder hoch sind. Die ältesten datieren auf etwa 2000 Jahre zurück und wurden von indigenen Völkern geschaffen, deren Mythologien bis heute in der Region lebendig sind.

Besonders in Venezuela:
  • Der absolute Höhepunkt ist die Stätte Cerro Pintado (Gemalter Hügel) im Bundesstaat Amazonas. Hier prangt eine gigantische Anakonda-Gravur, die über 42 Meter lang ist – das ist die größte einzelne Felsritzung, die je weltweit dokumentiert wurde! Sie ragt hoch an einem Granithügel empor und ist schon seit den 1940er Jahren lokal bekannt, wurde aber erst jetzt systematisch erforscht.
  • Auf der Insel Picure finden sich Motive von Schlangen, Vögeln, Menschenfiguren und riesigen amazonischen Tausendfüßlern. Insgesamt konzentrieren sich viele der monumentalen Stätten auf einen 97 Kilometer langen Abschnitt des Flusses in Venezuela, wo die Gravuren sichtbar und zugänglich sind.
  • Im Vergleich zu kolumbianischen Funden (z. B. in Cerro Palomazón) sind die venezolanischen Stätten oft größer und dramatischer platziert, was auf ihre Rolle als "Warnsignale" hinweist.
Die Motive umfassen bedrohliche Riesen-Schlangen (häufigstes Symbol), humanoide Figuren, geometrische Formen und Tiere wie Nagetiere oder Tausendfüßler. Schlangen werden oft als Symbol für Gefahr interpretiert – sie könnten Territorien markiert haben, um Reisende zu warnen: "Hier wohnen wir, benehmt euch!"

Bedeutung und Schutz

Die Gravuren sind nicht nur archäologisch ein Knaller, sondern auch kulturell: Sie spiegeln mythische Traditionen wider, die in den Legenden der Orinoco-Indigenen weiterleben. Dr. Lozada Mendieta betont: "Die lokalen Gemeinschaften fühlen eine starke Verbindung zu diesen Stätten – sie sind die besten Hüter dafür." Das Team hat die Funde bei den nationalen Denkmalschutzbehörden in Kolumbien und Venezuela registriert, um sie vor Vandalismus und steigendem Tourismus zu schützen. Dr. Oliver fügt hinzu: "Diese Orte markierten einst Handelsrouten – heute könnten sie durch Klimawandel oder illegale Aktivitäten bedroht sein."

Fazit und Ausblick

Diese Entdeckung verändert unser Bild der prähistorischen Kulturen Südamerikas: Statt kleiner Ritzungen finden wir hier monumentale Kunstwerke, die Territorien und Identitäten prägten. Für Venezuela bedeutet das einen enormen Schub für den Kulturerhalt – vielleicht bald UNESCO-Weltkulturerbe?

Quellen: Basierend auf der Studie in Antiquity (2024) und Berichten von UCL, Bournemouth University sowie Archaeology Magazine. Alle Fakten sind verifiziert und aktuell (Stand Dezember 2025).
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