Kubanischer Rapper im Kreuzfeuer: Al2 El Aldeano kritisiert Kolumbiens Präsident Petro

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Eisbaer
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Kubanischer Rapper im Kreuzfeuer: Al2 El Aldeano kritisiert Kolumbiens Präsident Petro

Beitrag von Eisbaer »

In der aktuellen Folge seiner Reihe „HipHop Con100cia“ richtet der kubanische Rapper Al2 El Aldeano den Blick auf Kolumbien. In Session #48 mit dem DJ Figu, die am 27. September 2025 veröffentlicht wurde, nimmt der Künstler, der mit bürgerlichem Namen Aldo Rodríguez Baquero heißt, kein Blatt vor den Mund und adressiert direkt Präsident Gustavo Petro.

Al2 ist bekannt für seine scharfen, gesellschaftskritischen Texte. Durch mehrere Auftritte in Kolumbien hat er eine enge Beziehung zum Land aufgebaut, findet dort Fans und arbeitet mit anderen Künstlern zusammen. Seine neueste Veröffentlichung scheint direkt aus seinen jüngsten Aufenthalten und der Beobachtung der politischen Lage in Lateinamerika geboren zu sein.

Das Video selbst kommt puristisch daher: Es zeigt Al2 in einem schlichten Studio-Setting, wie er seine Zeilen mit großer Intensität vorträgt. DJ Figu liefert den Beat dazu. Der Fokus liegt ganz auf der rohen Energie und der Botschaft – man fühlt sich fast wie bei einer Live-Session.

Im Spoiler ist der Text des Stücks „HipHop Con100cia #48 (El poder soy yo)“ in einer möglichst nah am Original orientierten deutschen Übersetzung zu finden:

Spoiler
  • Jetzt müssen sie es aushalten. Freiheit für den Panther. Für die unschuldigen Gefangenen. Im Namen ihrer Eltern komme ich. Petro bestiehlt sein Volk, der Typ ist ein Feigling. Ich musste ihm diesen Song schreiben, der Stift brennt mir in der Hand. Viel Liebe an all meine Kumpel, Gott schütze ihr Land. Ich will, dass Kolumbien aufwacht, bevor es zu spät ist. Los geht’s (...)

    Der Druck bin ich, der keine Partei hat und keine Toten auf dem Gewissen. Für die Macht bin ich der Druck. Was spielt es für eine Rolle, woher ich komme? Ich vertrete den Menschen. Los. Der Druck bin ich. Sie müssen die Möbel wegrücken, es ist kalt. Was spielt es für eine Rolle, woher ich komme.

    Kolumbien, wunderschönes Land, danke, dass du mir so viel gibst. Ich fühle tiefen Stolz, wenn ich für deine Kinder die Stimme erhebe. Gott, halte meine Kumpel fern von Armut, vom Weinen und von Politikern-Dämonen, die sich als Heilige verkaufen.

    Ich brauche nicht den Respekt derer, die Petro bewundern, denn wer Canel unterstützt – und damit meint er den ersten Sekretär der Kommunistischen Partei Kubas, Miguel Díaz-Canel –, der verschwört sich gegen meine Nation. Ihm, dem Heuchler, der so viele Lügen erzählt, schenke ich ein Bild von den Kindern aus La Guajira. Die Haut in die Waschmaschine, ich verblasse nie. Kolumbien liebe ich, mit seinem Führer streite ich.

    Er sagt, Fidel hätte sich um die Kinder gekümmert, die Geister meiner Toten vor dem Palast von Nariño. Du hast die halbe Welt mit einem Kleiderwechsel getäuscht, von Soldat zu Befehlsgeber an Truppen, zu Leben in den Ebenen von Bogotá mit deinen Gläsern, und deine Kinder schickst du nach Europa zum Studieren. Absurde Erzählung, nur Gott verschließt meinen Mund.

    Die Drogenhändler klammern sich ans totale Macht. Ein Territorium erschöpft von so viel Blut auf seinem Boden. Der Friedensabkommen ist nichts als ein weiterer Krieg. Ich glaube nicht an Messias, Prophezeiungen oder Polizisten. Blut in meinen Zahnfleisch. Harte Wahrheiten in meiner Poesie. Weder von der FEU, noch Uribista, noch CIA. Ich diene nur Gott, meinen Hunden und meinen Kindern.

    Viele Widersprüche, du hast die Regionen im Stich gelassen. Wie viele bewaffnete Gruppen finanziert? Wie viele Erpressungen? Der Arbeiter ist nicht schuld an deinen Fehlentscheidungen, und Steuern sind nicht für deine Urlaube da. Das Öl ist ein Geschäft, das in Büros abgewickelt wird. Ach ja, stimmt, nach dir benutzen die Armen kein Benzin? Zu deinem dunklen Vorteil eliminiert die Opposition zehn Millionen Ferkel. Das glaubt nicht mal in China (Bezug auf die Expo Universal Osaka 2025 in Japan). Langsame Bürokratie, Heuchelei in dem, was du sagst. Eine Demokratie in Anführungszeichen läuft nicht.

    Klar tut mir weh, was in Palästina passiert, aber ich muss zuerst für mein Lateinamerika sprechen. Ich bin MC, ich bin so und drücke mich so aus. Ich sage einfach, was mir passt. Jetzt darf ich nicht über Petro reden, weil ich nicht dort lebe. Wenn ihr über Donald Trump sprecht und keiner hier lebt. Ich habe keine Partei, ich betrachte mich als freier Mann.

    Kolumbien, ich liebe dich, aber Petro lügt dem ganzen Volk ins Gesicht. Es gibt einen großen Unterschied zwischen uns, Herr. Ich habe niemanden getötet und meine Kinder waschen kein Geld. Der soziale Pakt der Verfassung ist gebrochen, die Rechte immer auf der Beifahrerseite. Mit diesen Uhren und Anzügen auf dem Foto, du und (Nicolás) Maduro zusammen, ein Mörder umarmt den anderen. Dieser Rausch führt dich in den Abgrund.

    Von Freiheit reden und nach Kuba reisen, was für Zynismus. Sie stehlen Stimmen, wählen sich selbst. Das sind die Dinge, die mich am Kommunismus zum Lachen bringen. Ich kandidiere nicht und habe keine fremden Absichten. In den Krieg gehe ich nie, wenn die Vernunft nicht mitkommt.

    Mit Verleumdungen, Dummheiten glauben sie, mein Image zu schädigen. Ich spreche über Politik, aber mache Platten, keine Kampagnen. Wovon wunderst du dich? Ich habe immer Protest-Hip-Hop gemacht. Ich bin für Probleme da, nicht für Partys. Die Siesta raubt mir Zeit.

Die Veröffentlichung schlug sofort Wellen. Vor allem auf Plattformen wie X (ehemals Twitter) wird das Video tausendfach geteilt und heiß diskutiert. Die Meinungen sind gespalten: Viele feiern den Track als mutigen Weckruf und fordern, ihn viral gehen zu lassen. Andere werfen Al2 dagegen vor, sich aus der Ferne in Angelegenheiten einzumischen, die er nicht vollständig verstehe.

Auch in der Musikszene ist die Resonanz gemischt. Während einige kolumbianische Rapper und Kollektive wie „La Casa del Hip Hop Colombiano“ die künstlerische Freiheit betonen und den Song unterstützen, äußert sich beispielsweise der MC Diego El Puma kritisch. Letztendlich entfacht die Session weniger eine einheitliche Bewegung, sondern vielmehr einen lebhaften Dialog darüber, welche Rolle Kunst und Musik in der politischen Debatte spielen sollten und wo ihre Grenzen liegen.

Darf ein Kubaner Kolumbiens Präsident kritisieren? Ein Rapper provoziert eine Debatte.

Ein Leser brachte es auf den Punkt:
„Natürlich darf er das. […] Als Politiker muss man Kritik ertragen, egal woher sie kommt.“ Diese Reaktion zeigt: Die eigentliche Debatte dreht sich weniger um die Erlaubnis, sondern um die Kraft der Kunstfreiheit selbst – die immer provozieren und zum Widerspruch einladen darf.


Quelle Video: AL2 "El Aldeano"
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axko
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Kubanischer Rapper im Kreuzfeuer: Al2 El Aldeano kritisiert Kolumbiens Präsident Petro

Beitrag von axko »

Darf ein Kubaner Kolumbiens Präsident kritisieren? - Natürlich darf es das. Ein kolumbianischer Präsident kritisiert auch ausländische Präsidenten. Ob er Recht hat oder nicht steht nicht zur Debatte. Als Politiker muss man Kritik ertragen egal woher sie kommt und speziell Künstler haben eine lange Tradition diktatorische Staatsoberhäupter zu kritisieren. Das ist was man künstlerische Freiheit nennt und über Kunst lässt sich bekanntlich streiten.

Carlo
Kolumbien-Infizierte(r)
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Registriert: Do 2. Sep 2021, 17:11

Kubanischer Rapper im Kreuzfeuer: Al2 El Aldeano kritisiert Kolumbiens Präsident Petro

Beitrag von Carlo »

Für mich fühlt sich dieser Rap wie politische Propaganda an, die auf die Interessen der USA ausgerichtet ist. Bewusster Rap war nie neutral. Er wurde geboren, um zu befreien, nicht um zu fesseln. Und wenn ein Rapper Propaganda unterstützt, ist das kein naiver Fehler, sondern bewusster Verrat.
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