Steuern in Kolumbien zahlen / Firmengründung / Viele Fragen

Tipps und Fragen von Auswanderungswilligen und Leuten, die den Schritt schon gewagt haben.

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saphiry
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Steuern in Kolumbien zahlen / Firmengründung / Viele Fragen

Beitrag von saphiry »

Ich hab dazu auch mal eine Frage.

Bin in Deutschland bereits seit langer Zeit abgemeldet, beziehe meine Haupteinkünfte allerdings aus Deutschland, da ich selbstständig arbeite (Bereich Internet).
Kann ich trotzdem meine Steuern hier in Kolumbien zahlen (schließlich lebe ich hier) oder muss ich weiterhin nach Deutschland abdrücken nur weil ich eben meine Einkünfte von da beziehe?

Danke!
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Toska
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Beitrag von Toska »

Hi Saphiry,

Wie machst du das denn bisher?

Ich bin kein Steuerberater und kann da nur aus meiner eigenen Erfahrung reden. Ehemals 14 Jahre Firma in Deutschland gehabt - auch Bereich Internet. Dann abgemeldet, nach Kolumbien ausgewandert und hier 'ne neue Firma angemeldet. In der Konstellation zahlt man lediglich in Kolumbien seine Firmensteuern und fertig.

Wenn ich Kunden in Deutschland 'ne Rechnung schreibe, stehen im Briefkopf die Daten meiner kolumbianischen Firma und da ist keine Mehrwerststeuer drauf. Ergo sieht der deutsche Fiskus davon keinen Heller. Selbst wenn die Zahlung auf mein weiterhin bestehendes deutsches Bankkonto eingeht. Denn Steuerpflichtig bin ich in Kolumbien. Es gibt allerdings Fälle, bei denen man vorsichtig sein muss. Denn für den deutschen Fiskus ist der "Erfüllungsort" der Leistung relevant und das biegen die natürlich immer zu ihren Gunsten um. Im Bereich Fernwartung wird es da z.B. ganz fix brenzlig. Hier wäre es am Besten, wenn du mit einem deutschen Steuerberater genau abklärst, wie die Sache für dein Geschäft und die von dir erbrachten Leistungen aussieht.

Zudem: Ab 1. Januar 2015 tritt eine neue Regelung in der EU in Kraft: 2008/8/EC - Siehe dazu:

--> eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2008:044:0011:0022:EN:PDF
--> ec.europa.eu/taxation_customs/taxation/vat/how_vat_works/telecom/index_en.htm

Da wollen die Geier von der EU doch tatsächlich Umsatzsteuer von Auslandsverkäufen an EU-Privatkunden kassieren. Selbst wenn du deine Firma nicht mehr in der EU hast. Beim B2C Geschäft (Firma an Privatkunde) soll der Händler Umsatzsteuer zu dem Steuersatz aufschlagen, wie sie für diese Warengruppe im Land des Privat-Käufers fällig wird und muss diese innerhalb eines Monats an das Finanzamt im Land des Kunden überweisen. Es gibt weder Freibeträge noch Ausnahmen, sofern es sich um Dienstleistungen und "nicht-physikalische Waren" wie z.B. eBooks und Software oder Telekommunikation(dienst)sleistungen handelt. Für Händler im nicht-EU-Ausland gibt es Steuerportale, bei denen man eine EU Steuernummer beantragen kann und zentral für alle EU-Länder seine Umsatzsteuer melden und abführen kann.

Dass das Ganze komplett bekloppt ist und nicht funktionieren wird, braucht man nicht extra zu erwähnen. Ließ dich über obige Links mal in die Materie ein und überlege dir ggf., das Privatkundengeschäft mit EU-Kunden einzustellen. Und frag mal den Steuerberater, in wie weit das für deine Konstellation zutreffend ist.
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Grüße, Toska
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Ernesto
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Beitrag von Ernesto »

Danke Toska, sehr informativ dein Beitrag ;-)

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saphiry
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Beitrag von saphiry »

Hi Toska,

habe versucht, dir eine Privatnachricht zu schreiben (um nicht alle mit meinem Fall zu langweilen ;) ), aber irgendwie ist das nicht möglich, oder?

Ich beziehe den Großteil meines Verdienstes über Amazon, allerdings ist Amazon in Luxemburg gemeldet (und ich bekomme auch eine Abrechnung auf der Amazon Lux steht, nicht DE), was wahrscheinlich vorteilhaft ist?!
Wie melde ich denn hier in Kolumbien eine Firma an? Und was muss ich an Steuern erwarten?

Vielen Dank!!
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Ernesto
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Beitrag von Ernesto »

saphiry du langweilst doch niemand. Ist ein interessantes Thema. Bin mal gespannt was Toska schreibt.

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Beitrag von saphiry »

Da bin ich ja froh :)


Ernesto, du lebst aber in Kolumbien? Wie lange schon?
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Ernesto
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Beitrag von Ernesto »

saphiry seit vier Jahren bin ich in Kolumbien. Ich lebe derzeit in Kolumbien, arbeite in Kolumbien und bleibe mit allem unter der Grenze der Steuererklärungspflicht. ;-)

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saphiry
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Beitrag von saphiry »

Muss man hier in Kolumbien nicht ab einem Verdienst von 1.5 Millionen Peso (bin nicht sicher wie viel es genau ist, hatte ich nur mal so gehört) Steuern zahlen?
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Ernesto
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Beitrag von Ernesto »

Etwas mehr darf es schon sein. ;-) Fürs die Steuererklärung 2013 galt, das Verdiener von mehr als 37.577.000 COP (im Jahr) diese abgeben mussten. Das sind etwa 3.100.000 COP pro Monat.

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saphiry
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Beitrag von saphiry »

Ah ok... ein Traum :D Hast du ne Ahnung, wie viel man an Steuern hier zahlen muss wenn man mehr verdient? Bin grad auf der Suche, hab aber noch keine verlässliche Info gefunden..
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Toska
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Beitrag von Toska »

Hi Saphiry,

Die Anmeldung der Firma in Kolumbien ist total easy und lässt sich an einem Vormittag erledigen. Ich hab das hier im Forum schon mal im Detail beschrieben. Das findest du hier: viewtopic.php?f=8&t=10650#p50350

Die Vorteile: Gründungskosten liegen beim Preis eines Essens bei McDonalds, keine Buchführungspflicht und null Stress. Jedes Jahr hast du von Anfang Januar bis Ende März Zeit, mal zur Camara de Comercio zu gehen. Dort füllst du ein Formular aus und zahlst dann deine Jahressteuern in bar ein. Bei mir sind das umgerechnet 60-65 EUR pro Jahr. In Deutschland wäre das in etwa meine tägliche Steuerlast gewesen. Die Steuerlast ist unabhängig vom Gewinn und basiert auf der angegebenen Aktiva, die du bei Firmengründung hattest.

Ich zahle die Steuern lieber da, wo es mich die wenigste Zeit, Geld und Aufwand kostet, meine Steuerpflicht zu erledigen. Ich will nicht pro 7-Tage-Woche zweieinhalb Tage damit verbringen müssen, meinen Papierkram für den Amtsschimmel aufbereiten zu müssen. Und das ist bei der Firmierung "pequena empresa" in Kolumbien halt alles ganz klar zu meinen Gunsten und steigert auch meine Wettbewerbsfähigkeit und die Lust an der Arbeit.

Zu der Amazon-Geschichte: Das ist reichlich kompliziert und ich kenne die Verträge und Modalitäten nicht, die zwischen Amazon und Händlern auf deren Marketplace bestehen. Von daher meine Aussagen mit Vorsicht genießen und lieber mal vom Fachmann überprüfen lassen. Aber als Denkanstoß folgendes:

Wer ist dein Kunde, bzw. derjenige, der als Absender auf dem Zahlungseingang steht, der bei dir aufschlägt? Amazon in Luxemburg, oder der tatsächliche Käufer des Produktes? Daran macht sich im Prinzip alles Weitere fest.

Soweit ich das vermute, hast du bei Amazon als Marketplace-Händler nicht die Möglichkeit, selbst auf die Besteuerung des Artikels einzuwirken. Du legst den Netto-Preis und ggf. die Versandkosten fest. Aber der Preis, der dem Endkunden angezeigt wird, beinhaltet dann die Umsatzsteuer, die Amazon basierend auf den Kundendaten des Käufers aufschlägt, richtig? Was passiert dann mit dem Zahlungseingang? Kommt das Geld des Kunden direkt bei dir an, oder geht es erst über Amazon, die ziehen dann ihre Provision ab und überweisen es dir?

Wer führt die ggf. vom Kunden geleistete Umsatzsteuer an das Finanzamt ab? Du oder Amazon? Wer gibt dafür (bei Verkäufen ins europäische Ausland an EU-Geschäftskunden mit ECC VAT ID) die gesetzlich vorgeschriebenen "zusammenfassenden Meldungen" an die Behörden weiter? Wer verschickt und lagert die (zumindest in Deutschland vorgeschriebenen) "Auslandsverbringungsnachweise" bei umsatzsteuerfreiem Verkauf an EU Geschäftskunden im EU-Ausland für 10 Jahre ein? Zahlst du in Deutschland Umsatz-, Einkommens- und Gewerbe-Steuern für deinen Betrieb?

Wenn du das alles selbst machen musst, kannst du dir bislang viel Zeit, Geld und Aufwand sparen, wenn du die Firma in Kolumbien registrierst. Die Frage ist dann eher, ob Amazon dich dann noch weiterhin als Händler haben will, oder dir dann die Tür vor der Nase zu macht. Falls du an Privatkunden innerhalb der EU Dienstleistungen oder digitale Güter verkaufst, musst du dann leider trotzdem ab 1. Januar 2015 die Mühe machen, mit der EU Direktive 2008/8/EC konform zu gehen und die Umsatzsteuer im Land des Käufers abrechnen. Falls Amazon das nicht für dich macht. WENN sie es für dich machen, wäre das ein geldwerter Vorteil, der viel Verwaltungskram erspart.

Falls du Paypal akzeptierst, wirst du mit denen Probleme bekommen. Für Kolumbianer (oder in Kolumbien lebende) besteht derzeit nicht die Möglichkeit, Geld von Paypal aus auf ein Konto in Kolumbien oder Deutschland zu überweisen. Lediglich ein Konto in den USA ist vorgesehen, oder die Überweisung auf eine VISA Kreditkarte. Und selbst da gelten heftige Einschränkungen. Bei Moneybookers/Skrill brauchst du es erst garnicht probieren. Die haben mich nach weniger als einem Jahr Adresswechsel nach Kolumbien rausgeworfen, obwohl ich nicht eine Rückforderungen oder Beschwerden hatte und alle geforderten Papiere sofort vollständig bei Adressänderung vorgelegt habe.

Der Idealfall sähe (aus meiner Sicht) so aus: Du registrierst deine kolumbianische Firma bei Amazon als Händler und betreibst deine Verkäufe darüber. Die Kernfrage ist dabei, ob die dich weiterhin wollen. Kann ja sein, dass deren AGB nur Verkäufer aus gewissen Ländern zulassen. Deine Verkäufe sind umsatzsteuerfrei (Ausnahme: EU Direktive 2008/8/EC ab 1. Januar 2015). Du sparst somit 99,9% Aufwand bei Buchhaltung und Steuer. Das Geld geht nach wie vor auf dein deutsches Bankkonto ein und du hebst es in Kolumbien am Automaten ab. Die jeweils sechs Euro Transaktionsgebühr machen im Jahr in der Summe deutlich weniger aus, als du bislang in D-Land für den Steuerberater gezahlt hast. Jedoch musst du ab einer gewissen Summe von Zahlungseingängen/Überweisungen aus dem Ausland in Kolumbien separat nachweisen und anmelden, wo die Gelder herstammen (Geldwäsche-Gesetz) und das Kapital ab dem Schwellwert versteuern. Ansonsten drohen empfindliche Strafen.

Die Firma in Deutschland meldest du ab und nach der letzten Zahlung ans deutsche Finanzamt bist du den Saftladen los und zahlst deine Steuern dann pauschal einmal im Jahr in Kolumbien: Die Gebühren/Steuern bei der Camara de Comercio und ggf. die ins Land eingeführten Kapitalerträge über dem Schwellwert beim Finanzministerium.

Falls Amazon keine kolumbianischen Händler zulässt und je nach dem, wie deine bestehende Firmierung in Deutschland ist, kann man das halt auch anders aufziehen. Mir schweben da diverse legale "Steuervermeidungs-Modelle" vor, in denen die deutsche Firma lediglich eine Tochterfirma der kolumbianischen Firma ist und komplexe Geschäftsbeziehungen und Verbindlichkeiten mit der kolumbianischen Firma unterhält (Kredite, Lizenz-Recht und ähnliches). Amazon macht das ja auch so. Diese Verbindlichkeiten reduzieren die Unternehmensgewinne der deutschen Dependance und damit auch die fällige Einkommens- und Gewerbesteuer. Die Umsatzsteuer (als laufender Posten) musst du natürlich weiterhin in voller Höhe ans Finanzamt durchreichen. Bei dem Thema kommst du aber ohne viel Einarbeitung in die sich ständig ändernde Rechtslage und ohne versierten Steuerfachanwalt nicht sauber aus der Sache raus. Der kleine Steuerberater auf dem Dorf ist bei sowas sofort überfordert und reitet dich bestenfalls in Schwierigkeiten. Gerade als kleine Firma wird dich das Finanzamt dann sowieso regelmäßig mit dem Rasterelektronen-Mikroskop untersuchen. Man könnte ja vielleicht doch was finden.

Alles in allem ist das ein schwieriges Thema, auf das es sicherlich keine Standard-Antwort gibt. Die Bürokratie ist halt der natürliche Feind des Unternehmers und wenn man die Schlachten umgehen kann, oder sein Schlachtfeld frei wählen kann, dann ist das um so besser. Ich hab genug Schlachten mit dem deutschen Fiskus geschlagen und einfach keinen Bock mehr, nach dessen Pfeife zu tanzen. Dann lieber 1-2 Vormittage Formulare für die Kolumbianer ausfüllen und dafür den Rest des Jahres in Ruhe gelassen werden.
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Beitrag von Toska »

Edit:

Ich denke, diese URL gibt eine recht gute Übersicht über die Besteuerung:
--> tramite.co/declaracion-de-renta-personas-naturales-2014

Beachten: Bei Firmen in Kolumbien wird ggf. noch "ICA" fällig. Mehr Info dazu hier:
--> tramite.co/impuesto-ica
Zuletzt geändert von Toska am Mo 10. Nov 2014, 19:42, insgesamt 1-mal geändert.
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saphiry
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Beitrag von saphiry »

Wow Toska, vielen vielen Dank für die ausführliche Antwort!!

Um ein paar Fragen zu beantworten, das Geld wird mir direkt von Amazon Luxemburg auf mein deutsches Konto überwiesen. Bereits beim Verkauf ziehen die automatisch 30% meines Verdienst ab (70% gehen an mich, 30% Gewinn an Amazon), also ja, das Geld geht zuerst zu Amazon, die ziehen ihren Teil ab und überweisen mir meinen Teil dann monatlich direkt auf mein Konto. Paypal benutze ich nicht. Außerdem schlagen sie 3% meines Gesamtpreises automatisch auf meinen festgelegten Verkaufspreis auf, was wohl eine Steuer ist (z.B. wenn ich den Preis auf 3 Euro festlege, wird der Preis im Endeffekt 3,09 Euro betragen).

Ob Amazon kolumbianische Händler akzeptiert, weiss ich nicht. Was ich weiss, ist dass Amazon keine kolumbianischen Konten akzeptiert, das Geld MUSS also auf ein westliches Konto überwiesen werden (sei es deutsch, französisch, amerikanisch etc.). Gehe daher davon aus, dass das schwierig sein könnte.

Was ich nicht verstehe, ist wieso ich meine kolumbianische Firma bei Amazon als Händler registrieren soll. Kann ich nicht einfach in Kolumbien eine Firma gründen ohne Amazon etwas davon mitzuteilen? Amazon interessiert sich ja schließlich auch nicht davor, wie und wo ich meine Steuern in Deutschland oder sonstwo zahle. Könnte ich also nicht einfach meine Firma hier gründen und direkt mitteilen, dass mein Kunde Amazon Lux ist und meine Steuern dann einmal im Jahr hier abdrücken? Ich hoffe du verstehst, was ich meine.

Ich bin übrigens sehr überrascht, dass du für dein Unternehmen nur so geringe Steuern zahlst- Wie kommt das?
Ich habe kolumbianische Freunde die mir sagen, dass ihnen pro Monat ca. 30% ihres Lohns als Steuerabgaben abgezogen werden.
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Toska
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Beitrag von Toska »

Hi Saphiry,

Gut, das mit den Konten ist natürlich wegen den Geldwäsche-Gesetzen so. Solange Amazon in die USA/Kanada oder nach Europa überweisen können, machen die das auch. Alles andere ist für die zu kompliziert. Auf der anderen Seite: Ich hab selbst noch drei Konten in Deutschland bei kleinen Kreissparkassen und Volksbanken auf dem Land. Die hatten absolut kein Problem damit, meine Kontodaten auf Kolumbien zu ändern und mich als Kunden zu behalten. Es wurde mir keinesfalls nahe gelegt, mir dann doch vielleicht mal 'ne andere Bank zu suchen. Allerdings kennen die mich auch schon (je nach Bank) seit 10-20 Jahren, was eine Rolle spielen mag.

Wenn du bei Amazon eine kolumbianische Firma (mit deutschem Bankkonto) verwenden kannst, wäre das meines Erachtens nach schon die optimalste Lösung.

Zur Frage ob du dich bei Amazon als kolumbianischer Händler registrieren willst oder das einfach alles unter den alten (deutschen) Daten weiter laufen lässt: Wenn du bei Amazon bislang als (sagen wir mal) deutscher Einzelhändler oder GmbH gemeldet bist (mit deutscher Steuer-Nummer oder ECC VAT ID), geben die das in Ihrer Steuererklärung halt auch so an und melden das auch regelmäßig so dem Fiskus, wenn sie die "zusammenfassenden Meldungen" abgeben. Über den Datenaustausch zwischen den EU Finanzämtern bekommt der deutsche Fiskus das irgendwann mit. Und wird dann halt irgendwann mal bei dir nachfragen, wo denn bitte die dazu passende Steuererklärung ist und warum die deutsche Firma abgemeldet wurde und trotzdem weiterhin Einkünfte aus offensichtlich "selbständiger Tätigkeit" hat. Du bist halt gläserner Bürger und potentiell erstmal Schuldig im Sinne der Anklage, bis du das Gegenteil beweisen kannst.

> 30% ihres Lohns als Steuerabgaben

Das sind halt die Steuern und Abgaben auf Lohn und Gehalt aus nichtselbständiger Tätigkeit. Für Unternehmen gelten andere Steuersätze. Die "pequena empresa" in Kolumbien entspricht in etwa der deutschen Einzelfirma oder dem "sole trader" aus den USA. Zumindest was Eigentumsverhältnisse, Haftung und Gesellschaftsform angeht. Ich beziehe ja kein Gehalt als angestellter Unternehmensführer welches dann besteuert wird und auf das Sozialabgaben fällig werden. Ich verfüge direkt über die erwirtschafteten Erträge aus selbständiger Tätigkeit. Damit muss ich nur sehen, dass ich unter dem Schwellwert der kolumbianischen "ICA"-Steuer bleibe (Link einen Beitrag weiter oben), nicht mehr als 37,577,000 COP einführe und nicht mehr als 75,155,000 COP besitze oder verkonsumiere. Ansonsten sind da halt Deklarationen und Steuern in Kolumbien fällig.

Ich sags mal so: Man kann vieles machen und die Frage ist immer: Ist das legal? Auch wenn ich das so und so nutze? Wenn ja, wie lange noch? Man kann auch (ohne viel Aufwand und vom Home-Office aus) eine Firma in Steuerparadiesen wie Belize, Panama, Hongkong oder den Seychellen aufmachen. Da gibt es Broker und Agenturen, die das für mehr oder weniger Geld machen und halt die entsprechenden Papiere und Vollmachten von dir brauchen. Ich hab mal (vor der Auswanderung als Vorbereitung) rund 800 Euro für eine Limited-Eintragung in Belize bezahlt, bevor mir aufging, dass es in Kolumbien noch einfacher, billiger und ohne potentielle rechtliche Tretminen geht. Auf den Seychellen gibt es z.B. (noch) die schöne Regelung, dass die Geschäftsführer einer Limited dort nicht im Handelsregister aufgeführt werden müssen und die (angeblich) diese Informationen auch nicht rausgeben. Sowas wird natürlich dann gerne genutzt, wenn es was zu verheimlichen gibt. Gewisse Agenturen bieten dann auch gleich Vollservice an: Briefkasten, Post- und Telefonweiterleitung, sowie jährliche Erledigung der (lächerlich geringen) Steuerformalitäten vor Ort - bis hin zu Hilfe bei Einrichtung eines Auslands-Bankkontos. Wie man das alles nutzt und wie man vermeidet, sich damit ggf. strafbar zu machen steht natürlich auf einem anderen Blatt. Hat man nach wie vor seinen Wohnsitz in Deutschland, kann man solche Faxen gleich vergessen, weil man sich damit (selbst bei komplett legaler Nutzung) 'ne fette Zielscheibe umhängt.

Mein Tip: Mach es so legal wie irgendwie möglich und vermeide da jeden potentiellen Stress. Meiner Ansicht nach ist das in Kolumbien sehr leicht möglich. Das mag sich vielleicht in Zukunft mal ändern, aber in der EU oder in Deutschland hast du ja auch keine Rechtssicherheit, weil es am laufenden Band neue Vorschriften zu deinen Ungunsten gibt.
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Beitrag von saphiry »

Danke! Sehr hilfreich. Also zuerst müsste ich eine Firma in Kolumbien gründen und DANN Amazon mitteilen, dass sie mich nicht mehr als privater Einzelhändler Maxi Mustermann eintragen, sondern als kolumbianisches Unternehmen so und so. Muss ich denen (Amazon) dann irgendwie vorzeigen, dass mein Unternehmen auch existiert?

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