Rundreise durch Kolumbien im November 2021

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Viscolo
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Rundreise durch Kolumbien im November 2021

Beitrag von Viscolo »

Der Anflug auf Bogota liess Freude aufkommen: Berge, grüne, bewaldete Hügel, Wiesen, Treibhäuser – keine Spur von der riesigen Stadt! Die Landung war sanft, das Gepäck wurde schnell bereitgestellt. Das Flughafengebäude ist modern, sauber, grosszügig und zweckmässig. Die Einreise erfolgte problemlos, der Beamte war sehr freundlich und speditiv, er liess es sogar zu, dass ich meinem Reisepartner, der kein Spanisch versteht, zu Hilfe komme. Auch die Zuweisung zum Taxi geht rasch. Auf der Fahrt zum Hotel in Chapinero erleben wir die überfüllten Strassen der Hauptstadt hautnah. Der Fahrer weicht von der Normalroute ab, fährt durch Strasse, die wenig einladend, eher gefährlich aussehen und erreicht dann unsere Unterkunft in knapp einer Stunde. Der Fahrpreis ist mehr als bescheiden, der Taxifahrer freut sich über sein Trinkgeld.

Ein Guide (er ist übrigens Venezolaner) zeigt uns am zweiten Tag die Schönheiten der riesigen Stadt und am dritten Tag geht’s am frühen Morgen auf den Monserrate. Man spürt die dünne Luft, doch die Aussicht ist traumhaft, zwar ist der Kollege kein Freund von Grossstädten, doch vor allem das grüne Hinterland und die umliegenden Berge begeistern ihn.

Nun geht es mit einem Mietwagen in Richtung Neiva. Die Strassen sind ausgezeichnet, bedeutend besser, als uns prophezeit wurde. Manche Löcher im Strassenbelag sind jedoch nicht zu unterschätzen und erfordern gute Voraussicht und höchste Aufmerksamkeit. Nach den vielen Berg- und Talfahrten, unzähligen Kurven und Schluchten erreichen wir die Flussebene und endlich Neiva. Eine interessante und abwechslungsreiche Fahrt! In Neiva werden wir überrascht von den vielen Leuten im Einkaufszentrum und der grossen Bedeutung, die Halloween hier offenbar geniesst! Nach einer Nacht mit viel Schlaf geht die Fahrt in der Ebene weiter, später steigt die Strasse stark an nach San Agustin, wo wir in einer freundlichen Finca übernachten. Ein Ausritt am nächsten Tag in die Höhe und später zu einem niedergelassenen Basler bringen uns die interessante Umgebung näher. Das Klima hier ist sehr angenehm und wie es aussieht, gibt es einige Europäer, die sich diesen Rückzugsort ausgewählt haben. Auch mein Reisepartner, ein «alter Rinderzüchter» lebt sichtlich auf, hat er doch so viele seiner geliebten Tiere sehen können!

Die nächste Strecke von San Agustin nach Popayan, der weissen Stadt ist nicht nur sehr eindrücklich, sondern auch einzigartig. Während am Anfang und am Schluss die Strasse noch anständig und gut ist (wie in Kolumbien -ausser in den breiten Tälern- üblich, mit engen Kurven und steilen Passagen) gibt es dann einen unendlich langen Abschnitt von rund 80 km, bei dem die durchschnittliche Geschwindigkeit meist nur 15 – 20 km/h beträgt. Ein Fluss- oder Bachbett wäre wohl gerade ein Luxus im Vergleich dazu! Vollmundig wird die neue Strasse zwischendurch auf grossen Plakaten angekündigt, ein schwacher Trost, wenn man nicht erst in fünf bis zehn Jahren durchfahren will! Trotzdem sind viele Lastwagen, Busse, Privatfahrzeuge und Motorräder unterwegs, was bleibt ihnen anderes übrig? Die Ersatzstrasse wäre viel zu lange!
Popayan beeindruckt durch die schöne Anordnung der Häuser, die weissen Anstriche und den sauberen Charakter. Es bleibt uns vergönnt, die Osterumzüge anzuschauen, es ist November! Trotzdem können wir die traditionsreiche Unterkunft im Kloster geniessen.

Die Strecke nach Cali ist dann jedoch wie eine kleine Erholung von den Strapazen der letzten Fahrt. In der Stadt Cali werden jedoch unsere Herzen nicht warm. Wir finden den Zugang zum bekannten Ort nicht, von dem behauptet wird, dass dort die schönsten Frauen Kolumbiens herkommen. Schade. Durch die breite Ebene mit unendlichen Zuckerrohrfeldern kommen wir in das Departement Quindío nach Armenia und zur Kaffeeachse. Wir übernachten auf einer Finca in Calarca. Das gemässigte, angenehme Klima, die vielen Früchte und der Anbau von Kaffee machen dieses Gebiet lieblich und sehr angenehm. Sehr schöne Erinnerungen daran können wir nach Hause nehmen!
Die weitere Strecke nach Manizales ist wieder sehr kurvenreich und die Strasse mit aufwändigen Kunstbauten ausgestattet. Die Topographie von Manizales ist wohl einzigartig. Die Stadt «am Fusse des Vulkans Nevado del Ruiz kennt kaum ein ebenes Fleckchen. Überall geht es steil bergan oder bergab und bis man von unserem Hotel, dem Estelar Recinto del Pensamiento in der Stadt ankommt, muss man viele Höhenmeter überwinden und wieder hinunterfahren.

Auf dem Weg zum Naturreservat des Nevado del Ruiz passieren wir zuerst eine Polizei- dann eine Militärkontrolle. Die Beamten und die Soldaten sind sehr freundlich, erklären, was sie machen müssen und lassen uns dann weiterfahren. Sie erinnern uns daran, dass es eigentlich nicht gestattet sei, nur eine Kopie des Passes bei sich zu haben, lassen uns jedoch weiterfahren. Beim Reservat angekommen, eröffnet uns eine junge Frau, dass wir nicht weiterfahren oder gehen dürfen, wir seien zu alt. Über Sechzigjährigen sei der Zutritt ins Reservat wegen der Höhe (ab 4138 m ü M) nicht erlaubt. Etwas enttäuscht fahren wir wieder nach Manizales zurück und erzählen dies der Polizei, die meint, dass dies doch weiter unten angeschrieben stehen müsste!

Die letzte Etappe mit dem Mietwagen führe uns -wieder auf sehr kurvenreichen Strassen- nach Bogota zurück, unser Vermieter wollte keine Einwegmiete akzeptieren.

Im weiteren Verlauf unserer Reise fliegen wir nach Medellin. Die Stadt mit den vielen schönen Plätzen und dem grossen Botanischen Garten gefällt uns sehr gut. Auf der Plaza Botero mit vielen Skulpturen, einem Museum und Strassenkünstlern gibt es noch einige ältere Herren, die mit der Schreibmaschine stehen, um Briefe für ihre Kunden zu schreiben. Ein Service, der vor dreissig bis fünfzig Jahren noch sehr begehrt war, doch in der heutigen Zeit mit Tablets uns Smartphones bald aussterben wird. Trotzdem scheint er noch für wenige Menschen von Nutzen zu sein. Schade, dass auf dem Botero so viele «verladene Nutten» herumstehen und relativ auffällig ihren Dienst anbieten. Auch die vielen amerikanischen älteren Herren im Parque Poblado oder Parque Lleras, die in Bars und Restaurants gut konsumieren, sind keine Reklame für die Stadt.

Cartagena bildete den Abschluss unserer Reise. Der Umzug zum Fest der Befreiung von den Spaniern ist äusserst eindrücklich, farbenfroh und ein Erlebnis besonderer Güte. Die Altstadt Cartagenas zeigt sich von der besten Seite, ist wunderschön, malerisch und meist voller Leben, wirklich ein Highlight!

Unsere Erfahrungen:

Taxis: Die Taxifahrer sind meist freundlich und sehr ehrlich. Es ist mir einige Male vorgekommen, dass ich, wenn ich ein Trinkgeld gegeben habe, darauf hingewiesen worden bin, dass ich noch Geld zugut hätte. Nur einmal in Medellin war ich wirklich unzufrieden, da sich der Fahrer geweigert hatte, den Zähler anzustellen und dann zum genannten Preis noch ein Trinkgeld verlangte! (Wohl für den freundlichen Service!). In Cartagena habe ich bei Taxis keine Zähler vorgefunden, es wird nach Streckentarifen gefahren. Im Gegensatz zu vielen südamerikanischen Ländern sind die Preise für Taxis sehr moderat.

Polizeikontrollen: Wenn wir angehalten wurden, waren die Beamten immer sehr höflich, korrekt und anständig

Allgemeines: Die Infrastruktur in Kolumbien ist in den besuchten Gebieten recht gut ausgebaut. (Elektrizität und Wasser, z.T. auch Gas) Die Strassen sind gut, wenn es auch zeitweise etwas viele grosse Schlaglöcher hat. Das Mobilfunknetz ist ausgezeichnet. Fast bis in das hinterste Tal gibt es Handysignale. Die Erschliessung mit Bussen und Flügen ist sehr gut, rel. günstig, die Flüge recht pünktlich. Hotels sind auf einem guten Stand, das Personal freundlich und der Service gut. Die Preise für Hotelzimmer sind in der Regel sehr günstig.

Kriminalität: In der Regel darf man sagen, dass Kolumbien heute gut und fast gefahrlos bereist werden kann. Ich selber habe mich auf der Reise nie unsicher oder bedroht gefühlt, in manchen Gebieten wäre ich jedoch nicht aus dem Auto oder Taxi ausgestiegen! Dass man sich dabei an gewisse Regeln halten muss, ist selbstverständlich.

Preise: Im Moment ist Kolumbien für Europäer sehr günstig. Auffallend günstig sind die Taxifahrten. Dass dort nicht bei einigen Fahrern die Versuchung kommt, «Unwissende» etwas zu «beerben», ist erstaunlich. Auch Restaurants und andere touristische Leistungen sind relativ günstig. Verständlicherweise sind ausländische Waren im Verhältnis teuer.

Strassenverkehr: Ein grosses Problem für das Land ist die hohe Bevölkerungsdichte und der damit zusammenhängende Verkehr, und dies nicht nur in den Städten. Besonders die Motorräder mit ihrem meist schnellen Tempo und den häufigen Spurwechseln bilden eine latente Gefahr. Erfreulicherweise gibt es heute sehr viele Radfahrer. Ausser den Radkurieren sind diese Fahrten jedoch vor allem sportlicher Natur und nicht, wie in Europa immer häufiger, als Ersatz für die Fahrt mit dem Auto gedacht. Sehr erfreulich ist auch, die Tatsache, dass der Anteil von Frauen bei den Radfahrern recht hoch ist.
Kolumbien als Reiseland
Eine solche Reise, wie ich sie durchgeführt habe, würde ich niemandem empfehlen. Dazu bieten sich für Rucksacktouristen die Busse oder sonst die günstigen Flüge an. Die vielen traumhaften Strände sind ein grosses Plus. Dass dort die Preise etwas höher sind, ist verständlich.

Kolumbianische Frauen: Jeder Taxifahrer stellt bei einem Gespräch diese zwei Fragen:
Wie gefällt dir das Land? Wie gefallen dir die Frauen?
Dazu möchte ich sagen, dass mich viele aktive und selbstbewusste Frauen erstaunt und ich mich über ihre Selbstsicherheit und ihr Engagement gefreut habe. Dass es viele sehr hübsche Frauen gibt, ist unbestritten.

Umweltschutz und Landwirtschaft: Heute spricht man überall von Biodiversität. Es ist sehr erfreulich, dass diese vielerorts noch gelebt wird und nicht überall grosse Flächen in Monokultur angebaut werden. Trotzdem hat das Land noch einen weiten Weg vor sich. (Weitgehender Verzicht auf Spritzmittel, Vermeidung von Abfällen, Einstellung der Motoren…)

Fazit: Ich darf wunderschöne Erlebnisse und Erinnerungen wieder nach Hause nehmen und möchte mich für die Gastfreundschaft bedanken.

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