März 2022: Vier Wochen Kolumbien

Hier könnt Ihr Eure Reiseberichte & Erfahrungen veröffentlichen. Wenn einer eine Reise tut, dann kann er viel erzählen.

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Woyzeck
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März 2022: Vier Wochen Kolumbien

Beitrag von Woyzeck »

⇒ Letzter Beitrag der vorhergehenden Seite:

@Nube13
Habe hier gestern einen "Guanabanazo" getrunken, was eine Art Sorbet mit Guanábana-Stücken zu sein scheint. War okay aber hat mich jetzt nicht aus den Socken gehauen. Die Früchte waren übrigens köstlich, auch wenn ich mich leider bei keiner einzigen an den Namen erinnere... na gut, das oben links ist eine Birne, wie man sie auch in Europa kennt :p Oben rechts sind tomates de arbol die, wie man mir sagte, in erster Linie zu Saft gepresst werden, aber man kann sie auch einfach so essen. Der Geschmack erinnert überraschenderweise an Tomaten ;)
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Tenere-wue
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März 2022: Vier Wochen Kolumbien

Beitrag von Tenere-wue »

Uyyy, ich sehe Mangostino auf dem Bild. Die Früchte haben den Ruf die Libido anzuregen...
Nicht gewußt habe ich das auch Mate de Coca verkauft wird. Kenne ich so nur aus Peru, Bolivien und Argentinien.
Tomate de Arbol ist eher für einen Saft gedacht, kann man aber auch so essen.
Die Tüte links im Bild, was ist da drinnen ?
Interessant. Grüße
-vive tu sueno !

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Woyzeck
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März 2022: Vier Wochen Kolumbien

Beitrag von Woyzeck »

Naja, der Cocatee wird inzwischen sogar in Deutschland verkauft... hatte leider keine Möglichkeit, Wasser zu kochen, also hab ichs gekaut, was ein bisschen eklig war. Der Effekt war für ungefähr eine halbe Stunde angenehm und danach sehr sedierend. Den Tee und viele andere Produkte, die es in dem Laden gab habe ich später auch bei diversen Straßenverkäufern in Chapinero gesehen.

Das mit der Libido hat man mir gesagt, konnte mich blöderweise nicht mehr erinnern, welche der Früchte das war, wodurch der Placebo-Effekt ausgeblieben ist... aber gut, hätte mir in meinem einsamen Hotelzimmer eh nicht viel gebracht ;)

In der Tüte sind Platano-Chips, eigentlich auch nichts Spektakuläres. Kann man hier in jedem Supermarkt kaufen und teils auch in Deutschland in Asia-Läden.

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Woyzeck
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März 2022: Vier Wochen Kolumbien

Beitrag von Woyzeck »

Ich bin nun seit guten zwei Wochen in Bogotá. Das Goldmuseum und der botanische Garten sind meines Wissens die beiden Touri-Attraktionen, die mir noch fehlen, auch wenn der ganze Touri-Kram mich eigentlich von Anfang an nicht sonderlich gereizt hat. Mich interessieren hier vor allem die Einheimischen, ihre Mentalität und Lebensart. Glücklicherweise bin ich recht schnell mit ein paar Locals in Kontakt gekommen. Dennoch: Tinder-Dates oder ähnliches sind in letzter Zeit leider nicht mehr zustande gekommen und man kann sich auch nicht jeden Tag mit den gleichen Leuten zum Essen oder Spazierengehen treffen, so dass ich mich hier inzwischen ein wenig langweile.

Gestern bin ich in mein drittes Hotel in Chapinero umgezogen, das eine richtig ätzende Billigabsteige mit schmuddeligen Zimmern und miesem Wifi ist. Das Barrio gefällt mir auch nicht sonderlich, aber egal. Ich schlafe hier nur zwei Nächte, fahre dann mit dem Uber zu meinem Kumpel, übernachte auf dessen Sofa und am nächsten Tag fliegen wir nach Leticia am südlichsten Ende Kolumbiens, um dort in den Amazonas-Regenwald zu gehen. Die Planung ist momentan für meinen deutschen Geschmack noch etwas unkonkret, aber zumindest die Flüge sind gebucht und gegen Gelbfieber geimpft sind wir auch.

Es gibt hier scheinbar Einrichtungen, in denen alle möglichen medizinischen Dienstleistungen angeboten werden. Man zieht eine Nummer, sagt an einem Schalter, was man will, bezahlt den entsprechenden Betrag (sofern man keine Versicherung hat) und kann dann die entsprechende Dienstleistung in Anspruch nehmen. In meinem Fall war das die Gelbfieberimpfung, die um die 80 mil (ca. 20€) gekostet hat. Das Prozedere war ein bisschen kompliziert, weil meine deutsche Reisepassnummer für nicht funktioniert hat, um mich dort zu registrieren, aber wie auch alles andere in Kolumbien ließ sich diese bürokratische Hürde mit einer improvisierten Lösung (und dem Einsatz von Marlons Freundin, die das Reden übernommen hat) überwinden, so dass ich am Ende die Spritze bekommen hab und nun stolzer Inhaber eines kolumbianischen Impfpasses bin. Danach waren wir noch in einem "chinesischen" Restaurant essen, an dem vor allem die Dekoration chinesisch war aber sicherlich nicht das Essen... immerhin war es absurd billig und die Portionen waren gigantisch.

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Wir sind dann noch durch eine Art Schwulenviertel spaziert, angeblich das größte in Bogotá, wo aber dienstags nicht viel los war. Irgendwann kamen wir an zu einer Polizeiabsperrung, wo ein weißer Van stand und Typen in weißen Overalls, die sich an einer Leiche zu schaffen machten, die vor einem Haus lag. Die Leute standen herum und haben sich das angesehen wie eine seichte Abendunterhaltung. Auf Nachfrage stellte sich heraus, dass es sich bei dem Toten scheinbar um einen Obdachlosen handelte, dem jemand in den Kopf geschossen hatte. Für mich war das zugegebenermaßen eher interessant als erschreckend. Irgendwann wurde die Leiche in eine weiße Plane eingerollt, deren Enden mit Klebeband verschlossen wurden und wir sind gegangen. Ich meinte dann ironischerweise, dass es immerhin knappe zwei Wochen gedauert habe, bevor ich in Kolumbien so etwas sehe, woraufhin meine Begleiter mir versicherten, dass es ein Zufall war und sowas in Chapinero sehr selten passiere.
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Ernesto
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März 2022: Vier Wochen Kolumbien

Beitrag von Ernesto »

Nach meinem Kenntnisstand und wie du auch hier im Forum lesen kannst, ist die Gelbfieberimpfung für Touristen nach wie vor kostenlos.

Vacúnate gratis contra la fiebre amarilla en estos puntos https://bogota.gov.co/servicios/fiebre-amarilla-vacunate-gratis-en-estos-puntos.

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Woyzeck
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Beitrag von Woyzeck »

Oops. War dann in dem Fall wohl ein Fehler, den Ratschlägen meines Bekannten zu folgen und mich nicht selbstständig zu informieren ;)

€: Auf der von dir verlinkten Seite steht "La Secretaría de Salud, señaló que aunque todos los viajes terrestres y aéreos están prohibidos debido a la pandemia causada por el COVID-19, las personas que por algún tipo de emergencia humanitaria deben viajar, deben tener la vacuna contra la fiebre amarilla."

Klingt irgendwie nicht ganz aktuell... um einen humanitären Notfall, der meine Reise zwingend erforderlich macht handelt es sich eher nicht... aber vielleicht verstehe ich auch falsch, dass die kostenlose Impfung nur in diesem Zusammenhang möglich ist.
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Ernesto
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Beitrag von Ernesto »

Stimmt, ich sehe gerade, dass der Link etwas älter ist. Ändert aber nichts an der Tatsache, dass man sich kostenlos gegen Gelbfieber impfen lassen kann.
https://bogota.gov.co/mi-ciudad/salud/vacuna-de-la-fiebre-amarilla-es-gratis-en-bogota-donde-me-la-aplico
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Beitrag von Tenere-wue »

Und wie ging die Reise weiter? Warst du in Leticia?
-vive tu sueno !

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März 2022: Vier Wochen Kolumbien

Beitrag von Woyzeck »

Sorry, war recht beschäftigt und habe bis jetzt wenig Zeit und Inspiration zum Schreiben gefunden

Bin gestern in Medellín angekommen, um hier die letzte Woche meines Kolumbienaufenthalts zu verbringen, aber dazu später mehr.

Letzten Sonntag auf Montag habe ich in der Wohnung von Marlon und seiner Freundin Gloria übernachtet. Diese befindet sich in einer netten Gegend in Chapinero. Wir sind dann am Sonntag mit dem Taxi nach San Victorino gefahren, um dort billige Funktionsklamotten für den geplanten Dschungel-Trip zu besorgen. Es handelt sich scheinbar um eine eher "schlechte" Gegend, in der sich quasi ausschließlich Locals aus den unteren sozialen Schichten herumtreiben, Leute auf der Straße Kleber aus Plastiktüten inhalieren usw.

Marlon meinte, ich soll hier auf keinen Fall Papaya geben, weil der Risikofaktor, beklaut zu werden, bei 10/10 liege (Chapinero: 3/10). Wir sind dann in ein CC, wo man ohne Ende Fake-Markenklamotten kaufen konnte und haben uns im Freien bei diversen Straßenverkäufern umgesehen. Nachdem unsere Suche relativ lange erfolglos war, hat uns ein ñero angesprochen und in ein Geschäft geführt, wo sowas ähnliches wie Funktionskleidung verkauft wurde, die dem Anschein nach ungefähr aus dem gleichen Material bestand wie die recycelten Einkaufstüten bei Aldi, aber egal. Die Verkäuferin hat uns lustigerweise mit "mi amor" und "mi vida" angesprochen und Marlons Freundin "mami" genannt :lol: Haben dort dann langärmlige Hosen und Shirts gekauft, um uns im Regenwald vor Insektenstichen zu schützen.

Ich fand das alles recht spannend und konnte glücklicherweise auch ein paar schnelle Schnappschüsse machen, ohne dabei mein Celular einzubüßen ;)

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San Victorino, Bogota: Alles Gucci


Die Wohnung von Marlon und Gloria wird gerade zu einer Art Produktionsstätte für den geplanten Essenslieferdienst umfunktioniert und ist scheinbar seit Längerem ein extremes Chaos. Mit ein wenig deutscher Effizienz hätte man da auf einen halben Tag Ordnung reinbringen können, aber das geht mich nichts an und ich will hier auf keinen Fall dieser deutsche Vogel sein, der nach Kolumbien kommt, um sich drüber zu echauffieren, dass die Dinge hier nicht wie bei ihm zuhause laufen.

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Das zukünftige Food-Start-up.

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In die Löcher sollen irgendwann Pflanzen rein, die mit Aquariumwasser ernährt werden.

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Marlons Wintergarten mit schönem Ausblick auf Chapinero

Ein bisschen fassungslos war ich dann aber trotzdem, als wir Montagmorgen eine Dreiviertelstunde vor Abflug in Richtung Leticia immer noch in der Wohnung waren und Marlon seelenruhig angefangen hat, sich die Zähne zu putzen. Wir wollten zuerst mit dem Transmilenio fahren, was sich dann aber nicht ausgegangen ist, weil die beiden es eine halbe Stunde lang nicht aus dem Bett geschafft haben. Also haben wir ein Taxi gerufen. Ich bin dann mit Marlon runter und habe mich ins Taxi gesetzt, während er aus irgendeinem Grund nochmal zurück in die Wohnung ist, wo Gloria eine halbe Ewigkeit im Bad verplempert hat, während ich in meinem Dulli-Spanisch der Taxifahrerin erklären musste, warum wir nun seit einer Viertelstunde auf diese beiden Chaoten warten. Immerhin hat sies mit Humor genommen und meinte, das sei in Kolumbien halt so.

Wir sind dann ohne Witz 20 Minuten vor Abflug am Flughafen angekommen und meine Freunde waren zu diesem Zeitpunkt noch nichtmal eingecheckt, weil das per App aus irgendeinem Grund nicht funktioniert hat. Mich betraf das zwar nur indirekt, weil ich einen anderen Flug gebucht hatte, der erst anderthalb Stunden später ging, aber dann allein in Leticia zu stehen wäre dennoch ziemlicher Abturn gewesen. Nun gut, glücklicherweise sind wir in Kolumbien und es hat dann doch noch alles irgendwie geklappt.

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Deutsche Spießer warten am Gate auf den Flug nach Leticia

Den Rückflug hätten wir übrigens aus ähnlichen Gründen ebenfalls um ein Haar verpasst, während ich zwei Stunden vor Abflug immer wieder vergeblich versucht habe, sowas wie Aufbruchstimmung zu erzeugen. Als mein Handgepäck gecheckt wurde, war das Flugzeug bereits vollbesetzt und ich musste mich auf der Suche nach meinem Platz an der Stewardess vorbeidrücken, die gerade die Safety Instructions vorgetanzt hat. Megaunangenehm. Ich war ziemlich sauer auf meine nach wie vor tiefenentspannten Begleiter aber habe mir nichts anmerken lassen. Das aber nur am Rande.

Fortsetzung folgt.

Glboetrotter
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Beitrag von Glboetrotter »

Danke. Ziemliches Chaos deine Begleitung ... ob das mit deren Geschäftsplanung gut kommen wird?
Und wie war es in Leticia aktuell?
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Tenere-wue
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Beitrag von Tenere-wue »

Bienvenido en Locombia, so läuft das halt. Kenne ich... Ja und Leticia? Hast da mit Anacondas und monos gespielt?
-vive tu sueno !

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Woyzeck
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Beitrag von Woyzeck »

@Glboetrotter

Marlon gibt sich wie ein dynamischer Geschäftsmann, aber nachdem ich drei Tage bei denen gewohnt und mitbekommen habe, dass sie scheinbar jede Nacht bis 2 Uhr morgens Serien schauen, dann bis 10-11 Uhr pennen und sich nach dem almuerzo um 16 Uhr nochmal für zwei Stunden ins Bett legen, anstatt endlich mal den Dreck wegzuräumen, der auf dem Foto zu sehen ist, habe ich da so meine Zweifel... wünschen tu ichs ihnen trotzdem. Angeblich wollen sie in etwa einer Woche mit dem Marketing anfangen und die ersten Bestellungen abwickeln... bin gespannt.

---

Der Flug von Bogotá nach Leticia dauert etwa zwei Stunden, die sehr schnell vergehen, wenn man am Fensterplatz vor sich hindöst. Ungefähr zehn Minuten vor der Landung sieht man von oben den Regenwald, der einem endlosen Meer aus Bäumen gleicht. Das hat mich beeindruckt. Je weiter es dann in Richtung Leticia geht, desto öfter hat der Wald Lücken, die bewirtschaftet bzw. mit Häusern bebaut sind. In Leticia aus dem Flieger zu steigen kam mir vor, wie gegen eine Wand zu laufen. Das feuchtwarme Tropenklima bildet einen krassen Kontrast zum kühlen Bogotá. Am Flughafen muss man eine Tourismussteuer entrichten, die soweit ich mich erinnere bei 35 mil lag (ca. 8,4€). Am Ausgang wartet eine Horde Einheimischer, die einem Hotelzimmer und Touri-Programme andrehen und einem mit dem Moped nach Leticia transportieren wollen. Da ich wusste, dass Marlon sich bereits um diese Dinge gekümmert hatte bzw. noch kümmern würde, meinte ich nur "Gracias, tengo todo" und habe mich auf dem Weg in Richtung Leticia gemacht, das vom Flughafen aus zu Fuß in 10-15 Minuten erreichbar ist.

Marlon und Gloria waren etwa anderthalb Stunden vor mir angekommen, hatten bereits ein billiges Hotel ausfindig gemacht und warteten in einem Restaurant namens Viejo Tolima auf mich. Die exotische Atmosphäre, die tropische Vegetation und die vielen leichtbekleideten dunkelhäutigen Frauen (typischerweise auf dem Moped hinter ihren Freunden/Ehemännern sitzend) waren mir sofort sympathisch. Auf dem Weg zum Hotel kommt man an einer Kaserne oder einer Art Truppenübungsplatz der kolumbianischen Armee vorbei. Generell sieht man hier relativ viele bewaffnete Soldaten, da Leticia sich in einem Dreiländereck befindet (man nennt die Gegend auch "tres fronteras"). Peru und Brasilien sind von Leticia aus in wenigen Minuten zu erreichen.

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Auf dem Weg nach Leticia

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Erstmal eine erfrischende Inca Kola (peruanischer Softdrink)

Im Restaurant angekommen bestellte ich einen Hamburger de niño perdido (so nennen wir spaßeshalber Gerichte, die so billig sind, dass man lieber nicht wissen will, wo genau das Fleisch herkommt...) und einen köstlichen Saft aus einer einheimischen Frucht mit nussigem Geschmack, deren Name mir nicht mehr einfällt. In Leticia gibt es extrem viele Straßenhunde, die sich offenbar unkontrolliert fortpflanzen und deren Präsenz auch in Restaurants und Geschäften von den Einheimischen teilnahmslos hingenommen werden. Angeblich gab es hier vor ein paar Jahren ein vermeintliches Tierheim, wo diese Hunde unterkamen, bis sich herausstellte, dass die Hunde als Futter für Raubkatzen in einem Zoo genutzt wurden. Keine Ahnung ob das stimmt oder nur eine lokales Märchen ist, wie die Annahme, man würde schwul werden, wenn man eine Frucht namens Aguaje isst. Ich habs versucht und stehe immer noch auf Frauen ;)

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Anschließend haben wir versucht, einen günstigen Tourguide zu finden und mehrere Angebote eingeholt. Dabei hat praktischerweise Marlon das Reden übernommen. Ich habe nicht allzu viel verstanden, aber am Ende hatten wir einen Einheimischen, der uns zu einem Park gebracht hat, wo in der Abenddämmerung extrem viele kleine Papageien herumfliegen und unfassbaren Lärm machen. Die zahlreich anwesenden Locals waren davon logischerweise völlig unbeeindruckt und Touris waren glücklicherweise nicht allzu viele vertreten, da wir uns außerhalb der Touri-Saison befinden. Anschließend sind wir mit einem Tuk-Tuk ziemlich weit in die Peripherie gefahren, um eine Nachtwanderung durch den Regenwald zu machen.

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Anfangs begegneten wir im Dschungel ein paar Soldaten, danach kamen wir zu einer großen Holzhütte, wo wir auf Baumstämmen Platz nahmen und ein Indigener uns eine philosophisch wirkende Geschichte erzählt hat, an deren Inhalt ich mich nicht genau erinnere, zum einen, weil mein spanisches Hörverständnis immer noch ziemlich zu wünschen übrig lässt und zum anderen, weil das Ganze mir wie ein Schmierentheater vorkam, das täglich mehrfach vor diversen Tourigruppen aufgeführt wird. Irgendwie ging es auf jeden Fall auch um die rituelle Bedeutung und Nutzung des Kokablattes. Der Kollege hatte einen Beutel mit staubigem Zeug, das scheinbar gemahlenes Kokablatt war und hat sich davon einen gehäuften Esslöffel genehmigt. Wir durften nur den Finger reinstecken und ablecken. Der spirituelle Effekt ist leider ausgeblieben und als er gefragt hat, ob jemand noch was will, habe ich aus Höflichkeit verneint, weil ich scheinbar der einzige war, der der Sache gerne weiter auf den Grund gegangen wäre. Wie auch immer.

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Wir verabschiedeten uns und machten uns mit Taschenlampen auf den Weg in den Dschungel. Gesehen hat man dabei in erster Linie schlammigen Boden, ein paar Taranteln, Frösche, Heuschrecken und Pflanzen, die im Dunkeln leuchten. Das war ganz nett, hat mich aber nicht sonderlich beeindruckt, auch weil ich schon recht müde war und dringend aufs Klo musste. Kostenpunkt für dieses Programm waren glaube ich 80 mil oder so (knappe 20 €). Danach aßen wir noch in einem Restaurant den obligatorischen pollo asado, wobei ich einem Straßenhund die Reste auf den Boden geworfen habe, was den Restaurantleuten glaube ich nicht so gefallen hat. Der Hund ist uns dann bis zum Hotel (casa blanca) hinterhergelaufen und saß am nächsten Morgen immer noch vor der Tür. Hätte ihn am liebsten mitgenommen, was aber leider keine Option war.

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Unser Hotel war ziemlich 3.-Welt-Style mit ungefähr sechs Betten im Zimmer, von denen wir nur zwei genutzt haben. Bezahlt wurde erst beim Check-out und alles lief extrem formlos. Die Dusche war ein Plastikrohr, das oben aus der Wand stand, auf dem Fensterbrett lag ein toter Gecko und das Internet hat ungefähr 5 Minuten pro Stunde kurz funktioniert, was ein wenig frustrierend war. Stromausfälle gab es hier und da auch, was vor allem dahingehend nervig war, dass die Ventilatoren im Zimmer dann nicht funktioniert haben und man sich morgens beim Aufstehen fühlte wie ein im eigenen Saft schmorender pollo asado.

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Fortsetzung folgt.

zuzzuz
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März 2022: Vier Wochen Kolumbien

Beitrag von zuzzuz »

Deine Freundin Caro hast du aufgegeben? Nach meiner Erfahrung sind Kolumbianer entweder extrem spät oder früh. Meine Frau läuft auch einfach raus um den Bus zu nehmen. Ich warte lieber im trochenem und warmen Haus. Die haben anscheinend nicht so ein Gefühl für Zeit wie wir. Aber dafür mehr Gefühl in anderen Dingen.
Leticia hört sich immer wieder spannend an, meiner Frau ist es leider zu riskant.

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Woyzeck
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Beitrag von Woyzeck »

@zuzzuz:

Mehr oder weniger. Wir sind noch in Kontakt aber nachdem ich nun seit knappen vier Wochen in Kolumbien bin und wir uns in dieser Zeit nur einmal gesehen haben obwohl ich über zwei Wochen in Bogotá war und ihr mehrfach Treffen vorgeschlagen habe, ist das Thema für mich gegessen. Solche "Freunde" braucht niemand, und so eine Frau schon gar nicht.

Was genau findet deine Frau an Leticia riskant? Ich habe mich noch nirgends in Kolumbien so sicher gefühlt wie dort. Leticia ist ein Kaff mit ca. 40.000 Einwohnern (die meisten davon in der Peripherie), das nahezu ausschließlich vom Tourismus lebt. Die Stimmung und die Menschen sind megaentspannt. Die Restaurants haben um 22 Uhr noch geöffnet und man kann um diese Uhrzeit auch mit dem Smartphone in der Hand auf der Straße rumlaufen. Das Gefährlichste dort dürften die giftigen Spinnen im Regenwald sein, aber nicht mal damit wirst du als Touri wirklich Kontakt haben, weil du sowieso nur in Gebiete kommst, die täglich von Touristengruppen durchquert werden und entsprechend sicher sind.
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CaribicStefan
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März 2022: Vier Wochen Kolumbien

Beitrag von CaribicStefan »

Und als großes Highlite gibt es auf der brasilanischen Seite in Tabatinga, hinter dem dortigen Flughafen, jeden Abend Caipis & Musik zum Sundowner am Amazonas...

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https://www.youtube.com/watch?v=GJm7H9IP5SU

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März 2022: Vier Wochen Kolumbien

Beitrag von Woyzeck »

Danke für die ergänzenden Fotos @CaribicStefan
Dort war ich auch, kommt im Reisebericht aber erst später ;)

Für den nächsten Tag waren wir für 7 Uhr morgens mit unserem Tourguide verabredet. Als pflichtbewusster Deutscher hatte ich mir natürlich den Wecker auf 6:20 Uhr gestellt, damit ich bzw. wir um 7 Uhr startklar sind. Als der Wecker dann geklingelt hat und ich bemerkt habe, dass Marlon und Gloria keinerlei Anstalten machen, sich aus dem Bett zu erheben, hab ich mich dann auch einfach wieder hingelegt, da ich in der Hitze kaum schlafen konnte und ziemlich übermüdet war. Unser Tourguide stand um Punkt 7 Uhr vor unserer Ho(s)telzimmertür, um uns und die Gummistiefel abzuholen, die wir uns am Vortag für die Nachtwanderung im Regenwald ausgeliehen hatten. Wir lagen natürlich im Bett. Marlon hat dann kurz mit ihm gequatscht und er ist mit den Gummistiefeln abgezogen. Der neue Termin für unseren Tourstart war 7:40 Uhr.

Irgendwann gegen 7:20 Uhr haben meine beiden Begleiter es dann aus dem Bett geschafft. Gloria ist ins Bad und ich bin mit Marlon in Richtung Ortsmitte, wo unser Tourguide in seinem Büro auf uns gewartet hat. Wir hatten noch nicht gefrühstückt und dann in einem Restaurant auf der anderen Straßenseite noch "schnell" Saft, Kaffee und Rührei mit Arepas bestellt. Das hat natürlich alles eine halbe Ewigkeit gedauert und Gloria war nach wie vor im Hotel. Irgendwann ist Marlon dann zurückgegangen, um sie zu holen. Ich habe in der Zwischenzeit das Frühstück runtergeschlungen. Nach ungefähr zehn Minuten kam der Tourguide und hat mich gefragt, wo Marlon sei, denn die anderen Touris wären bereits startklar und würden auf uns warten. Ich habe versucht, ihn anzurufen, aber er ist nicht rangegangen. Nach weiteren fünf bis zehn Minuten sind sie dann endlich aufgetaucht und wir haben uns auf den Weg zum "Hafen" gemacht (im Prinzip nur eine Plattform auf dem Wasser, wo ein paar kleine Boote anlegen), wo sie dann nochmal ewig rumgetrödelt haben... der Tourguide war zum Glück ein tiefenentspannter Indigener, der das zwar offenbar komisch fand, aber sich nicht wirklich drüber aufgeregt hat.

Am Hafen angekommen hatten wir dann plötzlich aus einem mir unbekannten Grund doch noch 20 Minuten Zeit, um herumzusitzen und Kaffee zu trinken. Anschließend hat unser Guide uns durch das örtliche Plaza (d. h. Markt) geführt, wo allerlei exotische Früchte, Fisch und andere ortstypische Produkte im Angebot waren.

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Dann sind wir in ein Boot gestiegen, wo außer uns nur zwei Tschechen waren, die eine kolumbianische Übersetzerin dabei hatten. Alles in allem eine recht entspannte Konstellation, wenn man bedenkt, dass Touris dort oftmals in 10er oder gar 20er-Gruppen auf dem Amazonas rumgekarrt werden. Wir sind dann ziemlich lange auf dem Amazonas herumgefahren, haben dabei die Grenze in Richtung Peru überquert und uns einen Ort Namens Islandia zu Gemüte geführt.

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Danach sind wir an einen Ort gefahren, wo Touristen Fotos mit Affen (micos) machen können, man ein Faultier beim Klettern auf einem Zitronenbaum beobachten kann und in einem Teich ein Pirarucu herumschwimmt, der nach Fischen schnappt, die man ins Wasser wirft. Ich weiß nicht mehr, ob das noch in Peru oder schon wieder in Kolumbien war. Anschließend haben wir noch woanders ein All-you-can-eat Buffet bekommen, sind ein bisschen mit dem Ruderboot auf einem See herumgefahren und haben uns dann zu viert wieder in Richtung Leticia aufgemacht, da die Tschechen offenbar eine mehrtätige Tour gebucht hatten, in der eine Übernachtung an dem Ort enthalten war, wo wir nur zum Essen waren.

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Die Tour hat einen ganzen Tag gedauert, war eine nette Erfahrung aber irgendwie auch etwas enttäuschend, weil sehr durchgetaktet, vorhersehbar und auf die langweiligen Bedürfnisse von Standardtouristen ausgerichtet. Ich hatte mir den Aufenthalt im Regenwald irgendwie abenteuerlicher vorgestellt.
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