Ich bin wieder zurück in Deutschland und habe eigentlich keine Lust mehr, hier noch ausführlich weiter zu berichten, da ich den Eindruck habe, mir diesen Aufwand größtenteils für komplexbeladene Nörgler und frustrierte Typen zu machen, die nicht akzeptieren können, dass es Menschen gibt, die anders denken und anders Urlaub machen als sie oder Dinge aus einer anderen Perspektive sehen.
Wie auch immer, hier die Kurzversion des restlichen Aufenthalts, um die Sache zum Abschluss zu bringen:
Am dritten Tag in Leticia wollten wir eigentlich nach Puerto Nariño, was aber aus zwei Gründen gescheitert ist:
Zum einen sind meine Freunde wieder eine halbe Stunde zu lange im Bett liegen geblieben und zum anderen wurde die Tour erst ab einer Teilnehmeranzahl von zehn Personen (soweit ich mich erinnere) angeboten. Wir befanden uns außerhalb der Urlaubssaison, weshalb relativ wenige Touris in Leticia waren und es wahrscheinlich sowieso nicht geklappt hätte. Wie auch immer. Wir haben dann spontan umgeplant und sind mit unserem Tourguide auf dem Amazonas zu irgendeinem relativ unspektakulären Indigenen-Reservat gefahren, wo man mit dem Ruderboot auf einem Teich rumfahren und Piranhas füttern konnte, um anschließend Cracker zu kaufen, mit denen man wiederum Papageien füttern konnte.
Nachmittags waren wir dann noch in einer Art Dschungel-Kletterwald, der ungefähr 15-20 Tuktuk-Minuten vom Zentrum von Leticia entfernt war. Dort bekam man gegen eine Gebühr einen Klettergurt verpasst und musste sich an einem Seil auf einen 30 Meter hohen Baum ziehen, um in dieser Höhe dann auf irgendwelchen Strickleitern und schmalen Brettern etc. von einem Baum zum anderen zu laufen. Die beiden Jungs, die uns dabei betreut haben, waren überaus sympathisch, aber unterm Strich fand ichs trotzdem irgendwie blöd. Außerdem hatte ich keine Lust mehr, bei der Hitze mit langer Hose und langärmeligem Oberteil herumzulaufen und wurde von den Moskitos entsprechend hart abgestraft, aber immerhin scheine ich mir keine Krankheit eingefangen zu haben. Im Rahmen dieser Aktion entstanden Fotos und Videos, die der Öffentlichkeit allerdings vorenthalten bleiben, da ich beim Klettern im Regenwald leider nicht so ganz die sportlich-dynamische Figur gemacht habe, die nötig gewesen wäre, um damit hausieren zu gehen
Am letzten Tag mussten wir gegen 13 Uhr am Flughafen sein. Wir haben trotzdem vormittags noch einen "kurzen" Ausflug nach Tabatinga/Brasilien gemacht, uns dort den Flughafen, einen kleinen Zoo, den Hafen angesehen sowie in einem Souvenirladen und einer Drogerie Dinge gekauft. Das war recht interessant und schön, auch wenn ich mir etwas blöd vorgekommen bin, da ich auf Portugiesisch an der Supermarktkasse nicht mal "Hallo, Danke und Tschüß" sagen kann.
In dem Souvenirladen haben wir bzw. meine Freunde sehr viel Zeit verplempert. Das war ungefähr zwei Stunden vor Abflug. Ich meinte wiederholt "Ähm... wir sollten uns langsam mal auf den Weg machen, sonst wird das wieder Megastress...", aber stieß damit wie immer auf taube Ohren.
So ungefähr eine dreiviertel Stunde vor Abflug sind wir dann endlich losgefahren. Auf halbem Weg sind wir nochmal stehen geblieben und ich fragte Marlon, was das nun soll. Und er meinte, wir wollten doch noch irgend so ein Coca-Eis probieren und hat sich dann allen Ernstes in Richtung einer Eisdiele bewegt, während das Boarding für meinen Flug bereits begonnen hatte. Ich dachte, er will mich verarschen und meinte dann sinngemäß "Junge, wir haben noch 20 Minuten... wenn ich diesen verdammten Flug verpasse krieg ich die Krise..." Hat er zum Glück eingesehen, wenn auch ohne die geringsten Anzeichen von Eile oder Problembewusstsein. Wir sind dann ungefähr 10 Minuten vor Abflug am Flughafen eingetroffen. Ich hatte keine Ahnung, wohin ich zum Handgepäckcheck musste und wo mein Gate war. Habe dann an einem Infoschalter gefragt und die Dame zeigte nur in eine Richtung und meinte "Corra! Corra!"... entspannteste Flughafenerfahrung ever... nicht.
In Brasilien
Der nutzloseste Flughafen der Welt... außer vielleicht für die Narcotraficantes, die die Avionetas benutzen, die da rumstehen.
Für mich war es sehr angenehm, wieder in Bogotá zu sein, nicht mehr schwitzen und keinen repelente mehr benutzen zu müssen. Ich habe dann noch ein oder zweimal bei Marlon übernachtet und bin nach Medellín geflogen und vom dortigen Flughafen aus für 13 mil mit einem Bus in die Stadt gefahren. Dort wurde ich in einer relativ unschönen Gegend abgesetzt. Habe mich dann in irgendeine Ecke verzogen, um nicht Papaya zu geben und kurz auf dem Smartphone gecheckt, wie weit ich von meinem Hotel entfernt bin. Es waren nur 1,5 Kilometer, also bin ich zu Fuß losgegangen. Auf der Straße waren recht viele Obdachlose, Paintsniffer und ñeros, die mich interessiert begutachteten und ich dachte mir "Scheiße, wo bin ich hier gelandet?", dann hat eine Frau mich angesprochen und gefragt, wo ich hin will. Ich war angesichts der Rahmenbedingungen ein wenig im Abwehrmodus und meinte nur, ohne stehenzubleiben "A mi hotel, está cerca, muchas gracias!", wobei sie dann fast die ganze Strecke vor mir gegangen ist und mir offensichtlich tatsächlich helfen wollte... peinlich.
Das Hotel war war spottbillig und entsprechend schmucklos, mit Fenster in Richtung Treppenhaus und in einer ziemlich heruntergekommenen Gegend, einen guten Kilometer vom Plaza Botero entfernt. Bin dann ein wenig in meinem neuen Barrio herumgelaufen und es hat mir eigentlich doch ganz gut gefallen, obwohl oder gerade weil ich der einzige Ausländer weit und breit war. Die Leute haben mir keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt und die Atmosphäre war sehr entspannt.
Da ich in Medellín leider niemanden kannte und auch der Versuch fehlschlug, kurzfristig ein Treffen mit einer Pornochat-Bekannten zu arrangieren, mit der ich schon länger nicht mehr geschrieben hatte, war ich in Medellín mehr oder weniger auf mich allein gestellt. Ich bin dann am zweiten Tag mit dem Taxi zum Parque Lleras gefahren, der sich gerade in remodelación befindet. Die Gegend um den Parque Lleras fand ich ziemlich uninteressant, da sie offensichtlich auf zahlungskräftige Sex- und Partytouristen ausgerichtet ist. Die Gesellschaft jener Touristen ist mir glücklicherweise weitgehend erspart geblieben, da ich mich dort um etwa 13 Uhr an einem Werktag aufgehalten habe. Ich bin dann von dort zuerst durch El Poblado und dann ein paar Kilometer mehr oder weniger ziellos durch die Stadt gelaufen, bis ich irgendwann in einer Gegend war, wo nur Autohäuser und andere langweilige Sachen waren. Dort habe ich dann per Cabify ein Taxi gerufen, das mich etwa drei Kilometer zum Plaza Botero gefahren hat. Die schmuddelige Atmosphäre mit abgehalfterten Straßenprostituierten und unzähligen Verkaufsständen mit Fake-Klamotten hat mir gefallen.
Döner in Medellín... der Inhalt war tatsächlich halbwegs authentisch, das "Brot" hingegen naja... mit der kolumbianischen Definition von Brot hab ich generell so meine Probleme, aber gut, nicht alles kann dort besser laufen wie in Deutschland...
Gegend um den Parque Lleras
Irgendwann meinte jemand im Vorbeigehen, ob ich Koks will, was ich bejahte. Habe dann zwei Tütchen mit einem Inhalt von jeweils angeblich einem Gramm (dürfte weniger gewesen sein) für 20 mil erworben. Das Zeug war ungefähr zu 50% mit Laktose gestreckt, was angesichts der Umstände, unter denen der Kauf zustandegekommen ist, zu erwarten war, aber gut... bei dem Preis darf man sich nicht beschweren. Habe mir das dann im Hotelzimmer an einem Abend reingelötet und mich im Anschluss ziemlich schlecht gefühlt, woraufhin das Thema für mich erledigt war.
Plaza Botero
Ansonsten ist in der Woche tatsächlich nicht viel passiert. Ich hatte keine Lust, mir Guatapé oder sonstige Touristenziele allein anzuschauen und bin meist einfach zu Fuß durch die Stadt gelaufen. Habe mir dann eine Karte für die Metro besorgt, bin zur Station Acevedo, von dort mit der Metrocable Linie K bis zur Endstation Santo Domingo Savio und dann mit der Linie L(?) weiter zum Parque Arví gefahren. Man hat von der Seilbahn aus einen schönen Ausblick über Medellín und die informellen Siedlungen am Stadtrand. Ich hatte das Glück, allein in der Kabine zu sein und hemmungslos Glotzen und Fotos machen zu können. Da es schon 17 Uhr und das Wetter recht regnerisch war, bin ich am Parque Arví nicht ausgestiegen sondern einfach sitzen geblieben und wieder zurückgefahren.
Insgesamt hat mir Medellín sehr gefallen. Die Menschen sind supernett und kontaktfreudig (wobei das eigentlich meiner Erfahrung nach überall in Kolumbien so war...). In dieser Stadt liegt irgendwie eine gute Laune in der Luft, die sofort auf einen übergeht, wenn man sich im öffentlichen Raum bewegt. Trotzdem fand ich es nicht so eklatant schöner, besser oder spannender als z. B. Bogotá, auch wenn viele Leute mir das prophezeit hatten. Hatte aber sicher auch damit zu tun, dass ich in Medellín allein unterwegs war und entsprechend nicht so die interessanten Erfahrungen gemacht habe, die ich gemacht hätte, wenn ich dort mit Locals unterwegs gewesen wäre.
Ich bin dann von Medellín aus zurück nach Bogotá und habe noch einmal bei Marlon übernachtet. Da mein Abflug am nächsten Tag erst um 23:55 Uhr war, haben wir vormittags noch ein Auto gemietet (für welches ich als "Hauptmieter" eingetragen war, weil es scheinbar einen Rabatt für Ausländer gab... Führerschein wollten sie nicht sehen
) und sind nach Ráquira gefahren. Das ist ein Ort, der knappe 200 Kilometer nördlich von Bogotá liegt und im Prinzip nur aus ein paar Restaurants und Souvenirläden besteht, in denen es größtenteils den gleichen Kram gibt wie in allen anderen Souvenirläden die ich in Kolumbien gesehen habe. Ich fand das alles ziemlich unspektakulär und habe mich ein bisschen darüber geärgert, dass ich deswegen fast meinen Rückflug nach Deutschland verpasst hätte, weil auf dem Rückweg nach Bogotá Megastau war und wir für die Strecke über vier Stunden gebraucht haben... bin dann ungefähr 90 Minuten vor Abflug am Flughafen angekommen und alles hat problemlos geklappt, auch wenn der Gedanke an die Rückkehr nach Deutschland mich extrem frustriert hat.
Alles in allem lässt sich sagen, dass ich in Kolumbien eine unglaublich gute Zeit hatte und das Land bzw. der Aufenthalt dort meine Erwartungen weit übertroffen hat. Werde demnächst einen Flug für Ende November buchen und mich dann per Touristenvisum für mind. drei Monate in einem Airbnb in Bogotá einmieten.