Merz ist Kanzler – Aufbruch oder Abstieg?

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Eisbaer
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Merz ist Kanzler – Aufbruch oder Abstieg?

Beitrag von Eisbaer »

Friedrich Merz hat es im zweiten Anlauf geschafft und wurde nun offiziell zum Bundeskanzler gewählt. Ein Ereignis, das viele Meinungen spalten dürfte. Hier im Forum gab es doch immer wieder laute Stimmen gegen Angela Merkel – von „alternativloser Politik“ bis „sozialdemokratischer CDU-Verwässerung“ war alles dabei.

Was sagt ihr nun zum neuen Kanzler? Merz steht für einen klar konservativen Kurs, wirtschaftsliberale Ansätze und einen deutlich schärferen Ton in gesellschaftlichen Debatten. Wird jetzt alles besser? Oder erleben wir gerade die Amerikanisierung der deutschen Politik, mit Polarisierung, Machtinszenierung und Kulturkämpfen auf allen Ebenen?

Wie seht ihr das – echte Weichenstellung oder alter Wein in neuen Schläuchen?
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Nasar
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Merz ist Kanzler – Aufbruch oder Abstieg?

Beitrag von Nasar »

Ah, jetzt kimmt endlich a gscheide Diskussion auf! :klat:

I sog’s glei: Für mi war’s scho immer klor, dass bloß oaner des Kanzleramt g’hätt wirklich mit Leben füll’n könna – und des war unser legendärer Franz Josef Strauß! Mei, des war a Bursch, de hoaßt, de hätt net lang g’fackelt, sondern mit demselben Elan Bayern regiert, wie a Löwe sein Rudel zamhoid!

Stell da des amoi vor: Kanzler Strauß tritt in Berlin auf, setzt sich an den Verhandlungstisch und sogt erst moi in seinem unnachahmlichen Ton: „I sog eich, mia mach’n des jetzt gscheid oder mia lass’n’s bleib’n!“ Und wenn dann irgendwer von diese Bürokraten wieder g’moant hätt, er müsst mit a bisserl G’schäftlerei daherkommen, hätt da Franz Josef bloß sei berühmtes Strauß’sches Schnauben losg’lass’n und dann wär sofort kloar g’wesen, dass er sich net mit irgend am G’schmarri aufhält!

Und erst die Wirtschaftspolitik! Da hätt’ er net lang rumdruckst, sondern g’socht: „Ma braucht Fleiß, ma braucht Ideen, und des Wichtigste: Ma braucht no an gscheide Maß Bier!“

Aber, mei, die Zeiten san anders word’n. Jetzt gibt’s Debatten, Kulturkämpfe und Marketingstrategien, statt dass einfach jemand durchs Regieren beweist, dass er an Plan hat. Ob mit Merz jetzt alles besser wird oder bloß a bisserl anders – des werd ma sehn. Owa i kann eich eins versprech’n: Mit’m Franz Josef wär des net bloß a Diskussion g’wesen, sondern a Entscheidung, und de hätt net lang braucht!

Also, Prost, auf die guten oid’n Zeiten und a bissl Schmarr’n in der Politik!
Fünf sind geladen, zehn sind gekommen, gieß Wasser zur Suppe, heiß alle willkommen.

Dolfi
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Merz ist Kanzler – Aufbruch oder Abstieg?

Beitrag von Dolfi »

Dadurch, dass die AfD zum rechtsradikalen Paria erklärt wurde, mit dem niemand Kontakt haben sollte, kann es praktisch nur noch linke Mehrheiten geben in Deutschland (dabei kommen die linken Parteien nur auf etwa 40%). CDU um die 30%, da braucht man einen Koalitionspartner, zur Auswahl stehen SPD, Grüne, BSW und Linke. Die FDP ist rausgeflogen (ich habe FDP gewählt bei der letzten Wahl, leider umsonst). Die SPD hat mit ihren 16% genau so viele Minister in der neuen Regierung wie die CDU mit 28%, was soll das?

Die AfD wird weiter wachsen, weshalb man versuchen wird, sie zu verbieten. Ich weiß nicht wohin das führen soll.
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Bogotano
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Merz ist Kanzler – Aufbruch oder Abstieg?

Beitrag von Bogotano »

Deine Einschätzung bringt viele aktuelle Spannungen gut auf den Punkt.
Die Frage nach fairer Machtverteilung in Koalitionen ist nachvollziehbar – aber im parlamentarischen System hängt vieles eben auch von Verhandlungsergebnissen ab.

Was den Umgang mit der AfD betrifft, ist die Lage kompliziert: Die Brandmauer sehen viele als Schutz demokratischer Werte, andere als Ausgrenzung. Ein Verbot wäre allerdings ein sehr weitreichender Schritt mit hohen rechtlichen Hürden.

Vielleicht fehlt es derzeit an politischen Angeboten, die die Mitte wieder stärker ansprechen.
Wie könnte man Unzufriedenheit auffangen, ohne die Ränder zu stärken?

Dolfi
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Merz ist Kanzler – Aufbruch oder Abstieg?

Beitrag von Dolfi »

Ich bin alt genug um mich nopch an die Anfänge der Grünen zu erinnern. Was hat die CDU gezetert, als die SPD anfing, mit denen zu kooperieren, vom "Rot-grünen Chaos" war die Rede. Heute koaliert die CDU selber mit den Grünen in mehreren Bundesländern.

Wenn die CDU schlau wäre, würde sie sich mit der AfD zusammen setzen und verhandeln. Und dann Bedingungen stellen für eine Zusammenarbeit, etwa: Höcke und Krah und ähnliche Verrückte fliegen raus, und die Ukraine wird weiter unterstützt gegen Russland. Und wenn die AfD dann nein sagt, ist ihr Höhenflug vorbei.

Warum macht man sowas nicht?
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Bogotano
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Beitrag von Bogotano »

Ich finde den Vergleich mit den Grünen durchaus nachvollziehbar. Auch bei ihnen hieß es damals, sie seien nicht regierungsfähig, und viele haben sich aufgeregt, als die SPD erste Schritte zur Zusammenarbeit gemacht hat. Heute koaliert sogar die CDU mit den Grünen – ein Zeichen dafür, wie sich politische Realitäten verschieben können.

Bei der AfD liegt die Sache für mich aber doch anders. Die Beobachtung durch den Verfassungsschutz, gewisse radikale Aussagen und Figuren wie Höcke oder Krah werfen schon ernsthafte Fragen auf, ob eine Zusammenarbeit mit dieser Partei überhaupt verantwortbar wäre.

Dein Gedanke, die CDU könnte Bedingungen stellen und der AfD den Ball zuspielen – nach dem Motto: „Wenn ihr ernst genommen werden wollt, dann zeigt, dass ihr euch bewegen könnt“ – hat aus strategischer Sicht sicher einen gewissen Reiz. Vielleicht könnte das tatsächlich klären, ob sie regierungsfähig sind oder nicht. Gleichzeitig frage ich mich, ob man damit nicht auch eine gefährliche Grenze verschieben würde, die bisher bewusst gezogen wurde.

Mir ist wichtig, dass wir bei aller Kritik an den bestehenden Parteien nicht die demokratische Grundordnung aufs Spiel setzen. Aber ich sehe auch, dass viele sich gerade politisch heimatlos fühlen.

Wie geht man also damit um, ohne das System zu beschädigen – aber auch ohne einfach so weiterzumachen wie bisher? Schwierige Frage ...

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