Wie alle die hier mitgelesen haben wissen, wurde gestern Kolumbiens ehemaliger Präsident Álvaro Uribe Vélez in einem aufsehenerregenden Verfahren wegen Prozessbetrugs und Zeugenbestechung schuldig gesprochen. Das Urteil, das Richterin Sandra Liliana Heredia in Bogotá verkündete, erschüttert nicht nur die politische Landschaft des Landes, sondern hat auch juristische Folgen: Die Wiederaufnahme der Ermittlungen zu mutmaßlichen
Gewaltverbrechen während Uribes Amtszeit ist nun möglich.
Die Richterin stellte klar, dass die Beeinflussung von Zeug:innen durch Mittelsmänner nachweislich stattgefunden hat. Besonders brisant: Die betroffenen Zeug:innen hatten zuvor belastende Aussagen zu Uribes mutmaßlichen Verbindungen zu paramilitärischen Gruppen gemacht – ein Thema, das seit Jahren die kolumbianische Öffentlichkeit beschäftigt.
Zwischen 2002 und 2010, während Uribes Präsidentschaft, wurden tausende Zivilpersonen Opfer extralegaler Hinrichtungen durch die Armee – bekannt als
falsos positivos. Menschenrechtsorganisationen werfen Uribe vor, diese Praxis zumindest geduldet zu haben. Auch seine angebliche Unterstützung paramilitärischer Strukturen steht seit Langem im Fokus kritischer Stimmen.
Mit dem aktuellen Urteil ist Uribes Glaubwürdigkeit massiv beschädigt. Juristisch bedeutet das: Die ursprünglichen Ermittlungen zu Gewaltverbrechen können wieder aufgenommen werden – ein Schritt, den viele Opferverbände und Menschenrechtsgruppen seit Jahren fordern.
Die Reaktionen im Land sind gespalten. Während Unterstützer:innen Uribes von politischer Verfolgung sprechen, feiern Kritiker:innen das Urteil als Meilenstein für die kolumbianische Justiz. Präsident Gustavo Petro betonte die Unabhängigkeit der Gerichte und kündigte Schutzmaßnahmen für die Richterin an, die bereits während der Urteilsverkündung Drohungen erhielt.
Laut aktuellen Berichten wird erwartet, dass Uribes Verteidigung Berufung einlegt. Damit ginge der Fall in die zweite Instanz, das Tribunal Superior de Bogotá. Dieses muss bis spätestens Mitte Oktober 2025 eine Entscheidung treffen. Sollte bis dahin kein Urteil erfolgen, droht eine Verjährung – Beobachter:innen vermuten, dass dies Teil der Verteidigungsstrategie sein könnte, um eine Einstellung des Verfahrens zu erreichen.