Álvaro Uribe Vélez – Ein Leben zwischen Macht und Kontroversen

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Eisbaer
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Álvaro Uribe Vélez – Ein Leben zwischen Macht und Kontroversen

Beitrag von Eisbaer »

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Quelle: Centro Democrático

Álvaro Uribe Vélez wurde am 4. Juli 1952 in Medellín geboren und entstammt einer wohlhabenden Familie von Viehzüchtern und Unternehmern. Sein Vater, Alberto Uribe Sierra, kam 1983 unter bis heute umstrittenen Umständen ums Leben – laut Uribe durch die Guerillagruppe FARC, als er sich einer Entführung widersetzte.

Uribe studierte Rechts- und Politikwissenschaften an der Universidad de Antioquia und absolvierte spätere Weiterbildungen an der Harvard University sowie am St Antony’s College in Oxford.

Sein politischer Werdegang begann früh: Er war unter anderem Direktor der kolumbianischen Luftfahrtbehörde, Bürgermeister von Medellín (1982), Senator (1986–1994) und Gouverneur von Antioquia (1995–1997). In Antioquia förderte er die Gründung der „Convivir“-Milizen, die später mit paramilitärischen Gruppen in Verbindung gebracht wurden und wegen Menschenrechtsverletzungen kritisiert wurden.

Im Jahr 2002 wurde Uribe als unabhängiger Kandidat zum Präsidenten Kolumbiens gewählt und 2006 im Amt bestätigt. Seine Amtszeit war geprägt von einer rigorosen Sicherheitspolitik gegen Guerillagruppen wie FARC und ELN. Unter seiner Führung wurden Armeeoperationen ausgeweitet, Rebellen getötet oder gefangen genommen – auch die spektakuläre Befreiung von Geiseln wie Íngrid Betancourt fällt in diese Zeit.

Als enger Verbündeter der USA unterstützte Uribe den „Plan Colombia“, ein milliardenschweres Programm zur Bekämpfung von Drogenhandel und bewaffneten Gruppen. Obwohl seine Politik im Inland breite Zustimmung fand, geriet sie international zunehmend in die Kritik – vor allem wegen seiner Nähe zu paramilitärischen Akteuren und dem Skandal um die sogenannten „Falsos Positivos“, bei denen Zivilpersonen fälschlich als gefallene Guerilleros ausgegeben wurden.

Nach dem Ende seiner Präsidentschaft gründete Uribe 2013 die konservative Partei „Centro Democrático“ und wurde 2014 erneut zum Senator gewählt. Er blieb eine prägende Figur der kolumbianischen Politik und führte die Opposition gegen den Friedensprozess mit der FARC unter seinem Nachfolger Juan Manuel Santos. 2020 legte er sein Mandat nieder, nachdem ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet wurde.

Im Juli 2025 wurde Uribe in einem langjährigen Gerichtsverfahren wegen Zeugenbestechung und Prozessbetrugs schuldig gesprochen – ein historisches Urteil, das ihn zum ersten kolumbianischen Ex-Präsidenten macht, der wegen Straftaten verurteilt wurde.

Die gesellschaftlichen Reaktionen sind tief gespalten: Während Unterstützer:innen von politischer Verfolgung sprechen, feiern Kritiker:innen das Urteil als Meilenstein für die kolumbianische Justiz. Präsident Gustavo Petro betonte die Unabhängigkeit der Gerichte und kündigte Schutzmaßnahmen für die Richterin an, die während der Urteilsverkündung Drohungen erhielt.

Laut aktuellen Berichten wird erwartet, dass Uribes Verteidigung Berufung einlegt. Damit ginge der Fall in die zweite Instanz, das Tribunal Superior de Bogotá. Dieses muss bis spätestens Mitte Oktober 2025 eine Entscheidung treffen. Sollte bis dahin kein Urteil erfolgen, droht eine Verjährung – Beobachter:innen vermuten, dass dies Teil der Verteidigungsstrategie sein könnte, um eine Einstellung des Verfahrens zu erreichen.

Uribe bleibt eine polarisierende Figur: Für viele ist er ein Symbol für Ordnung und Sicherheit – für andere ein Vertreter autoritärer Machtpolitik mit fragwürdigen Verbindungen.




Biografie am 28.07.2025 überarbeitet. Eisbaer - Moderator
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Eisbaer
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Las Guacharacas – Die Schattenseite einer Familienlegende

Beitrag von Eisbaer »

Im Herzen des Nordostens von Antioquia liegt die Hacienda Las Guacharacas, einst im Besitz der Familie Uribe Vélez. 1978 erworben und über rund 2.000 Hektar erstreckend, stand sie zunächst für Viehzucht, wirtschaftlichen Ehrgeiz und sozialen Aufstieg. Doch bald sollte das Landgut weit mehr verkörpern: Es wurde Schauplatz persönlicher Tragödien, politischer Eskalationen und juristischer Kontroversen – ein symbolischer Ort im Spannungsfeld der kolumbianischen Geschichte.

Am 14. Juni 1983 verliert Álvaro Uribe seinen Vater Alberto Uribe Sierra – erschossen auf der Hacienda unter bis heute ungeklärten Umständen. Die Familie beschuldigte die FARC. Der Vorfall wurde zum biografischen Wendepunkt, zum emotionalen Motor hinter Uribes harter Linie gegen Guerillagruppen.

Mitte der 1990er Jahre, während Uribes Amtszeit als Gouverneur von Antioquia, geriet Las Guacharacas erneut in den Fokus: Angriffe des ELN führten zur Plünderung von Viehbeständen und zur Brandstiftung am Hauptgebäude. Uribes Reaktion: militärische Einsätze, Kopfgeldversprechen und der Aufbau eines Sicherheitsapparats, der später zum Markenzeichen seiner Präsidentschaft avancierte. Zeugenaussagen belegen, dass der verantwortliche Guerillaführer mutmaßlich von paramilitärischen Kräften gefangen genommen und dem Militär übergeben wurde – ein Hinweis auf die enge Verzahnung nichtstaatlicher Gewaltakteure mit staatlichen Institutionen.

Besonders heikel ist die Verbindung der Hacienda zur paramilitärischen AUC, konkret dem Bloque Metro. Aussagen von Juan Guillermo Monsalve, dem Sohn des einstigen Verwalters, bringen die Hacienda in Zusammenhang mit geheimen Treffen zwischen Uribes Umfeld und paramilitärischen Kommandanten – ein juristischer Brennpunkt in den Verfahren gegen Álvaro und Santiago Uribe.

1998 wird Las Guacharacas an die Brüder Gallón verkauft, Unternehmer mit dunkler Reputation und mutmaßlicher Verbindung zum Mord am Fußballspieler Andrés Escobar. Der Ortswechsel ändert jedoch wenig am symbolischen Gewicht der Hacienda: Sie bleibt ein Ort, an dem sich private Verluste mit nationalen Konflikten überschneiden – ein Mikrokosmos kolumbianischer Realität und ein Brennglas für die Biografie Álvaro Uribes.
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coentros
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Álvaro Uribe Vélez – Ein Leben zwischen Macht und Kontroversen

Beitrag von coentros »

Hallo Eisbaer

neuerlich vielen Dank für das Teilen eines schier unerschöpflichen Erfahrungsschatzes. Immer wieder stosse ich auf spannende Details, hier die Verbindung der Hazienda mit den späteren Eigentümern und dem Mord des Fussballspielers. Ich erinnere mich noch an seiner Eigentor bei der WM. Tragisch, furchtbar, bedenkenswert.

Interessant der historische Kontext, wie hier eine Spirale der Gewalt sichtbar wird.
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