War das spannend. Ich habe wirklich mit allem gerechnet. Der Supergau, nachts im Regenwald auf Insektensuche, ich sah es in Gedanken auf dem Boden wimmeln vor Vogelspinnen und Taranteln, und ich spürte geradezu, wie es überall kribbelte und lebte. Weil es Mauricio zu gut gefiel, gab ich ihm für die Wanderung meine helle Stirnlampe und nahm seine kleine Stabfunzel.
Ich kann sagen, dass dieser Ausflug eine wirkliche Herausforderung für mich darstellte, der ich mich aber zu meinem Stolz gestellt habe. Immer dicht am Licht hinter Miguel her tappten wir durch Laub und Matsch, denselben Weg entlang, den wir vom Anleger auch zum Hotel gegangen sind. Dabei spürte Miguel viele Tiere auf, die ich selbst gar nicht entdeckt hätte.
Riesige Kröten und Frösche saßen wie verzauberte Prinzen auf dem Waldboden, eine dicke kolumbianische Schabe klammerte sich an die Rinde eines Urwaldriesens, ein Vogel schlief im Laub auf dem Boden, zwei auffällige große Spinnen warteten am Baumstämmen auf mundgerechte Häppchen. Ich hab draufgehalten und bin dabei auch dicht rangegangen. Mit Stolz. Eigene Ängste zu besiegen ist der schönste Sieg! Beeindruckend finde ich auch die anschwellenden Geräusche der Frösche und Kröten, die in den Bäumen leben. Die Dezibel möchte ich gern mal messen. Man verstand sein eigenes Wort nicht mehr
Plötzlich hatten wir einen jungen Kaiman entdeckt. Miguel gelang es diesen einzufangen und reichte ihn mir. Er zeigte mir, wie man einen solchen hält, ohne dass er beißen kann. Ich finde, dass sich die Haut von Reptilien weich und samtig anfühlt. Ich fasse auch Schlangen an, leider haben wir keine getroffen.
Die Reihenfolge, in der wir liefen, wechselte wenig. Miguel mit meiner Stirnlampe vorweg ( er hatte wegen der Helligkeit zuerst Bedenken, ob die Tiere sich nicht schon vorher verstecken, aber dem war nicht so), in der Mitte ging der unbelichtete Juan und am Schluss ich mit der Funzel. Weil ich selbst auch ständig schaute und suchte, entstand schon manchmal ein kleiner Abstand zwischen der Leuchte und mir, aber durch „warte mal…..“ lies sich dieser wieder aufholen. Ich wäre gern noch viel langsamer gelaufen, denn überall vermutete ich etwas Spannendes. Miguel gehörte nicht zu den Guides, die ihre Gruppe so schnell wie möglich wieder loswerden wollten. Das ist der große Vorteil, wenn man mit Juan unterwegs ist: er öffnet die Herzen. Und jetzt stellt euch uns als Kombi vor….Zweimal wich Miguel vom Pfad ab und stapfte tiefer ins Gebüsch und durch den Schlamm. Wir folgten ihm mit Unbehagen und Neugierde, es war aber wirklich stockdunkel ohne Lichtquelle, und wir orientierten uns stets an dem kleinen Leuchtkegel der Stirnlampe. Was macht er, dachten wir, und bemerkten, dass er für uns auf der Suche nach einem großen Kaiman war. Er hat einen gefunden, nur konnten wir ihn nicht richtig sehen, aber zu hören war er! Er muss ordentlich mit seinem Schwanz geschlagen haben, ehe er weiter im Sumpf verschwand. Ich hatte keine Angst vor Kaimanen. Wir haben auf dem Rückweg zum Hotel noch zwei kleine Kaimane gefunden. Miguel trug den einen ein Stück mit uns. Erst dachte ich, er will durch das Rufen des Kleinen die Mutter aus dem Schlamm locken, aber so fürsorglich sind die leider nicht. Wie ich nun weiß, bewachen sie sehr aufmerksam und mit Einsatz ihr Gelege und auch die Jungen – bis diese acht Tage alt sind. Wer im Fall eines Nahrungsmittelengpasses nicht rechtzeitig aus dem Quark kommt, wird von Mutti einverleibt. Also rennen die, sobald sie können, schön selbstständig durchs Leben. Ein wirklich tolles Erlebnis, sowas zu überleben und auch noch genießen zu können ! Im Hotel angekommen spülten wir uns nochmal kurz den Schweiß von der Haut und gingen dann schlafen. Miguel fragte uns, ob wir den Sonnenaufgang im Boot auf dem See erleben wollen. Das haben wir selbstverständlich angenommen. Ich mein WENN wir schon überall an Extratischen sitzen müssen….
In dieser Nacht haben wir noch lange geredet, ehe wir total müde in sicherer Ruh weil unterm Netz einschliefen.