Ein Erfahrungsbericht: Notfallversorgung mit einer privaten EPS ohne Zusatzversicherung

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Eisbaer
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Ein Erfahrungsbericht: Notfallversorgung mit einer privaten EPS ohne Zusatzversicherung

Beitrag von Eisbaer »

Ich möchte meine persönliche Erfahrung mit der Notaufnahme des privaten Krankenhauses meiner Krankenversicherung an meinem Wohnort teilen. Ich bin bei einer normalen EPS ohne Zusatzversicherungen versichert. Dieser Bericht soll in erster Linie den typischen Ablauf und die Herausforderungen aus der Perspektive eines 'Normalversicherten' dokumentieren. Ich möchte damit auch andere ermutigen, ihre eigenen Erfahrungen hier im Forum zu teilen, um ein realistisches Bild der Situation zu zeichnen.

Vor Kurzem bekam ich plötzlich starke Magenschmerzen, begleitet von heftigem Durchfall, wie ich ihn noch nie hatte. Dann musste ich mich mehrfach stark übergeben und mir wurde sehr schwindelig. Meine Frau bestand darauf, sofort ins Krankenhaus zu fahren, aus Angst, ich könnte das Bewusstsein verlieren. Begeistert war ich nicht, aber ich gab nach.

Da ein Krankenwagen mit Notarzt für "Normalsterbliche" mit unserer EPS nicht zur Verfügung steht, riefen wir ein Taxi. Der Taxifahrer war sehr hilfsbereit und half mir, ins Auto zu kommen. Wir fuhren direkt zum Krankenhaus unserer Krankenkasse.

Dort angekommen, erkannte der Pförtner sofort die Dringlichkeit und rief nach einem Rollstuhl, der auch prompt erschien. Ein Krankenpfleger setzte mich mit Hilfe des Taxifahrers in den Rollstuhl. Vom Eingang des Wartesaals der Notaufnahme aus konnte ich schon sehen, dass dort Gott sei Dank nur wenige Menschen warteten.

Bereits nach wenigen Minuten wurde ich in einen Behandlungsraum gebracht. Eine Krankenschwester stellte die notwendigen Fragen, nahm meinen Puls und maß meine Temperatur. Es hieß, zwei Ärzte hätten Nachtdienst, und ich wurde im Rollstuhl zu ihnen gefahren. Die Krankenschwester klopfte an die Tür. Eine Ärztin antwortete mit dem knappen Kommentar, sie warte auf ihre Ablösung. Selbst der Hinweis der Schwester, dass der Patient im Rollstuhl sitze, ließ sie nicht einlenken. "Das fängt ja gut an", dachte ich bei mir.

Die Wartezeit war jedoch nicht lang. Der andere diensthabende Arzt, sehr jung, wahrscheinlich frisch nach dem Studium, untersuchte mich. Meine Frau war die ganze Zeit an meiner Seite. Anschließend wurde ich in einen Beobachtungsraum gebracht und man verabreichte mir die ersten Medikamente.

Der Beobachtungsraum war sauber, klimatisiert und in Kabinen unterteilt. Da ich immer noch sehr schwach war, half mir ein Krankenpfleger, mich auf das Bett zu legen. Innerhalb kürzester Zeit kam eine Krankenschwester mit drei Infusionen. Sie nahm mir auch Blut ab, das im hauseigenen Labor analysiert werden sollte, und erklärte, dass je nach Ergebnis in etwa fünf Stunden eine zweite Blutabnahme nötig sei. Nach etwa einer Stunde kam eine ebenfalls sehr junge Ärztin, um nach meinem Befinden zu fragen. Sie bestätigte die Notwendigkeit der zweiten Blutuntersuchung und gab mir noch einige Tabletten.

Ich musste mich im Krankenhaus noch einmal übergeben, fühlte mich weiterhin schwach, aber die Magenschmerzen hatten nachgelassen. Dazu kam ein fürchterlicher, unkontrollierbarer Schluckauf. Nach einiger Zeit fand ich selbst heraus, dass ich ihn durch eine Änderung meiner Körperposition lindern konnte.

Meine Frau blieb die ganze Nacht bei mir. Sie hatte vorsorglich ein Kopfkissen, eine Wolldecke, Wechselwäsche und feuchte Tücher zum Reinigen eingepackt.

Die Nacht im Beobachtungsraum war sehr lang, und mir wurde bewusst, dass es mir im Vergleich zu anderen Patienten noch relativ gut ging. Rechts neben mir hörte ich das ständige Piepen einer Überwachungsmaschine.

Nach einigen Stunden wurde die zweite Blutprobe entnommen. Es gab sogar ein Frühstück: zwei Pellkartoffeln mit zwei hartgekochten Eiern und einem Birnensaft.

Schließlich kam ein Arzt, der mich noch einmal untersuchte, mir das Ergebniss der Blutuntersuchungen mitteilte und mir sagte, dass ich bald nach Hause könne. Ich hätte mir einen an der Küste kursierenden Virus eingefangen, der nun medikamentös behandelt werden könne. Ich nutzte die Gelegenheit und bat ihn, sich meinen Leistenbruch anzuschauen, da ich durch den Krankenhausaufenthalt endlich den Entschluss gefasst hatte, diesen operieren zu lassen.

Seine Diagnose ergab, dass ich zwei Brüche habe: einen Leisten- und einen Nabelbruch. Er erstellte mir ein Attest für die Krankenversicherung, mit dem ich den formellen Weg bis zur OP nun einfacher einleiten kann.

Alles in allem fand ich die Aufmerksamkeit und die Betreuung in der Notaufnahme und im Krankenhaus gut.

Was ich immer wusste und nun am eigenen Leib erfahren habe: Bei einer normalen privaten EPS ohne Zusatzversicherung gibt es keinen Notdienst, der einen zu Hause besucht, oder einen Krankenwagen, der einen abholt.

Fazit (ergänzt am 3.10.2025, 23:25 Forenzeit):
Was ich für mich mitnehme: Die größte Schwierigkeit war nicht die Behandlung im Krankenhaus, die ich als gut empfand, sondern die Logistik des Transports. In einer kleinen Stadt sind die Wege zwar kurz, aber die Suche nach einem bereiten Taxifahrer kann im Ernstfall ein großes Problem darstellen. Eine private Lösung durch eine Zusatzversicherung kommt für mich als alten Mann leider nicht in Frage.

Als hilfreichen Tipp für andere in einer ähnlichen Lage möchte ich noch ergänzen: Ich habe bei einer hiesigen Taxizentrale einen speziellen Code bekommen. Nennt man diesen bei der Bestellung, weiß die Zentrale sofort, dass es sich um einen Patiententransport handelt, und disponiert ein entsprechendes Fahrzeug. Der Tarif bleibt derselbe. Vielleicht ist diese Möglichkeit auch in anderen Städten eine Überlegung wert.
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