Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

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Holger78
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von Holger78 »

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Danke für deinen Bericht.
Hie in DE gab es einige Unfälle und Brände. Was immer schlimme wird bei uns, dass es doch tatsächlich Idioten gibt, die die Einsatzkräfte bei Ihrer teils ehrenamtlichen Hilfe angreifen und teilweise auch verletzten.
Meiner Meinung nach, gehören die Alle bei Wasser und Brot mal für ein paar Wochen weg.
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CaribicStefan
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von CaribicStefan »

hola gordito...
ich finde du solltest eine eigne Webseite haben bei deinen Berichten und dann noch viele Bilder daz, das wäre es;-)
Jede Woche neue Einblicke in dein Leben und das deiner Frau und deren Familie und Nachbarn, finde es immer Klasse.
Vor zig Jahren hatte ich mal zwei Bücher mit dem Namen Karibische Impressionen 1 und 2 von Pedro de Las Terrenas. Der schrieb über seine
Reiseberichte in der Domrep... man hatte Tränen in den Augen. Leider weiß ich nicht mehr an wen ich sie verliehen habe und nicht zurück bekam.

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gordito54
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von gordito54 »

@Holger78:
In der Rückreisewelle sind zwei Reisebusse schwer verunglückt. Es gab Verletzte und Tote. Das Rettungskräfte behindert oder angegriffen werden, ist mir nicht bekannt. Entsprechendes würde hier auch mit Sicherheit in den Abendnachrichten thematisiert.

Was war noch?

Anfang Dezember wird hierzulande das Lichterfest begangen. An sich ist das sogar in Colombia ein stilles Fest, das an die Ankunft Jesu erinnern soll. Natürlich gibt es auch hier die Böllerfraktion, die sich nicht zurückhält. Musik in Stadionbeschallung und Hochprozentiges gehören leider auch dazu.
Und so begab es sich, daß eine angetrunkene Chica mit einer Freundin zusammen zwei Kinder -also vier Personen- auf dem Motorroller transportierte. Die Unfallaufnahme ergab, daß niemand einen Helm getragen hatte. Führerschein, Versicherung und Fahrzeugpapiere? Nichts. Ein Kind hat Rippenprellungen, das andere eine saftige Gehirnerschütterung. Es schläft viel, kann aber, wenn es angesprochen wird, kaum folgen. Das sind Nachrichten, da frage ich mich eine Zehntelsekunde lang, ob die Abschaffung der Prügelstrafe nicht etwas voreilig war.

Heute ist der 9. Januar, das bedeutet, die Nation hat wieder Normaltemperatur. Daß das Geld diesen Monat nicht mehr so locker sitzt, haben wir heute Mittag in der Hühnerbraterei in der vierten Straße gesehen. Es war immer noch gut besucht, aber die Viererschlangen vor der Kasse für das "domicilio", also das Essen, daß man bestellt und zum Verzehr zu Hause abholt, das ist so nicht mehr da. Der Alte, der die Motos abdeckt, hat uns ein gesegnetes Jahr gewünscht, wir ihm auch. Klar hat er seine Suppe von uns gekriegt. Machen mich 6.000 COP (1,34 €) reicher?

Es kann dort vorkommen, wenn zu Stoßzeiten die Küche alle Hände voll zu tun hat, daß der Salat, den ich anstelle von Reis oder Arepas bestelle, den ersten Preis in der Kategorie "Vegane Krankenhauskost" machen würde. Dann hat die Küche alles vergessen, was mein Leben drastisch verkürzt: Salz, Essig und Öl. Der Preis von 10.000 COP (2,24 €) pro Person gilt NOCH.

Montag waren wir bei Yolanda, die 14.000 COP (3,14 €) für das Wagenrad von Chuleta sind auch noch geblieben. Der verkrüppelte Bettler vor dem Restaurant auch. Meine Frau steckt ihm immer etwas zu. Vergleiche ich unser Leben hier mit dem Leben, daß noch meine Großeltern geführt haben, dann leben wir wie Gott in Frankreich.

Das Restaurant von Dona Gladys hat wieder geöffnet, nur sie ist noch in Urlaub. Die Köchin kennt mich noch nicht und ich hatte vergessen ihr zu sagen, daß ich keinen Reis möchte. Na gut, mit etwas Bohnensuppe vermengt ging es. Das Essen kostet jetzt 12.000 COP (2,69 €) ist also um 2.000 COP (45 Cent) in einem Jahr teurer geworden. Das wirft uns nicht um, ich möchte damit zeigen, daß wir im Land eine Inflation von rund 10 % haben. Die offizielle Zahl liegt in den Fernsehnachrichten bei 7 %, aber das ist wie bei ARD und ZDF, wer glaubt das noch?

Als wir herkamen hat die Fahrt mit dem Taxi ins Zentrum 5.000 COP (1,12 €) gekostet. Seit einem Jahr sind es 5.500 COP. In wenigen Tagen werden es 6.000 COP (1,34 €) sein. Wie gesagt, wir nehmen das zur Kenntnis, aber es gibt sicher viele hier, die dann das Rechnen anfangen müssen, denn eine zehnprozentige Lohnsteigerung ist hier nicht drin.

Für unsere Krankenkasse Nueva EPS habe ich noch in diesem Monat 103.900 COP (23,29 €) pro Person gezahlt. Ab Februar sind es 114.700 COP
(110,4 %). Im Supermarkt werden nur die Preisschilder geändert, das kriegst du also nicht direkt mit.

Gasolina corriente -Normalbenzin- pendelt so um die 16.000 COP (3,59 €) pro Gallone (1 US gallon = 3.785 liter). Jetzt seid ihr mal dran mit rechnen.....
Steigen die Preise -insbesondere beim Diesel- steht sofort das Transportgewerbe auf der Matte. Der letzte Streik, bei dem landesweit alle wichtigen Verkehrskontenpunkte besetzt waren, war nach drei Tagen zu Ende, denn die Regierung gab nach. Im Land hat sich in den drei Tagen nichts mehr bewegt.

Wir sind bei der Finanzierung einer Immobilie auf die "fundacion nacional de ahorro" aufmerksam gemacht worden. Das ist eine staatliche Bausparkasse. Wenn du zum in Frage kommenden Kreis gehörst (wir gehören dazu, obwohl ich Ausländer bin), dann zahlst du ein Jahr lang den Mindestbeitrag von 150.000 COP monatlich oder gerne mehr ein. Sie finanzieren danach bis zu 80% deiner Immobilie zu 9,2 bis 14,5 % zinsen p.a. Für Kolumbien im Vergleich zu den "normalen" Banken günstig.

Du kannst auch "privat" finanzieren für 30 % Zinsen. PRO MONAT! Allerdings ohne Schufa!
Solltest du allerdings nicht regelmäßig zahlen können, könnte es sein, daß man dich eines Tages mit einem Einschussloch im Kopf auf dem Acker gegenüber dem Bataillon findet. Du wärst nicht der erste.

Der günstigste Neubau, der uns hier angeboten wurde, liegt bei 130 Mio. COP, das sind knapp 30.000 Euro. Mit den Extras, die wir wollen kommen wohl nochmal 10 Mio. drauf. Das Neubaugebiet ist nicht erschlossen, du hast Trinkwasser, offenbar auch Kanalanschluß (aber wer weiss), Strom und Telefon. Das wars. Kein Erdgas, keinen Bürgersteig, keine Straße, keine Einkaufmöglichkeiten, nur der städt. Friedhof ist nebenan. Gut, dann ist es nachts ruhig. Die Häuser stehen einfach da, sonst ist nichts da an Infrastruktur. Schwierig, sowas wieder zu verkaufen.

Ein Angebot, daß unseren Bedürfnissen genau entspricht, vollrenoviert und bezugsfertig kostet unweit dem Nuestro Cartago 155 Mio. COP, das sind knapp 35.000 Euro. Einkaufsmöglichkeiten bis hin zur "Galeria" sind im Umfeld vorhanden, Die Maklerin behauptet, bei meiner Hausbank DaviXXXXX für einen günstigen Kredit sorgen zu können. Wir werden sehen. Unser Limit sind 150 Mio. COP (33.620 Euro), Mehr ist nicht drin. Wobei wir aber noch nicht einmal die Hälfte finanzieren müßten. Mal sehen.

Cartago ist, was Neubaugebiete angeht, das Gegenteil der Verhältnisse in Deutschland. Ich habe gelesen, daß Einfamilienhäuser dort politisch offenbar nicht mehr gewünscht sind. Komisch, wer ein Haus finanziert hat, der hat doch einen guten Job und denkt doch zuletzt ans Auswandern, oder?
In Cartago gibt es nicht nur das teure Neubaugebiet El Diamante (ab 200 Mio COP aufwärts) sondern mindestens noch 5 weitere, ich habe noch nicht alle gesehen. Bauträger setzen hier ganze Barrios mit Reihenhäusern hin mit der kompletten Infrastruktur, ist eins im Bau wird an der dessen Grenze das nächste schon eingemessen. Bautätigkeiten in dieser Größenordnung habe ich zuletzt in Deutschland vor einigen Jahrzehnten gesehen. Nun gut, die Neubauten wollen alle verkauft sein, und das ist offenbar auch der Fall, sonst gäbe es ja keine Neuplanungen.

Ich habe eine Veröffentlichung gelesen, in der stand, daß die in Armut lebenden Menschen in Colombia in den letzten Jahrzehnten von 66% der Bevölkerung auf 24% gefallen sei. Hier in Cartago ist das für mich nachvollziehbar. In den LLanos ist das sicher anders, nach allem, was ich bei "air colombia" gesehen habe.

Am Dienstag war meine Frau in Pereira, um bei der "fundacion nacional de ahorro" die Konditionen anzufragen und danach ihr permanent-Make-Up auffrischen zu lassen. Da das Wetter gut war, daher habe ich mich mit dem Roller zum Unicenter nach Pereira auf den Weg gemacht. Der Grund für diese Weltreise: importierte eingelegte Gurken aus Deutschland. Ein großes Glas eingelegte Gurken kostet dort soviel wie hier in der Metro ein Pfund einheimische Kaffee: rund 32.000 COP (7,20 €).

Der Einkaufstempel liegt neben dem Flughafen. Das sind etwa 25 km Entfernung von unserem barrio. 45 Minuten auf dem Roller. Max. Tempo 50 km/h. Bei gutem Wetter und wenig Verkehr angenehm. Obwohl die Strecke mautpflichtig ist (aber nicht für Zweiräder) habe ich doch die wenigen Schlaglöcher mit schlafwandlerischer Sicherheit getroffen. Kurz vor Pereira überholt eine schwere Harley-Davidson mit 2 Personen besetzt. Sie wird langsamer und fährt rechts ran. (Es gibt hier genau 2 Fahrer dieser dicken Brummer, einer davon ist unser Nachbar "Mango") Hat er mich doch erkannt: Thomas und seine Frau.

Das Einkaufzentrum hat eine kostenfreie Tiefgarage für Autos und separat für Motos. Der security-Mann hat mich reingewunken. Deinen Helm kannst du an der Helmbar gegen eine Marke abgeben. Die gibst du bei deiner Rückkehr ab und kriegst deinen Helm wieder. Alles all inclusive. Dann gehst du den langen Weg bis du ins Erdgeschoß kommst. Was fällt auf. Gute Beleuchtung. Es ist sauber. Nur ein Einkaufswagen stand rum. Es stinkt nicht nach Urin wie in dem Treppenabgang in Duisburg-Zentrum zur Tiefgarage neben dem Landgericht, für deren Benutzung du auch noch bezahlen mußt.

Der Laden ist mit importierten Lebensmitteln gut sortiert. Außer eingelegten Gurken kannst du auch Rotkohl und Sauerkraut (chuchrut) kriegen.
Zwei große Gläser habe ich gekauft. Meine Frau achtet aufs Geld, ich auch. Bei der Ausfahrt hat die security jeden kontrolliert, ob er auch mit SEINEM Motorrad rausfährt. Ich habe meine Dokumente vorgelegt. Der junge securitymann hat mich mich einem "Auf Wiedersehen" verabschiedet. Ich war angenehm überrascht.

Normalerweise gehe ich ja nicht zum ARA-Supermarkt, denn er ist immer voll. ABER: die Käufer stellen sich in EINER Schlange an, alles Kassen sind offen und der nächste Kunde geht zur nächsten freien Kasse. Das Tempo der Kassierer ist nicht so schnell bei wie bei ALXX in Deutschland, aber für hiesige Verhältnisse rapido. Mein Einkaufskorb dort: Heimische Schokolade mit 35 %Kakaoanteil, eine gute Qualität UND Brie einer Käserei aus Bayern, der dort IMMER zu haben ist. Ebenso span. Schinken und geschnittene Chorizo. Das Leben kann so einfach und schön sein!
Wenn du dort mit deinem Einkaufswagen in dein barrio abziehst, sagt keiner was. ABER: Alle bringen die Einkaufswagen auch zurück!

Draußen ist es mittlerweile dunkel geworden. Wenn es nicht regnet, gehe ich schnell mit carrito einkaufen, wir haben keine Milch mehr.

Das heimische Bier steht im Kühlschrank, ein gutes Brot der span. Bäckereikette ist im Haus, deutsche Gurken und bayrischer Brie, geschnittene Chorizo und Schinken aus Spanien auch. Möge der Feierabend kommen!

Herzliche Grüße allen Lesern und MitforistenQ!

gordito54

Glboetrotter
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von Glboetrotter »

Schöner Bericht, gordito54. Wirklich immer sehr angenehm zu lesen. Bravo und danke Dir dafür.

Im Januar, also anfangs Jahr, sind in Kolumbien sehr viele Leute knapp bei Kasse ... häufig auch noch im Februar. Die Kosten im Dezember für Weihnachtsgeschenke, Schulkosten, sonstige Feste und Ferien ... das kostet alles extra.

Im Unicentro in Pereira findest du feine, europäische Nachspeisen auf sehr hohem Niveau. Das gleiche Geschäft hat noch zwei weitere Filialen in Pereira (beim Plaza Bolivar und in der Circunvalar) und eines in Armenia. Du wirst es bestimmt finden, damit ich keine Schleichwerbung hier machen muss.

Benjamin
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von Benjamin »

Wie immer ein sehr interessanter Bericht. Es scheint jedoch manchmal so, als würdest du hinter vorgehaltener Hand ein wenig über Deutschland lästern. Dabei bist du doch ohne deutsches Bier und unsere Lebensmittel gar nicht aus dem Alltag wegzudenken. Du erwähnst auch gern die lächerlich billigen Kosten, die du hier hast. Man sollte dabei jedoch nicht vergessen, dass das alles für einen Großteil der Einwohner Kolumbiens teuer ist. Trotzdem vielen Dank dafür, dass du dir die Mühe machst und uns informierst.

desertfox
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von desertfox »

@Benjamin,

Stimmt, diese unterschwellige, nicht selten aber auch offene Kritik an Deutschland stößt mir auch manchmal sauer auf.
Wen alles so toll wäre, warum wollen dann Millionen von Kolumbianern das Land verlassen.

OK, mit einer Deutschen Rente, auch wenn sie nicht sehr hoch ist, kann man in Kolumbien in einfachen Vierteln recht gut leben…, für den 0815 Kolumbianer ist das Leben aber eine Herausforderung.

gabneu
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von gabneu »

@gordito
Bitte mach weiter so, lass uns an deinem Leben und deinen Empfindungen teilhaben. Wo findet man sonst noch solche ungeschönten Berichte aus dem realen Leben. Ich sage alles auf und als du Rotkohl erwähnt hast, lief mir das Wasser im Mund zusammen, obwohl ich erst 4 Wochen in Colombia bin und mir das meiste Essen sehr gut schmeckt. Von klein an entwickelt man seine Vorlieben und das steckt in einem drin.
Und ich finde auch die Preisangaben enorm informativ.. Ich bin dankbar einigermaßen im bescheidenen Wohlstand zu leben, und über die Freiheit, bestimmte Dinge kritisieren zu dürfen.
Grüße aus Medellín, wo unbeschreiblicher Reichtum und fatale Armut zu sehen ist.

Genuasd
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von Genuasd »

Bericht liest sich interessant, eben wegen der vielen Details.
Direkte Vergleiche, ja die mache ich auch, habe dabei aber im Hinterkopf, dass ich Dank Deutschland so gut dort leben kann, was für den durchschnittlichen Kolumbianer eben nicht möglich ist.

Glboetrotter
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von Glboetrotter »

@gordito54
Ich finde die Einzelheiten mit den Zahlen und Beträgen auch immer informativ in deinem Wochenrückblick, insbesondere sehr gut für Personen, die allenfalls nach Kolumbien auswandern möchten oder auf Besuch kommen. Man ist dann preislich besser vorbereitet.

Ich selber war noch nie in Cartago. Es hatte nicht immer den besten und sichersten Ruf, wird behauptet. Vielleicht war das falsch.
Wenn man deine Berichte liest, scheint es dort normal zu sein. Und du fühlst dich sehr wohl. Das man zwischendurch einmal etwas aus der Heimat geniessen möchte, ist doch verständlich.
Klar sind die Rentner aus Europa fast immer im finanziellen Vorteil, und deshalb muss man sich nicht schämen oder schlecht fühlen. Ein Glück für das Land Kolumbien, dass du und andere Rentner ihr Geld hier ausgeben. Bitte berichte weiter auf deine Art. Danke dir im Voraus.
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Holger78
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von Holger78 »

Erneut ein sehr schöner und ausführlicher Bericht. Danke dir auch für die Vergleiche mit den Preisen.
Freue mich schon auf deinen nächsten Bericht.

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gordito54
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von gordito54 »

Guten Morgen aus Cartago!

@CaribicStefan:
Du bist ja bis Villavicencio geflogen, wie du geschrieben hast. Dort starten die LLanos-Fluglinien in den Dschungel, um die weltabgeschiedenen Dörfer zu versorgen. Der einfache Flug mit einer DC-3 kostet rund 80 USD, wenn ich richtig informiert bin. Hast du auch eine Runde über den Amazonas gedreht? Ich würde es machen, wenn ich die Möglichkeit dazu hätte. Mein Flug mit einer JU-52 über den Niederrhein bis zum Baldeneysee wird mir unvergesslich bleiben.

Ich möchte mich bei allen bedanken, die sich zu Wort gemeldet haben. Hier in Colombia, speziell Cartago, ist bei weitem nicht alles perfekt, aber die Diskrepanz zwischen ganz arm (das sind die wenigsten) und sehr reich ist hier nicht so augenscheinlich ausgeprägt wie in den Metropolen Bogota, Medellin, Cali, usw. Hier gibt es auch keine Hochhäuser, alles ist aus meiner Wahrnehmung auf den kolumbianischen Durchschnittsverdienter zugeschnitten.

Cartago ist keine architektonische Perle wie Madrid oder Malaga. Es stellt für mich aber den guten Landesdurchschnitt dar, obwohl ich noch nicht viel rumgekommen bin. Aber man kann sich ja informieren und das habe ich.

Wenn meine Frau abends von ihren Schwestern kommt, nimmt sie ein vertrauenswürdiges Mototaxi aus der Familie. Wenn ihre Schwestern gegen 22 Uhr von uns aus nach Hause gehen, sind sie zu Fuß. Passiert ist ihnen bisher nichts. Ist das in Deutschland auch noch überall so? Das kann jeder am besten für sein persönliches Umfeld bewerten.

Offene oder versteckte Kritik an den Verhältnissen in Deutschland -nicht an den Menschen- erlaube ich mir, allerdings nehme ich mich dabei in dem für dieses Forum gebotenen Maß zurück. Natürlich kann man auch anderer Meinung sein.

Woher kommt meine kritische Haltung gegenüber den deutschen "Qualitätsmedien"?
Ich erlebe Kolumbien völlig anders, als ich es im deutschen Fernsehen oder der Presse wahrgenommen habe. Dort wurden Elendssiedlungen thematisiert, die hohe Kriminalität und die hohe Armut sowie ein schlechtes Gesundheitssystem. Nichts anderes. Und das stimmt so einseitig NICHT.

Das Gesundheitssystem braucht sich nach meiner persönlichen Erfahrung hinter dem deutschen nicht zu verstecken. Daß das in den LLanos mit Dörfern mit 120 Einwohnern anders ist, leuchtet ein. In den Dörfern des Hunsrücks oder der Eifel gibt es aber auch kein Krankenhaus mehr. Seit Jahrzehnen.
Ja, die Kriminalität ist hoch. Erstens kann man durch das eigene Verhalten viel dagegen tun, Opfer zu werden. Zum anderen ist die hohe Zahl von Morden auch auf Bandenkriege zurückzuführen. Ich will an dieser Stelle nicht unterschlagen, daß aber auch unliebsame Bürgermeister und andere öffentliche Personen dazugehören. Leider ist das so. Das wird aber auch in den TV-Nachrichten hierzulande gezeigt und nicht verschwiegen.

Wenn ich sehe, daß die Grünpflegetruppe der Stadt sämtlich mit Maschinen einer Firma aus Waiblingen arbeitet, macht mich das stolz. Auf die Firma, nicht auf Deutschland, das diese Firma im Moment in die Schweiz vertreibt.

Wenn mich die Kinder hier auf der Straße fragen, ob ich Herrn Hitler noch persönlich kannte, fühle ich mich wie ein Kolumbianer, der im Ausland gefragt wird, ob er ein Kumpel von Escobar in Medellin sei. In vielen Köpfen hier ist offenbar Mercedes und das Dritte Reich präsent, das habe ich genauso in der Türkei erlebt. Das heutige Deutschland oder die EU spielen hier keine Rolle. Die USA schon.

Für die anderen Deutschen in Pereira und Umgebung sind Lebensmittel aus Europa ein Riesenthema auch am monatlichen Stammtisch. Damit will niemand die hiesige Küche herabwürdigen, warum auch, alle haben kol. Ehefrauen. Einer ist seit 50 Jahren hier, andere 30 Jahre. Da bin ich der Neue. Alle lieben Rotkohl, Sauerkraut und gute Wurst, die ein Metzger aus der Runde macht. Das sind unsere kulturellen Eigenheiten hier, die wir pflegen. Wir tragen aber keine Lederhosen und schwenken ständig die deutsche Flagge.

Natürlich macht man sich VOR dem Auswandern auch Gedanken um das liebe Geld, denn von irgendwas mußt du ja leben. Auch das war ein Argument PRO Colombia. Mit einer deutschen Durchschnittsrente zwei Personen gut und sicher leben zu lassen, ist in der Welt nicht einfach. Da sind Dubai und Singapore nicht drin. Auch nicht Nordamerika.

Ich freue mich auch für die Moderation, daß ich mit meinen Beiträgen zu einem lebendigen Forum mit Wortmeldungen und unterschiedlichen Meinungen beitragen kann. Aber mehr ist bei mir nicht drin, es soll ja nicht in Arbeit ausarten.

So, die Kirche ist gleich zu Ende, ich muß meine Frau aus der Gemeinde in der Stadtmitte abholen.

Diese Themen empfehle ich euch in den nächsten Tagen: die Bomberos und der neue, beeindruckende parque La Isleta.

Allen Lesern und Mitforisten einen schönen Sonntag und ich hoffe, bis bald!

gordito54
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CaribicStefan
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von CaribicStefan »

Halo gordito...
mit der DC-3 bin ich noch nicht geflogen, der Reitz ist schon da. Eventuell beim nächsten Besuch, jetzt bin ich froh das ich am Mittwoch wieder ins kühle Medellin fliege. Ich merke jetzt mit meinen 55 Jahren und Übergewicht, dass ich mit der Hitze hier nicht mehr so klar komme. Morgens um 10 schon knapp 30 Grad, brauch ich nicht mehr.
Im Amazonas war ich vor 2 Jahren und habe dort meinen Kumpel Alejo besucht, dieser hat als junger Kerl ein paar Jahre in meiner Heimatstadt Münster studiert und sich sein Leben mit kleinen Smaragden und Goldklümpchen aus dem Amazonas finanziert.
Dort in Leticia ist es aber gefühlt noch heißer und die Luftfeuchtigkeit ist enorm. Wenn ich Nachts wach geworden bin, hatte ich immer eine Pfütze "Schweißwasser" auf meinen Bauch ;-) Dies lag bestimmt auch daran das wir zm Sonnenuntergang immer rüber nach Tabatinga auf die brasilianische Seite sind zum Sundowner am Amazonas dort etliche Caipis geschlürft haben.

Nun warte ich auch mein 2 1/2 jähriges Patenmädchen mit ihrer Mutter und dann gehts auf Ausflugstour...

Zu deinem Schreibstil kann ich nur sagen, schreib so weiter wie bisher, denn nur so bleibt es authentisch. Nicht wegen anderen verstellen...

Dolfi
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von Dolfi »

Seit ich einige male in Kolumbien gewesen bin, bin ich auch manchmal befremdet, über welchen Mist sich die Leute in Deutschland beklagen, wenn etwa der Müll nicht pünktlich abgeholt wird. Kann das voll verstehen.

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