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@Don MaximoDanke für die guten Wünsche, die ich so gerne erwidere. In meinem Alter sieht man vieles mit völlig anderen Augen als mit jungen Jahren. Eine glückliche Zweisamkeit das Wichtigste, da tritt alles andere zurück. Das ist meine Lebenserfahrung.
Was gibt es Neues aus Cartago?
Meine Frau ist nach dem Besuch bei Pepe und seiner Schwester aus Teneriffa wieder zurück in Fuenlabrada, das ist im Süden von Madrid. Am Mittwoch hole ich sie mit ihrer Schwester Carmen in Peirera vom Flughafen ab. Avell wird uns von dort nach Cartago fahren. Mit einem japanischen SUV ist das doch bequemer als mit dem Minitaxi.
Donnerstag war ich am Abend noch auf die Schnelle im Supermarkt, da ich dachte, daß Karfreitag geschlossen ist. Von wegen!! Die Supermärkte sind am Karfreitag auf, auch die Müllabfuhr kam planmäßig. Ich kam also am Donnerstag um 7:30 p.m. zurück vom Einkaufen und wunderte mich über die vielen Menschen in unserer Straße. Die sind doch nicht wegen mir hier!?
Richtig! in unsere Straße nahm eine Prozession ihre Aufstellung. Gegen 8 Uhr marschierten sie dann nach der Andacht los. Im Gegensatz zu dem Wallfahrtsort Kevelaer ohne Musikkapelle, aber immerhin. Den Teilnehmern nehme ich ihre Frömmigkeit auch ab.
Für mich steht dazu die Kriminalität im Land in krassem Gegensatz. Selbst Diebstahl (dar papaya) wird verharmlost. Der Dieb ist ein Held, gelingt es ihm doch einen anderen zu beklauen. Daher mißtraut auch jeder jedem in einer solchen Gesellschaft. Eigentlich schade, weil unnötig.
Hier in Colombia ist nur der Sonntag Feiertag, der Montag ist wieder normaler Arbeitstag.
Ich nehme Ostern zum Anlass über einen Besuch bei der Verwandschaft in Dosquebradas vor einigen Monaten zu berichten. Zur Feier von 2 Geburtstagen haben wir uns also mit ca. 10 Personen an der Busstation der cooperativo del Cafe am Sonntagmorgen um 10 Uhr getroffen. Los ging es also mit dem Rumpelbus nach Pereira. Trotz Regen war die Stimmung gut. In Pereira wurden wir abgeholt und es ging weiter nach Dosquebradas. Da Sonntags el viaducto, die Brücke, nur einseitig befahrbar ist, mußten wir den alten Weg nehmen, der in sehr schlechtem Zustand ist. An diesem Weg habe ich hier in Colombia erstmals Elendssiedlungen gesehen, gebaut aus Holz und Plastik, eigentlich Müll. Da wohnen die Menschen nicht, sie müssen dort hausen und sehen, wie sie überleben. Mir fällt da immer sofort unser "Recyclingbeauftragter" ein, der unseren Plastikmüll abholt. Wenn ich ihm mal 2000 COP oder in der semana santa auch mal mehr, macht mich das nicht ärmer.
Ganz im Gegensatz dazu befindet sich das Anwesen der Gastgeberfamilie am Hang in einem conjunto cerrado mit Schranke und security. 15 Häuser mit Pool und Tennisplatz hat das Areal. Jedes hat Ausblick auf Pereira. Wer hier lebt, hat es "geschafft". Das Anwesen kann durchaus als äußerst luxuriös bezeichnet werden. Wer hat schon ein Fernsehzimmer in Kinoqualität. Der Hausherr hat uns stolz seine Räumlichkeiten gezeigt. Er hat auch allen Grund dazu. Im Treppenaufgang Urlaubsbilder: Paris, London, Dubai. Damit ich nicht falsch verstanden werde: ich gönne es der Familie von ganzem Herzen.
Die älteste Tochter war nicht anwesend, denn sie ist Model in London.
Am Abend wurde der Grill angeworfen, an "gutem Fleisch" durfte ich mich mich 600.000 COP beteiligen. Wer auch sonst aus der Truppe "Cartago" käme sonst in Frage?
Kurz nach 8 am Abend habe ich dann meine Frau eingesammelt, denn der letzte Bus ab Busbahnhof Pereira ging um 9. Und bis dahin braucht es 45 Minuten, wenn alles klappt. Wir saßen dann alle(!) im letzten Bus nach Cartago. Kolumbianer und Zeiteinteilung, zwei Welten prallen aufeinander.
Während der Fahrzeit habe ich die Eindrücke des Tages nochmal an mir vorbeiziehen lassen. Wir, die Cartago-Truppe sind nicht die Ärmsten der Armen. Ich habe eh keinen Grund zur Klage. Die Menschen in den Elendsbehausungen am Fluss gehören jedoch zu den 13 Millionen Kolumbianern, die sich jeden Tag Gedanken darüber machen, wie sie was auf den Teller kriegen. Auf der anderen Seite ein Luxus, wie ich ihn auch nicht aus Deutschland kenne. Das sind zwei völlig verschiedene Welten, nur einige Kilometer von einander getrennt. Beindruckend und bedrückend ist das.
Ob ich so leben möchte? Nein! Weder auf die eine, noch auf die andere Weise. Mein Leben hier ist für mich so OK, wie es jetzt ist. Das fiel mir jetzt wieder zu Ostern ein.
Morgen ist Ostern und allen in nah und Fern: FROHE OSTERN1
Mit herzlichen Grüßen aus Cartago/Valle
goerdito54