Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

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gordito54
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von gordito54 »

⇒ Letzter Beitrag der vorhergehenden Seite:

@Don Maximo
Danke für die guten Wünsche, die ich so gerne erwidere. In meinem Alter sieht man vieles mit völlig anderen Augen als mit jungen Jahren. Eine glückliche Zweisamkeit das Wichtigste, da tritt alles andere zurück. Das ist meine Lebenserfahrung.

Was gibt es Neues aus Cartago?
Meine Frau ist nach dem Besuch bei Pepe und seiner Schwester aus Teneriffa wieder zurück in Fuenlabrada, das ist im Süden von Madrid. Am Mittwoch hole ich sie mit ihrer Schwester Carmen in Peirera vom Flughafen ab. Avell wird uns von dort nach Cartago fahren. Mit einem japanischen SUV ist das doch bequemer als mit dem Minitaxi.

Donnerstag war ich am Abend noch auf die Schnelle im Supermarkt, da ich dachte, daß Karfreitag geschlossen ist. Von wegen!! Die Supermärkte sind am Karfreitag auf, auch die Müllabfuhr kam planmäßig. Ich kam also am Donnerstag um 7:30 p.m. zurück vom Einkaufen und wunderte mich über die vielen Menschen in unserer Straße. Die sind doch nicht wegen mir hier!?
Richtig! in unsere Straße nahm eine Prozession ihre Aufstellung. Gegen 8 Uhr marschierten sie dann nach der Andacht los. Im Gegensatz zu dem Wallfahrtsort Kevelaer ohne Musikkapelle, aber immerhin. Den Teilnehmern nehme ich ihre Frömmigkeit auch ab.

Für mich steht dazu die Kriminalität im Land in krassem Gegensatz. Selbst Diebstahl (dar papaya) wird verharmlost. Der Dieb ist ein Held, gelingt es ihm doch einen anderen zu beklauen. Daher mißtraut auch jeder jedem in einer solchen Gesellschaft. Eigentlich schade, weil unnötig.

Hier in Colombia ist nur der Sonntag Feiertag, der Montag ist wieder normaler Arbeitstag.

Ich nehme Ostern zum Anlass über einen Besuch bei der Verwandschaft in Dosquebradas vor einigen Monaten zu berichten. Zur Feier von 2 Geburtstagen haben wir uns also mit ca. 10 Personen an der Busstation der cooperativo del Cafe am Sonntagmorgen um 10 Uhr getroffen. Los ging es also mit dem Rumpelbus nach Pereira. Trotz Regen war die Stimmung gut. In Pereira wurden wir abgeholt und es ging weiter nach Dosquebradas. Da Sonntags el viaducto, die Brücke, nur einseitig befahrbar ist, mußten wir den alten Weg nehmen, der in sehr schlechtem Zustand ist. An diesem Weg habe ich hier in Colombia erstmals Elendssiedlungen gesehen, gebaut aus Holz und Plastik, eigentlich Müll. Da wohnen die Menschen nicht, sie müssen dort hausen und sehen, wie sie überleben. Mir fällt da immer sofort unser "Recyclingbeauftragter" ein, der unseren Plastikmüll abholt. Wenn ich ihm mal 2000 COP oder in der semana santa auch mal mehr, macht mich das nicht ärmer.

Ganz im Gegensatz dazu befindet sich das Anwesen der Gastgeberfamilie am Hang in einem conjunto cerrado mit Schranke und security. 15 Häuser mit Pool und Tennisplatz hat das Areal. Jedes hat Ausblick auf Pereira. Wer hier lebt, hat es "geschafft". Das Anwesen kann durchaus als äußerst luxuriös bezeichnet werden. Wer hat schon ein Fernsehzimmer in Kinoqualität. Der Hausherr hat uns stolz seine Räumlichkeiten gezeigt. Er hat auch allen Grund dazu. Im Treppenaufgang Urlaubsbilder: Paris, London, Dubai. Damit ich nicht falsch verstanden werde: ich gönne es der Familie von ganzem Herzen.

Die älteste Tochter war nicht anwesend, denn sie ist Model in London.

Am Abend wurde der Grill angeworfen, an "gutem Fleisch" durfte ich mich mich 600.000 COP beteiligen. Wer auch sonst aus der Truppe "Cartago" käme sonst in Frage?

Kurz nach 8 am Abend habe ich dann meine Frau eingesammelt, denn der letzte Bus ab Busbahnhof Pereira ging um 9. Und bis dahin braucht es 45 Minuten, wenn alles klappt. Wir saßen dann alle(!) im letzten Bus nach Cartago. Kolumbianer und Zeiteinteilung, zwei Welten prallen aufeinander.

Während der Fahrzeit habe ich die Eindrücke des Tages nochmal an mir vorbeiziehen lassen. Wir, die Cartago-Truppe sind nicht die Ärmsten der Armen. Ich habe eh keinen Grund zur Klage. Die Menschen in den Elendsbehausungen am Fluss gehören jedoch zu den 13 Millionen Kolumbianern, die sich jeden Tag Gedanken darüber machen, wie sie was auf den Teller kriegen. Auf der anderen Seite ein Luxus, wie ich ihn auch nicht aus Deutschland kenne. Das sind zwei völlig verschiedene Welten, nur einige Kilometer von einander getrennt. Beindruckend und bedrückend ist das.

Ob ich so leben möchte? Nein! Weder auf die eine, noch auf die andere Weise. Mein Leben hier ist für mich so OK, wie es jetzt ist. Das fiel mir jetzt wieder zu Ostern ein.

Morgen ist Ostern und allen in nah und Fern: FROHE OSTERN1

Mit herzlichen Grüßen aus Cartago/Valle

goerdito54

jessiw
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von jessiw »

Danke gordito, es ist schön deine Alltagsberichte zu lesen. me gusto 🙂

Empanadafan
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von Empanadafan »

Super Berichte hier. Ich habe eine zeitlang in Madrid Loranca bei einer Ex gewohnt. Loranca gehört meines Erachtens zu Fuenlabrada. DIe Welt ist klein. Freue mich auf weitere Berichte hier.
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gordito54
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von gordito54 »

@Empanadafan
Stimmt, Loranca gehört meines Wissens auch zu Fuenlabrada.
Gruß aus Cartago/Valle
gordito54
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Holger78
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von Holger78 »

Danke Dir für deinem Bericht.
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CaribicStefan
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von CaribicStefan »

@gordito

feliz pascuas... magst Du noch lange Leben und uns immer mit deinen Berichten erfreuen...
Habe auch einen deutschen Kumpel mit seiner Familie, glaube im gleichen Conjunto, in Dosquebradas wohnen... ist schon ne andere Welt da.
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gordito54
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von gordito54 »

Die 2-Wochen-Oster-Wochenschau:

Vor Ostern wurde der Kaffee knapp. Daher habe ich mich zu einem Einkauf in der Metro entschieden. Da gibt es hervorragenden Kaffee aus heimischer Produktion von Kooperativen, nicht gemahlen, also passend für unsere Kaffeemaschine. Und natürlich Apio (Staudensellerie), die nicht gummiartig ist, sondern frisch und knackig. Der Taxifahrer wußte angeblich nicht, wo das ist. Klar, ich war alleine. Ausländern dreht man gerne mal die "große Hafenrundfahrt" an, um Kilometer zu machen. Ich habe ihm gesagt, das ist bei der Station der Policia nacional um die Ecke. Gefallen hat ihm das nicht. Er verlangte 6000 COP. Ich habe ihm gesagt, daß ich normalerweise 5000 COP bezahle. Seine Begründung: semana santa (Karwoche). Eine glatte Lüge. Ehrlicher wäre gewesen zu sagen, daß ich als Ausländer beschissen werde, wo es geht. In Begleitung von Yeison habe ich natürlich nur den Normaltarif bezahlt, nix semana santa.

Übrigens kauft man Zahnpasta hier bitte im Supermarkt und nicht in der Drogerie. Warum? Im Supermarkt sind die Preise fest in der Kasse programmiert und der Barcodeleser liest diese nur noch aus. Da kann man dich nicht bescheissen. In der Drogerie schon, denn da ist nichts ausgepreist und die Preise werden daher aus dem Hut gezaubert. Infolgedessen kostet die Zahnpasta mindestens das Doppelte wie im Supermarkt.

Yeison und ich wollten im Nuestro Cartago etwas zum Mittag essen. Wir haben daher einen Wok-Imbiss ins Visier genommen. Für eine Portion Rindfleisch mit Reis und Gemüse wollten sie 30.000 COP pro Person. Es war Mittag, aber keine Kundschaft da. Klar ist die Ladenmiete dort saftig, aber ich muß sie ja nicht unbedingt bezahlen. Wir haben uns also für "Gladys um die Ecke" entschieden. Ein ordentliches Chuleta mit etwas Salat und selbstgemachten Pommes. Vorher eine sopita ohne Hühnerfüße. 20.000 COP für uns beide.

Unsere Waschmaschine hat die Flecken in der Wäsche bisher von rechts nach links geschoben. Ich wollte schon eine neue kaufen. Nun war ich, da Single, gezwungen wieder selber zu waschen. Das macht die Beschäftigung mit den Programmen, die Einstellung des Wasserfüllstandes, usw. erforderlich. Zum Test habe ich die erste Waschladung so gewaschen, wie meine Frau mir es vor ihrem Abflug gezeigt hat. Das Ergebnis war verheerend. Ich habe mich gefragt: zu wenig Wasser? Zuviel Waschmittel? War das Pulver ungeeignet? Fazit: Ich habe den Wasser-Füllgrad jetzt so eingestellt, daß die Wäsche im Wasser schwimmt und nicht quast tot in der Trommel liegt. Und siehe da, die Wäsche wird sauber und ist fleckenlos. Ein "sauberes" Resultat. Daher habe ich nach der Rückkehr meiner Frau ein kostenloses Kurzseminar spendiert: "Besser waschen mit gordito". Sie hat es aber nicht krumm genommen, im Gegenteil. Sie wusste es ja auch nicht besser.

Im Treppenaufgang zur ersten Etage sind drei Messingrohre montiert. Sie sind der Wäschetrockner. Da ich nur 1,75 klein bin, sind sie in 3-4 Metern Höhe nutzlos. Yeison und ich haben daher im hiesigen Schwimmbadzubehörladen ein ALU-Teleskoprohr gekauft. Das ist leicht und auf bis 5m ausziehbar. Dazu Haken und Schrauben in der ferreteria gekauft und der Wäschetrockner konnte in Betrieb genommen werden. Die Wäsche hänge ich auf Plastik-Kleiderbügel, die ich dann mit dem Teleskopstiel am Haken nach oben hieve und an die Rohre anhänge. Klappt prima und nach einigen Stunden ist die Wäsche trocken.

Der erste Stock ist von allen "Resten" der Umzugskartons aus D befreit. Also stehe auch meine Bildbände des niederländischen Jägers und Malers Rien Poortvliet auf dem Regal. Ein Stück alte Heimat gewissermaßen. Jegliche Bekleidung hängt oder liegt sauber gefaltet im Schrank.

Für die Sauberkeit im Haus habe ich gesorgt, nur für das Wischen der Böden bat ich die Familie um Unterstützung. Das ist nicht meine Stärke. Eine Schwester meiner Frau hat das freundlicherweise gemacht. Wäre das jedoch ein Probearbeit gewesen, um eine gut bezahlte Putzstelle bei uns zu bekommen, wäre sie durchgefallen. Ihre Standards sind nicht meine.

Meine Frau hat sich ja den großen Spiegel gegönnt. Zu ihrer Rückkehr und zu ihrem Geburtstag habe ich daher ein Buquet mit roten Rosen bestellt. Einen Meter lang, ein halber Meter breit. Macht richtig was her auf der Ablage vor dem großen Spiegel.. Das kam auch pünktlich, nur leider meine Frau nicht. Die Avianca hatte an diesem Tag alle Inlandsflüge vom Nachmittag bis in die Nacht abgesagt. Angeblich waren keine Piloten verfügbar. Daher übernachtete meine Frau in Bogota in einem guten Hotel mit internationalem Standard, gegenüber der amerikanischen Botschaft gelegen, auf Kosten der airline. (Die Adresse haben wir uns gemerkt). Am nächsten Tag kam sie dann mittags in Pereira an und Avell hat sie mit seinem Wagen nach Hause gebracht.

Vorgestern im Schuhgeschäft:
Meine Gute wollte das Paar Sandalen, das sie dort gekauft hatte nochmal erwerben. Dazu habe ich mir ein paar Schuhe aus heimischer Produktion gekauft, passend zu blauen Jeans. Bei Barzahlung: 140.000 COP (35 Euro), bei Kartenzahlung 180.000 COP. Klar, das läuft durch die Bücher und kostet Steuern.

Papas fritas aus der Tiefkültuhe:
Bisher hatten alle Produkte -auch die aus Marke den USA- einen hohen Anteil an Eis. Daher vor dem Frittieren in der Heißluft-Friteuse erstmal auftauen und das Wasser wegschütten! Sonst wird das nix mit lecker Pommes ohne viel Fett.

Was du an deinem Lebenspartner hast, merkst du erst, wenn er weg ist. Daher: genieße jeden Tag mit ihr, jeder Tag ist ein Geschenk!!
Jeder Mensch -gerade in unserm Alter- hat seine Eigenheiten und kleine Macken. Das bleibt in dieser Lebenszeitspanne auch nicht aus. Akzeptiere deinen Lebenspartner wie er ist, denn das macht ihn absolut einzigartig. Dich aber auch!!

Ich bereite jetzt das Mittagessen vor, da meine Holde zur Kirche ist: Selbstgemachtes Gazpacho. Serviert direkt aus dem Kühlschrank. Gemischter Salat mit Essig und Olivenöl. Rührei mit Chorizo-Wurstscheiben und Petersilie. Danach Yoghurt mit Pfirsichstücken, ein gutes Fertigprodukt vom D1. Als Abschluß ein Espresso.

Lasst es euch gutgehen, danke für die netten Kommentare und bis auf bald!
Herzliche Grüße aus Cartago/Valle
gordito54
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Tenere-wue
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von Tenere-wue »

Hallo Gordito 54,
Danke für den Alltagsbericht. Grüße
-vive tu sueno !
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Holger78
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von Holger78 »

Wie immer, vielen Dank für deinen Bericht und dass du uns an eurem Leben teilhaben lässt.

stifler92
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von stifler92 »

Danke für die Berichte Gordito54.
Es freut mich sehr für dich, du scheinst glücklich zu sein und dein Leben in Kolumbien zu geniessen.

@Gordito54

Darf man wissen wie du deine Frau kennengelernt hast ?
Ich hoffe, ich habe es in den Berichten nicht übersehen.

Ich finde funktionierende Beziehungen mit Personen aus verschiedenen Ländern immer sehr interessant und wunderbar.

Alles gute Stefan
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gordito54
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von gordito54 »

Liebe Mitforisten,
danke für die Beiträge und Rückmeldungen.

Tja, wie haben wir uns kennengelernt? Das ist filmreif....

Ich bin in erster Ehe geschieden und in zweiter Ehe verwitwet. Meine zweite Frau starb nach langer Krankheit als Pflegefall mit Pflegegrad drei. Sie war also permanent bettlägerig. Mit Hilfe eines ambulanten Pflegedienstes habe ich die Versorgung stemmen können, denn ich war zu dieser Zeit ja noch selbstständig in Vollzeit (60 Stundenwoche). Meine Frau verstarb plötzlich und unerwartet am 5. Dezember 2017, beigesetzt haben wir ihre Urne auf dem evangelischen Friedhof zu Mehrhoog auf der Rheinstraße am 15.12.2017.

Damals wohnte ich weiterhin gerne auf dem Campingplatz, aber mir war nach Tapetenwechsel, ich wollte einen Neuanfang.

Im Februar 2018 bot sich mir die Gelegenheit meinen Camping zu verkaufen und nach Rees-Haldern zu ziehen. Gegenüber dem Altenheim hatte mir der Einrichtungsleiter eine Wohnung angeboten. 45 qm frisch renoviert für eine kleine Miete, da habe ich zugegriffen. Bis zu meinem Auszug im Juni 2023 habe ich sehr gerne dort gewohnt.

Am 01.04.2019 wurde das neue Pfarrzentrum neben dem Altenheim eingeweiht.
https://rp-online.de/nrw/staedte/emmerich/neues-pfarrzentrum-in-haldern-eingeweiht_aid-37794415
Die damalig Pflegedienstleitung hatte mich um Mithilfe bei der Essenausgabe gebeten. Es gab leckere Erbsensuppe aus der hauseigenen Küche.
Die Einsegnung dauerte länger als geplant. Alles was Rang und Namen hatte war da: der Bürgermeister, der Bischof aus Münster, ....
Gegen halb eins verzog sich der Weihrauch und die Essenausgabe ging los. Der Kollege von der Haustechnik und ich hatten alle Hände voll zu tun.

Gegen Viertel vor zwei -es ging dem Ende zu- steht auf einmal eine Dame vor mir und spricht mich in einer mir völlig unbekannten Sprache an. Spanisch, wie ich heute weiss. Sie war erkennbar nicht "von hier". Exotisches Aussehen, Permanentmakeup, Panamahütchen, gut gekleidet, ein Hingucker. Klar habe ich mich auch im Dorf umgesehen. Alles nette Omis und bestimmt herzensgute Menschen. Vor meinem geistigen Auge erschien dann aber immer der erste Morgen "danach". Die Zähne nebenan im Bad im Glas. Über dem Bettpfosten Gesundheitsschlüpfer aus zertifizierter Öko-Baumwolle, Stützstrümpfe und Gesundheitslatschen. Nein, danke, dann bleibe ich lieber alleine.

Jetzt erklär mal Erbsensuppe auf spanisch, wenn du kein spanisch sprichst ...
Also her mit einer Terrine und etwas Suppe rein. Ich sagte: "Test" Sie hat getestet und es hat ihr geschmeckt. Darauf hin hat sie eine richtige Portion von mir gekriegt. "Donnerwetter" dachte ich, eine tolle Frau, halt die mal im Auge. Nach dem Essen habe ich sie gefragt. "Kaffee? Espresso?"
Mit dem google-Übersetzer auf ihrem Telefon sind wir ins Gespräch gekommen. Sie war aus Fuenlabrada, das ist im Süden von Madrid, bei Freunden in Düsseldorf zu Besuch. Diese wiederum hatten ihre Wurzeln in Haldern und sind daher zur Einweihung gekommen. Und sie im Schlepptau. Das war die Initialzündung für unsere Liebe.

Im August 2019 habe ich mich ins Flugzeug nach Madrid gesetzt, um sie zu besuchen. Daran schloss sich ein quartalsweiser Wechsel Haldern/Madrid für uns beide bis Juni 2023 an. Irgendwann war klar: wir bleiben zusammen. Aber wohin? Deutschland? Zu kalt, zu teuer. Madrid, auch teuer.
Warum nicht ihre Heimat Colombia?

So hat sich das Ganze entwickelt. In unserem Alter mit unserer Lebenserfahrung überlegt man sich sowas mehr als dreimal. Heute sind wir hier glücklich verheiratet und hoffen auf weitere viele gemeinsame Jahre. Für uns beide ist es jeweils die dritte Verbindung, es wird auch die letzte sein.

Planen kannst du sowas nicht ...

Meine Herzallerliebste ist gerade im Nagelstudio und ich bereite jetzt das Mittagessen vor.

Herzliche Grüße an Alle aus Cartago/Valle

gordito54
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Tenere-wue
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von Tenere-wue »

Hallo Gordito,
Danke für den schönen Bericht. Wenn ich wieder in Cartago bin erzähle ich dir bei einem Bier meine. Liebe Grüße
-vive tu sueno !

stifler92
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von stifler92 »

Unglaubliche Geschichte Gordito, danke das du uns daran teilhaben lässt. Man weis nie wo das Leben einen noch hinverschlägt :)

Glboetrotter
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von Glboetrotter »

@Gordito54 ... super Geschichte. Danke für die vielen, interessanten Alltagsberichte.

Eigentlich bist du ein Anfänger in Kolumbien und lebst dich gut ein mit deiner Frau. Kolumbien und die Leute scheinen dir zu gefallen. Es ist ein wunderbares Land, meistens.

Ich war noch nie in Cartago, gebe ich zu, kenne jedoch die anderen Kleinstädte dort herum flüchtig.

Zacarias
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von Zacarias »

Sehr schöne Geschichte. Ganz romantisch, wie 2 Turteltäubcheb - gefällt mir sehr gut, dieser gottgewollte Zufall aus mehreren Zufällen.

@ Ochh.... Tenere-wu - kannst auch gerne hier erzählen und wir zischen alle dabei gemeinsam 🍻
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Eisbaer
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Als deutscher Rentner nach Kolumbien ausgewandert

Beitrag von Eisbaer »

Lieber Gordito54, ich möchte mich herzlich bei Dir für Deine liebevoll verfassten Beiträge bedanken. Deine Beiträge bereichern das Forum enorm und bringen eine wunderbare Atmosphäre mit sich.

@Zacarias, vielen Dank für Deine großartige Idee. Es wäre fantastisch, wenn Du ein entsprechendes Thema im Forum eröffnen könntest und dem Beispiel von @Gordito54 folgst, indem Du dort mit Deiner Geschichte beginnst. Deine Beiträge sind sicherlich eine Bereicherung für uns alle.
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