Dokumentarfilm über die Erstürmung des Justizpalastes in Kolumbien (1985)

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Ernesto
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Dokumentarfilm über die Erstürmung des Justizpalastes in Kolumbien (1985)

Beitrag von Ernesto »

Besetzung des Justizpalasts

Bei der Besetzung des Justizpalasts (Spanisch: Toma del Palacio de Justicia) handelt es sich um die Besetzung des Verfassungsgerichtshofs in Bogotá (Kolumbien) durch die Guerillagruppe M-19 am 6. November 1985.

Am 6. November 1985 erstürmten 35 Guerilleros den Justizpalast. Sie kamen mit einem gestohlenen Bus. Bei der Erstürmung töteten sie den Verwalter des Gebäudes und mehrere Sicherheitsbeamte. Sie nahmen 300 Personen als Geiseln, darunter 24 Verfassungsrichter. Drei Stunden nach der Attacke befreiten die Sicherheitskräfte circa 200 Geiseln in den unteren drei Stockwerken.

Eine Radiostation empfing eine Nachricht der Guerillagruppe M-19, in der sie sich zu der Erstürmung bekannten. Über das Telefon des Justizpalastes forderten die Attentäter den kolumbianischen Präsidenten Belisario Betancur auf, sich im Gebäude einem Gerichtsverfahren zu stellen, was dieser aber verweigerte.

Die Angreifer verbrannten im vierten Stock eine Menge Akten, darunter sämtliche Auslieferungsakten. Daher gibt es in Kolumbien Stimmen, die die Besetzung nicht politisch motiviert sehen, sondern als eine Aktion im Auftrag von Pablo Escobar, um eine Auslieferung in die Vereinigten Staaten zu verhindern und Verfassungsrichter zu beseitigen.

Das Gebäude wurde schließlich von der Armee gestürmt, dabei starben Dutzende Menschen. Außerdem verschwanden elf Personen aus der Gerichtskantine.

Getötete Magistrate
  • Magistrat Alfonso Reyes Echandía
  • Magistrat Fabio Calderón Botero
  • Magistrat Pedro Elías Serrano Abadía
  • Magistrat Darío Velásquez Gaviria
  • Magistrat José Eduardo Gnecco Correa
  • Magistrat Ricardo Medina Moyano
  • Magistrat Alfonso Patiño Roselli
  • Magistrat Carlos Medellín Forero
  • Magistrat Fanny González Franco
  • Magistrat Dante Luis Fiorillo Porras
  • Magistrat Manuel Gaona Cruz
  • Magistrat Horacio Montoya Gil
Am 8. Juni 2010 verurteilte ein Gericht in Bogotá den pensionierten Armeeoberst Alfonso Plazas Vega zu 30 Jahren Haft. Er war, nach Ansicht des Gerichts, für das Verschwinden der elf Personen aus der Kantine verantwortlich. Die ausführende Richterin war anschließend massiven Verfolgungen und Morddrohungen ausgesetzt. Sie flüchtete zeitweilig nach Deutschland. Außerdem gab der damalige Präsident Álvaro Uribe Vélez im Fernsehen bekannt, dass er zukünftig dafür sorgen werde, dass Armeeangehörige vor dem Zugriff der Justiz sicher seien.

Der Text ist unter der Lizenz „Creative Commons Attribution/Share Alike“ verfügbar.
Quelle: Wikipedia - Wikipedia® ist eine eingetragene Marke der Wikimedia Foundation Inc.


28 Horas Bajo Fuego: (Parte 1)

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Gilberto
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Documental sobre la toma del palacio de justicia en Colombia (1985)

Beitrag von Gilberto »

Interessante Dokumentation. Vielen Dank dafür!

In den Nachrichten von damals heißt es, dass die Guerillera Irma Franco vom Militär zuerst gequält, gefoltert und dann hingerichtet wurde.

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Ernesto
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Documental sobre la toma del palacio de justicia en Colombia (1985)

Beitrag von Ernesto »

28 horas bajo fuego (la verdad en la toma del Palacio de Justicia)

1. Verdad o mito; El narcotráfico financió la toma del palacio de justicia.
MENTIRA: Aunque no es coincidencia que los archivos quemados eran de extraditables, habían archivos de mas alto calibre sobre violaciones de derechos humanos por parte del ejército especialmente en el gobierno de Julio César Turbay Ayala. Además el acercamiento del máximo comandante del M-19 hasta 1984, Iván Marino Ospina, hacia el narcotráfico le valió su expulsión del M-19 siendo reemplazado por Álvaro Fayad. La toma solo tuvo fines políticos ya que los archivos sobre el narcotráfico abundaban en la embajada estadounidense y en los tribunales estadounidenses.

2. Verdad o mito; Gustavo Petro participó en la toma del palacio de justicia.
MENTIRA: Gustavo Petro era un guerrillero raso, un pájaro de corto vuelo que un mes atrás estaba preso por porte ilegal de armas. Estando preso por ende no participó ni en la planeación. Lo que sabe de la toma lo supo una vez fue puesto en libertad.

3. Quien mató a los magistrados de la Corte Suprema?
RESPUESTA: El ejército, ya que las balas encontradas en los cadáveres de los magistrados y otras víctimas no correspondían a las armas usadas por el M-19 sino por el ejército, institución que no entregó sus armas para las pruebas pertinentes.


Glboetrotter
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Documental sobre la toma del palacio de justicia en Colombia (1985)

Beitrag von Glboetrotter »

Danke für Links zu den Videos.

Gustavo Petro, der voraussichtlich nächstes Jahr bei den Wahlen Präsident von Kolumbien werden möchte und sogar gute Gewinnchancen hat, war einer der Oberen von der kriminellen Gruppe M 19. Nur Dank mehreren Amnestien war er nie lange in den Gefängnissen.
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Ernesto
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Dokumentarfilm über die Erstürmung des Justizpalastes in Kolumbien (1985)

Beitrag von Ernesto »

@Glboetrotter

Ich möchte an dieser Stelle deinen Kommentar zu Gustavo Petro kommentieren.

M19 = Movimiento 19 de Abril war eine linksgerichtete kolumbianische Guerilla-Organisation.

Gustavo Petro war laut EL TIEMPO 16 Monate in Haft wegen illegalem Waffenbesitzes. El Espectador schreibt, dass es 18 Monate waren. Ist lange her, es war von 1985 bis 1987. Im Februar 1987 wurde Petro freigelassen und reiste nach Santander und Tolima, wo er zusammen mit anderen M-19-Kämpfern wie Carlos Pizarro Leongómez am Friedensprozess zwischen der Gruppe und der Regierung von Virgilio Barco teilnahm.

Als Mitglied der M-19-Führung und aufgrund der Beteiligung der Gruppe an der Übernahme des Justizpalastes erhob das 30. Strafgericht von Bogotá 1989 Anklage gegen ihn und 25 weitere Anführer der Gruppe wegen Rebellion, Verschwörung und Waffenbesitzes. Später wurde bestätigt, dass sich Petro bei der Einnahme des Palastes noch im Gefängnis befand und die Anklage wurde nach dem Friedensprozess mit der Regierung Barco aufgehoben.

Ich habe nichts gegen Petro, dessen Ideale jeder kennt und nicht wie bei Alvaro Uribe hinter "dicken Mauern" versteckt sind ;-)
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News Robot
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Petro besucht eine Messe mit Opfern der Besetzung des Justizpalasts

Beitrag von News Robot »

Zitat Pressebericht El País:

Giovanna Soto verlor ihre Mutter Nuri De Piñeres de Soto bei der Besetzung des Justizpalasts in Bogotá im Jahr 1985. Damals glaubte sie, was man ihr erzählte: Sie war eine der 98 Personen, die bei dem Angriff der bewaffneten Gruppe Movimiento 19 de Abril (M-19) ums Leben kamen. Vor einigen Jahren musste ihre Familie die Leiche jedoch exhumieren lassen, da es Anzeichen dafür gab, dass es sich um die falsche Leiche handeln könnte. Nuri wurde zu einer möglicherweise Verschwundenen und ihre Tochter musste die Wunden der Familie wieder aufreißen.
Du hast einen simplen Roboter sehr glücklich gemacht. Vielen Dank.
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Eisbaer
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Vor 38 Jahren: Die Besetzung des Justizpalastes in Bogotá

Beitrag von Eisbaer »

Am 6. November jährt sich ein tragisches Ereignis, das Kolumbien und die Welt schockierte. Die Besetzung des Justizpalastes in Bogotá war ein gewaltsamer Vorfall, der eine dunkle und schmerzhafte Erinnerung in der Geschichte Kolumbiens darstellt. An diesem Tag vor 38 Jahren verloren viele Menschen ihr Leben, und das Land wurde mit den Schrecken des bewaffneten Konflikts konfrontiert.

Die Besetzung des Justizpalastes war ein tragisches Ereignis, das inmitten des bewaffneten Konflikts in Kolumbien stattfand. Zu dieser Zeit herrschte in Kolumbien eine hohe politische und soziale Instabilität, und bewaffnete Gruppen wie die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) und das M-19 waren aktiv. Der Justizpalast von Bogotá, das Symbol der Rechtsstaatlichkeit, wurde zum Schauplatz eines gewaltsamen Zusammenstoßes.

Am 6. November 1985 stürmte eine Gruppe von bewaffneten M-19-Kämpfern den Justizpalast von Bogotá. Sie forderten unter anderem eine öffentliche Anhörung vor dem Obersten Gerichtshof, um auf mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen durch die Armee hinzuweisen. Ein tagelanger Belagerungszustand begann, bei dem sowohl Geiseln als auch Kämpfer gefangen waren.

Die kolumbianischen Sicherheitskräfte reagierten auf die Besetzung mit einer militärischen Operation, um die Kontrolle über das Gebäude zurückzugewinnen. Die Kämpfe dauerten mehrere Tage, und es kam zu schweren Verlusten auf beiden Seiten. Am Ende wurde der Justizpalast gestürmt, und das Gebäude ging in Flammen auf. Viele Menschen, darunter Richter, Justizangestellte und Angreifer, verloren ihr Leben. Zahlreiche Akten und Dokumente gingen in den Flammen verloren, was die Ermittlung und Verfolgung von Straftaten zusätzlich erschwerte.

Die Besetzung des Justizpalastes von Bogotá bleibt eine schmerzhafte Erinnerung an die Gewalt und die Unsicherheit, die den bewaffneten Konflikt in Kolumbien geprägt haben. Sie hat die Notwendigkeit betont, nachhaltige Friedensbemühungen zu unternehmen und die Rechtsstaatlichkeit zu stärken.

In den Jahren nach dem Vorfall wurden Bemühungen unternommen, die Wahrheit über das Geschehene aufzudecken und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Dennoch bleibt die Besetzung des Justizpalastes von Bogotá ein düsteres Kapitel in der Geschichte Kolumbiens und ein Aufruf zur Vermeidung von Gewalt und zur Förderung des Friedens und der Versöhnung in einem Land, das sich weiterhin den Herausforderungen des bewaffneten Konflikts und der Post-Konflikt-Rekonstruktion stellt.

Documental sobre la toma del Palacio de Justicia
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Glboetrotter
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Vor 38 Jahren: Die Besetzung des Justizpalastes in Bogotá

Beitrag von Glboetrotter »

Eisbaer: Vielen Dank für diesen interessanten Bericht und auch alle anderen Hintergrund-Berichte in den letzten Wochen. Ich bin zu tiefst beeindruckt von Deinem Wissen und den zeitaufwendigen Nachforschungen.

Erwähnt sollte noch werden, dass anfangs November 1985 mit dem Angriff auf den Justizpalast in Bogota durch die illegale Gruppe von M-19 auch der heutige Präsident Pestro direkte Beziehungen hatte. Nach meinem Verständnis, ich kann mich auch täuschen, war er einer der wichtigsten und höchsten Personen in der M-19 während jener Zeit.
Falls möglich, wäre eine genauere Analyse dazu auch interessant.
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Eisbaer
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Vor 38 Jahren: Die Besetzung des Justizpalastes in Bogotá

Beitrag von Eisbaer »

Du hast recht. Gustavo Petro, der heutige Präsident Kolumbiens, war in den 1980er Jahren ein hochrangiges Mitglied der damaligen linken Guerillagruppe M-19. Er war einer der Anführer der Gruppe und maßgeblich an der Planung und Durchführung der Besetzung des Justizpalastes beteiligt.

Petro wurde nach der Besetzung des Justizpalastes verhaftet und zu 23 Jahren Gefängnis verurteilt. Er wurde jedoch 1990 im Rahmen eines allgemeinen Amnestiegesetzes freigelassen. Nach seiner Freilassung wandte sich Petro der Politik zu.

Petros Rolle bei der Besetzung des Justizpalastes ist umstritten. Einige sehen in ihm einen Helden, der für Gerechtigkeit und soziale Gleichheit kämpfte. Andere sehen in ihm einen Terroristen, der für die Gewalt verantwortlich ist. Petro hat sich während seiner Amtszeit als Präsident mehrfach zur Besetzung des Justizpalastes geäußert. Er betonte, dass er die Gewalt bedauere, die Aktionen der M-19 aber als legitimen Widerstand gegen die Regierung betrachte. Petros Vergangenheit als Mitglied der M-19 wird die kolumbianische Politik auch in den kommenden Jahren beschäftigen.

Die Besetzung des Justizpalastes war ein gewaltsamer und blutiger Akt, der 98 Menschen das Leben kostete. Die Besetzung des Justizpalastes hat zu einer Zunahme der Gewalt im Land geführt und die Bemühungen um Frieden und Versöhnung erschwert.
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Holger78
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Vor 38 Jahren: Die Besetzung des Justizpalastes in Bogotá

Beitrag von Holger78 »

Eisbaer: Auch ich bedanke mich recht herzlich bei Dir für die sehr informativen Berichte in den letzten Wochen. Habe ich dadurch doch einiges vom Land Kolumbien kennenlernen dürfen.
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Eisbaer
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NOVIEMBRE (2025) – Film über die Justiztragödie von 1985 entfacht Debatte um Erinnerung und Zensur

Beitrag von Eisbaer »

Filmvorstellung: NOVIEMBRE (2025)

Regie: Andi Baiz
Genre: Historisches Drama / Politthriller
Land: Kolumbien
Laufzeit: ca. 110 Minuten

„NOVIEMBRE“ rekonstruiert die dramatischen Tage der Toma del Palacio de Justicia – jenes historischen Moments, in dem die Guerillagruppe M-19 das Justizgebäude besetzte und die kolumbianische Armee mit brutaler Härte zurückschlug. Der Film basiert auf realen Ereignissen, nutzt jedoch fiktionale Elemente, um die politischen, juristischen und menschlichen Dimensionen dieser Tragödie zu beleuchten.

Im Zentrum steht die Figur eines Richters, inspiriert von Magistrat Manuel Gaona Cruz, dessen Rolle im Film zu einer juristischen Kontroverse geführt hat. Die Familie Gaona reichte eine Tutela (Verfassungsklage) ein, um bestimmte Aussagen im Film zu ändern – insbesondere eine Szene, die den Richter in Verbindung mit dem M-19 bringt. Das Gericht gab der Familie recht und ordnete Änderungen an, um den „guten Namen“ des Verstorbenen zu schützen.

Präsident Gustavo Petro kritisierte die Entscheidung öffentlich und sprach von „Zensur“ – ein Begriff, der in Kolumbien eine besonders sensible Bedeutung hat, gerade im Kontext der Aufarbeitung des bewaffneten Konflikts.

„NOVIEMBRE“ ist mehr als ein Spielfilm – er ist ein Beitrag zur kollektiven Erinnerung und zur Frage, wie Geschichte erzählt werden darf. Die Kontroverse zeigt, wie schwierig es ist, zwischen künstlerischer Freiheit und dem Schutz der Würde von Opfern und Angehörigen zu balancieren.


NOVIEMBRE | TRÁILER OFICIAL
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Ariza
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NOVIEMBRE (2025) – Film über die Justiztragödie von 1985 entfacht Debatte um Erinnerung und Zensurn Kolumbien (1985)

Beitrag von Ariza »

Der Film läuft momentan im Rahmen des Internationalen Filmfests Mannheim Heidelberg und ich habe ihn mir gestern angeschaut. Hier meine Rezension:


Der Film Noviembre von Tomás Corredor beschäftigt sich mit dem Überfall auf den Justizpalast in Bogota. Am 6. November 1985 überfiel ein Trupp der M-19 Guerilla den Justizplast, um die obersten Richter Kolumbiens als Geiseln zu nehmen und einen Prozess gegen den damaligen Präsidenten Belisario Betancourt zu erzwingen.

Das kolumbianische Militär stürmte das Gebäude und nahm dabei keinerlei Rücksicht auf die Geiseln. Das Ergebnis waren ca. 100 Tote, darunter auch ein Dutzend Richter, und die totale Zerstörung des Gebäudes inklusive zahlreicher Akten.

Dass dieses Ereignis eine herausragende Bedeutung für die kolumbianische Gesellschaft und Geschichte hat liegt an diversen Aspekten, die über einen reinen Terroranschlag hinausgehen.

Das rücksichtslose Vorgehen des Militärs

Die Ereignisse zeigen eine absolute Menschenverachtung. Bis heute sind die Angestellten der Gerichtskantine verschwunden. Vermutlich wurden sie nach ihrer Befreiung aus dem Palast vom Militär gefoltert, getötet und verschwinden gelassen, nur um sicherzugehen, dass kein Guerillero entkommt.

2010 wurde deshalb Alfonso Plazas Vega, einer der Leiter der Militäroperation, zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt, nur um kurze Zeit später wieder begnadigt zu werden.

Mögliche Beteiligung von Pablo Escobar

Einige der beim Überfall ums Leben gekommenen Richter wurden vor dem Anschlag von den Führern des Medellinkartels bedroht, da sie verhindern wollten, dass der oberste Gerichtshof die Auslieferung von Kolumbianern in die USA erlaubt.

Es gibt Aussagen, dass Pablo Escobar den Überfall finanziert habe, was aber von den ehemaligen Mitgliedern der M-19 bestritten wird.

Neben dem Tod der Richter war auch die Vernichtung zahlreicher Akten durchaus im Interesse der Drogenkartelle.

Die Sicherheitsbehörden waren vorgewarnt

Durch die Festnahme einiger M-19 Mitglieder wenige Tage vor dem Überfall gelangten Dokumente mit Bezug auf den geplanten Überfall in die Hände der Sicherheitsbehörden. Dennoch wurde 2 Tage vor dem Überfall, der Schutz durch die Policia Nacional eingestellt und einem privaten Sicherheitsunternehmen überlassen.

Und so gibt es wohl laut dem Regisseur des Films in Kolumbien zwei Narrative bezüglich der Ereignisse:

Das eine Narrativ, dass in dem Überfall vor allem einen schrecklichen Terroranschlag der M-19 sieht und Schuld und Verantwortung ausschließlich bei der Guerilla sieht. Und das andere, das in den Ereignissen vor allem ein Verbrechen des Militärs und der Drogenkartelle sieht.

Und Tomás Corredor will irgendwie den Raum dazwischen öffnen. Meiner Meinung macht er das aber nicht.
Szene aus dem Film Noviembre

Der Film spielt ausschließlich in einem Toilettenraum des Justizpalastes, in den sich einige Guerilleros mit dutzenden Geiseln, darunter auch einige Richter geflüchtet haben.

Es gibt ständig Explosionen und man hört Schüsse. Alle im Raum, auch die Geiseln, sind durch das Vorgehen des Militärs bedroht. Es gibt Verwundete, die um ihr Leben kämpfen, es fließt reichlich Blut, es wird geschrien und diskutiert. Und nach knapp 80 Minuten kehrt Ruhe ein und der Film ist aus.

Ich sehe keine Aussage, außer dass das Ganze ganz schrecklich war und dass Guerilleros auch Menschen sind.

Die Frage der Verantwortung für die Ereignisse wird nicht wirklich diskutiert. Man ignoriert beide Narrative, aber dadurch öffnet man auch keinen Diskussionsraum dazwischen.

Dadurch dass der Film erst an dem Punkt beginnt, als die Guerilleros sich bereits in die Toilette geflüchtet haben, wird ihr eigentliches Verbrechen, der Überfall, ausgeblendet. Dass sie beim Überfall gleichmal ein paar Menschen ermordet, haben kriegt man nicht mit. Stattdessen sieht man eine Guerillera, die sich um ihren verwundeten Mitkämpfer kümmert, und einen naiven und wohlmeinenden Guerillera-Anführer.

Von der anderen Seite, dem Militär, kriegt man außer ständigen Explosionen und Schüssen gleich gar nichts mit, außer dass allen im Raum bewusst ist, dass sie momentan durch das rücksichtslose Vorgehen des Militärs stärker gefährdet sind als durch die Guerilleros im Raum.

Der Film lässt zwar offen, wie sich hier Gut und Böse verteilt, aber er gibt auch keine Hilfe zur Beurteilung. Aber dadurch, dass er Guerilleros als Menschen zeigt, die Soldaten allerdings nicht, ist er doch nicht ganz neutral.

Dadurch, dass der Film selbst keinerlei Kontext gibt, ist er für Leute, die sich zuvor nicht mit der Thematik des Justizpalastes beschäftigt haben, völlig sinnlos, dann ist er eine reine Darstellung der Grausamkeit einer solchen Situation.

Der Film hat mich sehr enttäuscht und ich war froh, dass er nur 78 min lang ist. Wer sich für Kolumbien interessiert und bereits mal eine Doku über das Ereignis gesehen hat, versteht wenigstens den Kontext, wird aber dennoch nichts mitnehmen. Wer keine Ahnung von den Ereignissen hat, wird nichts verstehen.

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