Guten Morgen an alle Mitforisten und Leser!
Meiner Frau ging es gestern nicht gut und sie hat den Tag daher im Bett verbracht. Heute geht es wieder und sie ist mit meinem Gehstock bewaffnet zur Kirche gegangen.
Gestern Abend habe ich das Hühnchenfilet für heute im Backofen zubereitet. Filet aufschneiden und aufklappen, mit einer Sauce aus Olivenöl, Salz, süßem Paprikapulver und Rosmarin allseitig einstreichen. Innen und außen mit Bacon spicken. Käsescheiben innen mit Tomatenscheiben garnieren, zuklappen und mind. 45 Minuten in den Backofen. Alle 15 Min. mit der Sauce wieder überpinseln. Heute gibt es dazu Papas amarillo, das sind die kleinen gelben
Kartöffelchen mit Butter drauf.
Am letzten Donnerstag haben wir bei der Werksvertretung eines großen japanischen Herstellers hier in Cartago zugeschlagen. 4 Mio COP sind angezahlt, in diesem Monat wird das Moto dann an uns ausgeliefert. Damit können wir uns ins nähere Umland bewegen, das reicht erstmal für kleinere Ausflüge.
Vorgestern hat mich beim Abendessen auf der Veranda die versammelte Jugend unserer Straße "überfallen". Natürlich wollen alle wissen, was der "Millionär" aus Deutschland so gemacht hat. Interessant ist, daß jeder Ausländer hier für sie also mindestens USD-Millionär ist. Aha!
Sie versuchten auch, sich in ihren Englischkenntnissen hervorzutun.
Hier gibt es im Werbefernsehen ein Unternehmen, das bietet Sprachkurse in english an, auch gerade für Schüler. Ich habe also genau den Text verwendet, den der Mitarbeiter der US-Einwanderungsbehörde im Werbespot verwendet. Den könnte man ja kennen. Nicht einer hätte antworten können, was der Grund für seinen Besuch der USA ist und wann er wieder ausreisen will.
Ich habe ihnen gesagt, sie müssen noch lange in der Schule üben und gut aufpassen. Mit den jetzigen Sprachkenntnissen klappt es nicht einmal zur Einreise als Tourist.
Mein Baguette haben ich mit ihnen geteilt. Käse mit Pfeffer war ihnen unbekannt und zu scharf. Die Chorizo eigentlich auch. Eingelegte Gürkchen -ein heimisches Produkt- auch zu sauer. Arepas hatte ich aber nicht zur Hand.
Ich werde bei Gelegenheit mal eine Diaschau am Laptop vorbereiten, damit sie sehen, wie der Retiropark in Madrid aussieht und der Botanische Garten dort.
Von Deutschland haben sie nur die Vorstellung, daß dort jeder mindestens Ferrari, eher noch Rolls Royce, fährt und die Bratwürste und das Geld auf den Bäumen wachsen.
Überhaupt: "money, money, money!" war ihnen irre wichtig. Wie man durch einen guten Beruf als Arzt oder Pilot dazu kommt, war allerdings unter ferner liefen.
Sie sind auch alle gute Katholiken, wie man wie ich der Kirche den Rücken kehren kann, verstanden sie nicht. Heute würde wahrscheinlich auch Martin Luther der EKD den Rücken kehren. Aber wenn die Jungs groß sind, hätten sie kein Problem damit, ihren Lebensunterhalt als Killer zu verdienen. Ich bin ja selten sprachlos...
Viele von ihnen werden in einigen Jahren froh sein, einmal den Job ihres Vaters zu kriegen, ob als Busfahrer oder Arbeiter in der Ziegelei.
In Spanien verdient man ja viel mehr als hier, meinen sie. Ja, aber daß deine Wohnung kalt mindestens 4 Mio. COP im Monat kostet, da klappte ihnen die Kinnlade runter. Die Jugendarbeitslosigkeit ist hoch, sogar für Akademiker. Ich meine jetzt keine Orchideenfächer, sondern fertige Volk- und Betriebswirte. Leider hat Carlos auch keinen Abschluß in einem Lehrberuf, es ist daher schwer für ihn.
Etwa 2 Stunden haben wir uns angeregt unterhalten. Natürlich lege ich nicht jedes Wort auf die Goldwaage, sie sind Kinder. Aber sie sind ein Teil ihrer Eltern und der Menschen mit denen sie leben. Sie hören und geben das wieder, was sie mitkriegen. Ein Fünkchen Wahrheit steckt in allem. Daher war es für mich recht interessant und aufschlussreich. Bei Gelegenheit machen wir das nochmal, dann aber mit Ansage und Postobon-Limonade.
Diese Woche ist ein Jugendlicher beerdigt worden. Unser Nachbar "Mango" hat uns ein Foto gezeigt. Darauf war ein fast noch Kind zu sehen, auf dem Bauch liegend, die Hände nach hinten. Gefesselt. Tot. Ob erschlagen oder erschossen, weiss ich nicht.
Der jüngste Sohn meiner Frau - Carlos - hat heute als Hilfsarbeiter in Madrid alle Hände voll zu tun. Die Tribünen für das defile von Real Madrid müssen auf- und wieder abgebaut werden. Gestern Abend war auch in Fuenlabrada, das liegt im Süden von Madrid- die Hölle los. Alles hing am Fernseher und dann ging es in die überfüllte Bar. Das fehlt mir hier.
Einem deutschen Auswanderer aus dem Rheinland, der seit 2011 in Medellin lebt, war das Leben ohne Currywurst zu trist. Nach und nach hat er ein Unternehmen aufgebaut, daß landesweit Bratwurst, Brezeln, Brötchen und Brot vertreibt. Für mich gut zu wissen, denn auch im exito im nueva Cartago zucken sie bei der Frage nach pan fermentado (Sauerteigbrot) nur mit den Schultern. Wenigstens konnte ich dort ein Baguette ergattern (s.o.) (das gibt's in guter Qualität aber auch beim ARA)
Diese Woche steht die Suche nach einer Fahrschule an. Sie soll unsere Führerscheine und alles, was da mit zu tun hat, managen.
Das war's mal wieder für heute und solange es dem ein oder anderen Freude macht, was aus meinem Alltag aus Cartago zu lesen, gibt's auch weiterhin:
"Neues aus Cartago/Valle"
Herzliche Grüße
gordito54